In die Brexit-Verhandlungen könnte Bewegung kommen: Zwei zuvor zerstrittene britische Minister haben überraschend eine Übergangsphase nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union vorgeschlagen. Eine solche zeitlich begrenzte Interimsphase könnte der Wirtschaft mehr Sicherheiten geben, schrieben Schatzkanzler Philip Hammond und der Minister für den internationalen Handel, Liam Fox, in einem Beitrag für den "Sunday Telegraph". Das Brexit-Ministerium kündigte zudem für die nächsten Tage «detaillierte Positionspapiere» für die Verhandlungen mit Brüssel an.
Fox und Hammond machten keine Angaben zur Länge der Übergangsphase. Ihr Land werde im März 2019 die EU aber "ohne Hintertür" verlassen, betonten sie. Das bedeute auch den Austritt aus dem europäischen Binnenmarkt und der Zollunion. Die beiden Konservativen hatten in den vergangenen Wochen ihren Streit über Brexit-Fragen öffentlich ausgetragen. Hammond steht dem Austritt seines Landes aus der EU kritisch gegenüber, Fox ist hingegen für einen klaren Bruch.
In den angekündigten Positionspapieren geht es nach Angaben des Brexit-Ministeriums sowohl um die Trennung von der EU als auch um die künftige Partnerschaft zur Staatengemeinschaft. Die Papiere zeigten, dass Großbritannien die Verhandlungen mit Brüssel ausweiten wolle. Ein wichtiges Thema soll darin die künftige EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland sein. Sie könnte, so wird auf der Grünen Insel befürchtet, zu wirtschaftlichen Einbußen führen und alte Wunden in der Ex-Bürgerkriegsregion aufreißen.
Die EU-Kommission wollte sich zu den Ankündigungen am Sonntag nicht äußern. "Wir werden uns die Papiere ansehen, sobald sie verfügbar sind", sagte eine Sprecherin auf Anfrage in Brüssel. Bislang verliefen die Verhandlungen zur Scheidung Großbritanniens von der EU ohne greifbares Ergebnis. Brüssel verlangt von London bis Ende August Klarstellungen zu allen wichtigen Brexit-Fragen. Der britische Brexit-Minister David Davis hatte hingegen gefordert, die EU solle sich bei ihren Positionen bewegen. Die Gespräche begannen Ende Juni. Eine dritte Verhandlungsrunde ist am 28. August in Brüssel geplant.
Ein Topthema bei den Verhandlungen sind die Bleiberechte von rund 3,2 Millionen EU-Bürgern im Vereinigten Königreich und 1,2 Millionen Briten in der EU. Heftig gestritten wird auch um die finanziellen Forderungen Brüssels an Großbritannien von bis zu 100 Milliarden Euro. London wäre nach einem britischen Zeitungsbericht zur Zahlung von etwa 40 Milliarden Euro bereit, falls Brüssel im Gegenzug die Verhandlungen über ein künftiges Handelsabkommen öffne. Die EU will jedoch nicht über künftige Beziehungen zu London sprechen, bevor nicht ausreichend Fortschritte bei den Trennungsfragen erreicht sind.
dpa/est/rkr/km - Bild: John Thys/AFP