TTIP und Ceta sind Reizworte, die viele Menschen fast reflexartig auf die Palme bringen. "Ceta" ist das Freihandelsabkommen mit Kanada. Der Vertrag ist unterschriftsreif, allerdings kann man sich längst nicht sicher sein, dass am Ende auch alle Staaten Ceta ratifizieren werden.
Ceta gilt nämlich quasi als Blaupause für TTIP.
Und TTIP ist für viele Globalisierungskritiker die "Mutter aller Scheckgespenster". Sie warnen vor einer "Diktatur der Großkonzerne", die demokratisch gewählten Regierungen am Ende ihren Willen aufzwingen können und Staaten etwa dazu zwingen könnten, Umwelt- oder Sozialstandards aufzuweichen.
"Also, ich bin ja nicht taub", sagte dazu die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström im Exklusiv-Interview mit der RTBF. Sie lese Zeitung, sie höre die Kritik an den Freihandelsabkommen und sie suche den Dialog mit den Gegnern. Und dabei habe sie dann auch festgestellt, dass es durchaus auch Länder gebe, in denen die Menschen TTIP und Ceta gegenüber aufgeschlossen sind.
Aber wenn in Ländern wie Deutschland oder Frankreich der Widerstand wächst - und das bis hin zur höchsten Ebene - dann gibt es natürlich ein Problem. Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel hatte TTIP kürzlich erst für tot erklärt, der französische Präsident François Hollande forderte das Ende der Verhandlungen.
"Auch das habe ich gehört", sagte Cecilia Malmström. Und die Länder werden auch schon Ende der Woche Gelegenheit dazu haben, sich dazu zu äußern. Dann zeigt sich also, ob EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nicht doch richtig lag, als er beklagte, dass die Regierungschefs in Brüssel immer brav Ja sagen, um dann zuhause gegen eben diesen Beschluss zu wettern.
Sie werde jedenfalls die Mitgliedstaaten über den Stand der Verhandlungen informieren, sagte Malmström. Und der sieht nach ihren Worten so aus: "Die Gespräche sind schwierig, es gibt noch viel zu tun."
TTIP soll, grob zusammengefasst, den Handel zwischen Europa und den USA erleichtern. Insbesondere sollen Normen angeglichen werden. Man will z.B. dafür sorgen, dass Produkte nur noch einmal Tests durchlaufen müssen, um auf beiden Seiten des Atlantiks für den Markt zugelassen zu werden.
Das soll den Unternehmen das Leben erleichtern - und dabei sollen viele neue Arbeitsplätze herauskommen, zumindest sagen das die Befürworter. "Insofern sind Ceta und TTIP eine Antwort auf die Krise", sagt Cecilia Malmström.
Die Gegner sehen hier aber die Gefahr, dass man Unternehmen einen Persilschein ausstellt. Häufig fokussiert sich die Kritik auf die Schiedsgerichte, die also in Streitfällen entscheiden sollen. Oft ist da von "privaten Schiedsgerichten" die Rede, die dann also entscheiden sollen, ob nun ein Staat oder ein Konzern in einer Streitfrage Recht hat. Und hier bestehe eben die Gefahr, dass ein Unternehmen am Ende de facto eine demokratisch legitimierte Regierung dazu zwingen kann, ein bestimmtes Gesetz zurückzuziehen.
"Wir haben auf diese Kritik reagiert", sagt die EU-Handelskommissarin. Im Freihandelsabkommen mit Kanada werde ausdrücklich festgehalten, dass man Staaten nicht dazu zwingen kann, etwa ihren Öffentlichen Dienst zu privatisieren oder Standards abzusenken. Ceta sieht zum Beispiel auch vor, dass Hormonfleisch nicht nach Europa eingeführt werden darf. "Einen Vertrag, der was anderes vorsähe, den würden wir nicht unterschreiben", sagt Cecilia Malmström.
Die Botschaft lautet also: "Nein, wir haben nicht auf Durchzug geschaltet." Cecilia Malmström war sichtlich bemüht, die Ängste der Bürger und ihrer Regierungen zu zerschlagen. Und am Ende hätten eben sie auch das letzte Wort. Ceta und später auch TTIP werden nur in Kraft treten, wenn alle Parlamente in allen Mitgliedstaaten einverstanden sind.
Roger Pint - Archivbild: Olivier Hoslet/EPA