Leoš Janáčeks Spätwerk "Kát‘a Kabanová" ging 1921 in Premiere. Es ist die Geschichte einer jungen, unglücklich verheirateten Frau, die mit einem anderen Mann Ehebruch begeht und am Ende über diese Sünde so verzweifelt ist, dass sie Selbstmord begeht, indem sie sich in den Fluss Wolga stürzt. Dementsprechend ist es beileibe keine fröhliche Oper.
So etwas hat man in Lüttich aber schon oft gesehen und gehört. Was neu ist, ist die Sprache, denn Sprache und Melodie sind bei "Kát‘a Kabanová" eng miteinander verknüpft, und darum ist es wichtig, gerade diese Oper auch in der Originalsprache zu bringen. Die Lütticher Oper soll ja nach dem Willen von Direktor Stefano Pace wegkommen vom Image einer rein franko-italienischen Oper, und deshalb wird auch ganz bewusst auf neues und fremdsprachiges Repertoire gesetzt.
Leoš Janáčeks Partitur ist für das Orchester sehr schwierig, aber bis auf das eine oder andere Intonationsproblemchen meisterten die Musikerinnen und Musiker bei der Premiere diese für ihre Verhältnisse relativ moderne Musik mit Bravour.
Auch die Gesangssolisten sind hervorragend, allen voran Sopranistin Anush Hovhannisyan in der Titelrolle als unterdrückte Ehefrau und verzweifelte Ehebrecherin. Im Dialog der Katja Kabanova mit ihrem Geliebten Boris spürt man förmlich den Schmerz und die Zerrissenheit der jungen Frau.
Die Regie bei dieser Eigenproduktion der Königlichen Oper der Wallonie liegt in den Händen von Aurore Fattier, eine Theaterregisseurin, die zum ersten Mal überhaupt eine Oper inszeniert. Dabei macht sie einen tollen Job, setzt auf eine schlichte Bühnendekoration und Videoprojektionen auf einer Großleinwand. Das schafft Intimität und auch eine gewisse filmische Atmosphäre, die perfekt zu Janáčeks dramatischer Musik passt.
"Kát‘a Kabanová" läuft noch bis zum 26. Oktober in Lüttich. Zeit genug also, um sich dieses selten gespielte Werk einmal live und in Farbe anzuhören.
Patrick Lemmens