"Operation Wahrheit und Transparenz" - so bringt es Linda Zwartbol auf eine plakative Formel. Die Präsidentin der SP Ostbelgien stellt sich so einige Fragen. Dazu gehört: Wie ist überhaupt die finanzielle Gesamtlage der Deutschsprachigen Gemeinschaft?
"Wir wissen gar nicht: Wo stehen wir tatsächlich? Denn es wurde viel mit Tricks gearbeitet und mit anderen Dingen. Deswegen fehlt ein Gesamtüberblick über die finanzielle Situation", so Zwartbol. "Das ist für uns auch die große Frage: Was ist die Taktik der Regierung? Gibt es irgendetwas zu verstecken oder nicht? Warum wird gearbeitet, wie aktuell gearbeitet wird? Einiges läuft doch am Parlament vorbei, und das Parlament kriegt gar nicht die Möglichkeit, zu reagieren und zu interagieren”, sagt sie.
Forderung nach einem Rating
Um Aufschluss über die finanzielle Lage der DG zu erhalten, fordert die SP ein sogenanntes Rating. Dieses müsste von einer unanfechtbaren, objektiven Instanz erstellt werden, sagt der SP-Abgeordnete Charles Servaty.
"Diese Ratings gibt es auch für die anderen Gebietskörperschaften in Belgien und deren Haushalte. Also sieht man nicht ein, warum das nicht für die Deutschsprachige Gemeinschaft möglich sein sollte", so Servaty. "Uns arbeitet ja hier im Parlament in Sachen Haushalt insbesondere der Rechnungshof zu. Der spricht sich aber nur über die Gesetzmäßigkeit und die Legalität unseres Haushalts aus. Der äußert sich nicht über die Opportunität der Ausgaben, die in einem Haushalt stehen."
Die politische Bestandsaufnahme der SP auf allen Ebenen bezog sich natürlich auch auf die geplanten Maßnahmen der Föderalregierung und deren möglichen Auswirkungen auf die DG - wie etwa die Arbeitsmarktreform. Hier sieht der stellvertretende Vorsitzende der SP-Fraktion Björn Klinkenberg unter anderem Konsequenzen auf die Öffentlichen Sozialhilfezentren zukommen.
"Wir haben jetzt schon die Rückmeldungen aus den ÖSHZ erhalten, die teilweise wirklich erschreckend sind. Es wird mit Mehrkosten für die ÖSHZ, für die Gemeinden von mehreren hunderttausenden Euro pro Gemeinde gerechnet werden", sagt Klinkenberg.
Und das sei eine Mammutaufgabe, fährt er fort. Klinkenberg befürchtet, dass das für das ÖSHZ-Personal zu Mehrarbeit und zu Frustration führen werde. Die Antworten der DG-Regierung zum Thema Arbeitsmarktreform und deren möglichen Auswirkungen überzeugen den SP-Abgeordneten nicht.
Es bedürfe einer "ganz klaren Haltung der DG-Regierung", findet Klinkenberg. "Man kann nicht immer sagen: Die Reform kommt halt von oben, da können wir nichts für. Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist Kontrollorgan der Gemeinden. Es ist die Aufsichtsbehörde. Wir dürfen als Parlament, als Ostbelgien unsere Gemeinden nicht im Stich lassen, denn das machen wir gerade."
"Kommt im Grunde genommen Diebstahl gleich"
Die geplante Rentenreform treibt seit Monaten immer wieder viele Menschen auf die Straße. Auch die SP Ostbelgien hat an dem Vorhaben der Föderalregierung einiges auszusetzen. Charles Servaty:
"Wenn man eines Tages aufwacht und stellt fest, man hat einige hundert Euro weniger im Portemonnaie, dann stellt man sich natürlich Fragen. Diese Arizona-Regierung hat genau das bei den Renten gemacht. Wenn man den Leuten während des Spiels Geld aus dem Portemonnaie abnimmt - nach Regeln, die bis dahin keinen Bestand hatten - dann ist das nicht nur sehr betrüblich, sondern kommt im Grunde genommen Diebstahl gleich. Ein Diebstahl, der sich ja auf den ganzen Rest ihres Lebens auswirkt."
Im Bereich Wohnungswesen hat die SP Ostbelgien unterdessen angekündigt, einen Dekretvorschlag auszuarbeiten.
Moritz Korff