Es war ein Uhr Samstagnacht, als Jury-Präsident Gilles Ledure den Namen des Gewinners des diesjährigen Königin-Elisabeth-Wettbewerbs verkündete. Und es ist eigentlich keine große Überraschung, dass der junge Niederländer Nikola Meeuwsen ganz oben auf dem Treppchen gelandet ist.
In allen drei Runden des Wettbewerbs hatte Nikola Meeuwsen das Publikum mit seiner Energie und den Klangfarben verzaubert, die er seinem Instrument entlocken konnte. Virtuos waren die zwölf Finalisten alle, aber der 23-jährige Meeuwsen - der jüngste Teilnehmer überhaupt im ganzen Wettbewerb - hat die Jury mit seinem feinsinnigen Klavierspiel am meisten überzeugen können, sowohl in seinem Wahlwerk im Finale, dem zweiten Klavierkonzert von Sergei Prokofjew, als auch im Pflichtwerk, dem tollen Stück "Music for the Heart" des Belgiers Kris Defoort, das speziell für dieses Finale komponiert worden ist und das alle Finalisten in nur sechs Tagen einstudieren mussten.
Beim Königin Elisabeth-Wettbewerb werden die sechs besten der zwölf Finalisten als Preisträger bezeichnet, klassiert vom ersten bis zum sechsten Preis. Die übrigen sechs Finalisten werden als Laureaten bezeichnet. Was in diesem Jahr ganz besonders auffällt, ist, dass drei der sechs Preisträger "Artists in Residence" an der Brüsseler "Chapelle Musicale Reine Elisabeth" sind, einer Musikhochschule der Spitzenklasse, die 1939 von Königin Elisabeth von Belgien gegründet wurde und die eng mit dem "Concours Reine Elisabeth" verbunden ist. Die Ausgabe 2025 des Wettbewerbs ist für die "Chapelle Musicale" die bisher erfolgreichste in ihrer Geschichte, mit vier Finalisten und drei Preisträgern, neben dem Sieger Nikola Meeuwsen noch Valère Burnon auf dem dritten Platz, Arthur Hinnewinkel auf dem vierten Platz und Mirabelle Kajenjeri als nicht klassierte Laureatin.
A propos Valère Burnon: Der 26-Jährige aus Marche-en-Famenne hat ein Stück Geschichte geschrieben beim Königin Elisabeth-Wettbewerb, als bestplatzierter Belgier überhaupt - einen Titel, den er sich mit Jean-Claude Vanden Eynden teilt, der vor über 60 Jahren ebenfalls dritter Preisträger war und der dieses Jahr mit in der internationalen Jury saß.
Valère Burnon überzeugte diese Jury und das Publikum in den drei Runden des Wettbewerbs mit seiner Konstanz und seiner musikalischen "Komplettheit". Er begeisterte im Finale vor allem mit einer tollen Interpretation des berühmten dritten Klavierkonzerts von Sergei Rachmaninoff.
Unter den sechs Preisträgern des Wettbewerbs sind auch zwei Japaner: Wataru Hisasue auf Platz zwei und Masaya Kamei auf Platz fünf. Japan stellte mit insgesamt vier Kandidaten die meisten Finalisten. Auffällig ist, dass von den fünf Frauen im Finale keine einzige auf den ersten sechs Plätzen gelandet ist.
Sowieso sind die Entscheidungen der Jury nicht ganz unumstritten. Die meisten Diskussionen gab es wohl über die Tatsache, dass die Chinesin Jiaxin Min es nicht unter die Preisträger geschafft hat, obwohl sowohl das Publikum als auch die Fachpresse sie auf einem der ganz vorderen Plätze erwartet hätten. Aber so ist es nun einmal bei einem Wettbewerb: Die Jury entscheidet, und bei einer qualitativ so hochstehenden Ausgabe wie in diesem Jahr spielt immer eine gewisse persönliche Vorliebe mit, auch bei den Juroren.
Den Jurymitgliedern dankte der Vorsitzende Gilles Ledure übrigens auf deutsch: "Ihr kennt die enorme Aufgabe und Herausforderung, die ein Wettbewerb mit sich bringt. Ein Wettbewerb, der der Anfang eines langen Abenteuers ist. Herzlichen Dank für eure Zeit und euren Einsatz".
Und das lange Abenteuer beginnt schon bald für die Preisträger, mit einer ganzen Reihe von Konzertverpflichtungen überall in Belgien. Am 29. Juni kommen die ersten beiden Preisträger Nikola Meeuwsen und Wataru Hisasue übrigens zu einem Konzert mit dem Belgian National Orchestra ins Triangel nach Sankt Vith; die perfekte Gelegenheit, diese fantastischen jungen Talente einmal live und in Farbe zu erleben.
Patrick Lemmens