Jetzt wird es also langsam ernst. Und gleich schon müsste man diesen Satz wieder zurücknehmen. Denn zwar wird am Samstag der EU-Sondergipfel zum Brexit aller Wahrscheinlichkeit nach die Leitlinien absegnen, nach denen die 27 verbleibenden EU-Staaten den Austritt mit Großbritannien verhandeln wollen.
Doch sofort loslegen werden sie danach nicht. Erstmal wird die Neuwahl in Großbritannien abgewartet. Sie ist für den 8. Juni angesetzt. Erst danach werden die Verhandlungen starten.
Die EU wird dabei erstaunlich geschlossen auftreten, sollte es dann noch so sein wie diese Woche. Denn aktuell geben die 27 ein Bild der Geschlossenheit ab, wie man es selten in den vergangenen Jahren erlebt hat.
Alle scheinen dabei einig zu sein, wie die Brexit-Verhandlungen ablaufen sollen. Belgiens Außenminister Didier Reynders formulierte das am Donnerstag beim EU-Ministerrat in Luxemburg wie folgt: "Zunächst ist es wichtig, Leitlinien für die Verhandlungen zu haben. In einer ersten Phase soll dann darüber gesprochen werden, wie der Austritt praktisch ablaufen kann. Erst in einer zweiten Phase könne man dann überlegen, wie die Beziehungen zwischen EU und Großbritannien künftig neu gestaltet werden sollen."
Zwei Phasen, und allein das schon wird den Briten nicht schmecken. Premierministerin Theresa May hatte die Dinge nicht so klar trennen wollen. Die künftigen Beziehungen zur EU oder auch nur zu einzelnen Staaten hätte sie gern von Anfang an behandelt gehabt. Doch die EU scheint bei ihrer Linie zu bleiben, die Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schon früh festgelegt hat. Zwei Phasen, Punkt.
In einer ersten Phase soll es dabei um sieben Kapitel gehen. Ganz wichtig dabei: Zu klären, welche Rechte die Bürger künftig haben werden. Einerseits die EU-Bürger in Großbritannien, andererseits britische Bürger in der EU. Auch die finanziellen Verpflichtungen, die Großbritannien noch gegenüber der Union hat, und Grenzfragen sollen in dieser ersten Phase geklärt werden.
Wichtig sei dabei, auf Augenhöhe mit Großbritannien zu verhandeln. Die Beziehungen dürften nicht unter zu harten Verhandlungen leiden. Für die EU und für Belgien sei es wichtig, in Zukunft gute Beziehung zu Großbritannien zu haben, sagte Reynders. Die guten Beziehungen gelte es auch in der zweiten Phase der Verhandlungen zu bewahren, wenn es um die künftigen Handelsbeziehungen gehen werde. Großbritannien sei Belgiens viertgrößter Handelspartner. Deshalb sei diese Phase auch sehr wichtig. Aber erstmal komme jetzt Phase eins.
Abgesehen von den zwei Verhandlungsphasen, die die EU Großbritannien quasi aufdiktiert, werden sich die 27 am Samstag auch auf gemeinsame Regeln untereinander einigen. Eine Art Verhaltenskodex für die 27 selbst. Demnach schwören sich alle auf gemeinsame Verhandlungen ein.
Bilaterale Verhandlungen eines einzelnen Landes mit Großbritannien soll es nicht geben. Alle Themen werden als Gesamtpaket verhandelt, und es gebe nur einen einzigen Kanal, über den kommuniziert werden soll.
Zurzeit sieht es nicht danach aus, als ob ein Mitgliedsland von diesen Prinzipien abweiche werde. Wie gesagt, eine ungewohnte Geschlossenheit der 27, und das betonte am Donnerstag auch nochmal der Chefunterhändler für die Union, der Franzose Michel Barnier. Er sagte: "Wichtig ist, dass wir geeint sind, wir haben klare Leitlinien. Wir sind bereit."
Kay Wagner - Illustrationsbild: Justin Tallis/AFP