"Wir sind entschlossen, unsere Einheit zu 27 zu bewahren", sagte EU-Gipfelchef Donald Tusk am Freitag in Brüssel. Es sei nicht der Augenblick für hysterische Reaktionen. Er werde den 27 EU-Staaten vorschlagen, über die Zukunft der EU nachzudenken. Am Rande des EU-Gipfels am Dienstag und Mittwoch in Brüssel solle es bereits ein "informelles Treffen" der 27 geben - ohne Großbritannien.
"Wir hätten uns ein anderes Ergebnis gewünscht", sagte Tusk weiter. Dies sei ein "dramatischer" Moment und die Folgen seien noch nicht ganz absehbar. Es werde nun jedoch kein rechtliches Vakuum geben. Bis Großbritannien offiziell die Union verlasse, gelte dort weiterhin EU-Recht. "Damit meine ich Rechte und Pflichten."
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat sich vom Ergebnis des britischen EU-Referendums enttäuscht gezeigt, aber zugleich vor Panik gewarnt. Nun müsse «in aller Ruhe» nach einer stabilen Lösung gesucht werden, sagte Rutte in Den Haag. Die europäische Zusammenarbeit sorge für Arbeitsplätze und «kollektive Sicherheit in einer instabilen Welt», bekräftigte der rechtsliberale Premier. Die Niederlande haben bis Ende Juni die EU-Ratspräsidentschaft inne. Zur Ankündigung des Rechtspopulisten Geert Wilders, sich auch in den Niederlanden für ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft stark zu machen, sagte Rutte, die Zusammenarbeit in Europa sei für die Niederlande «lebenswichtig».
Das Austritts-Votum der Briten ist nach den Worten von EU-Parlamentschef Martin Schulz ein schwieriger Augenblick für Großbritannien und die anderen EU-Staaten. "Beide Seiten sollten gegenseitig ihre unterschiedlichen Ansichten respektieren", sagte der SPD-Politiker am Freitag in Brüssel nach einem Krisentreffen mit den Fraktionschefs der europäischen Volksvertretung. Das EU-Parlament werde bei den Austrittsverhandlungen eine aktive Rolle übernehmen. "Wir sind sehr traurig über die Entscheidung der Wähler." Es sollte nun darüber debattiert werden, wie die EU verbessert und die Eurozone geschützt werden können.
Nach dem Votum der Briten für einen Austritt aus der Europäischen Union haben die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und EU-Gipfelchef Donald Tusk die Folgen der Entscheidung beraten. Dazu telefonierten die drei Politiker am Morgen rund 20 Minuten. In der kommenden Woche will Hollande nach Berlin reisen und dort mit Merkel noch vor dem EU-Gipfel in Brüssel beraten.
Für kommenden Dienstag ist ein EU-Krisengipfel in Brüssel geplant.
dpa/sh/sr - Bild: John Thys/AFP