Sie hat es leider nicht geschafft, aber sie darf erhobenen Hauptes nach Hause fahren. Die erst 19-jährige Pauline van der Rest aus Annevoie bei Namur hat im Halbfinale des Königin Elisabeth-Wettbewerbs für Violine Publikum und Fachspezialisten überzeugen können, zieht aber nicht in die Runde der letzten zwölf ein. Das liegt wohl auch daran, dass das Niveau der diesjährigen Ausgabe nach Ansicht der flämischen Rundfunk-Präsentatorin Katelijne Boon "stratosphärisch" hoch ist.
Im Halbfinale trat Pauline van der Rest wie alle anderen Kandidaten zweimal auf, einmal mit einem halbstündigen Programm mit Klavierbegleitung und einmal mit einem Violinkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart.
Nach ihrem Auftritt mit dem Orchestre Royal de Chambre de Wallonie zeigte Pauline van der Rest sich nicht ganz zufrieden mit ihrer Leistung, obschon das Publikum vollauf begeistert war. Aber die international besetzte Fachjury musste eben zwölf Halbfinalisten aussuchen, die nicht in die letzte Runde einziehen würden, und so wurden neben der jungen Belgierin auch einige Favoriten mehr oder weniger überraschend nicht für das Finale berücksichtigt.
Prominentestes Opfer ist da wohl der Russe Dmitry Smirnov, der mit seinen sehr eigenwilligen Interpretationen das Publikum begeistern konnte, die Jury anscheinend aber nicht. Die zwölf Kandidaten, die ab der kommenden Woche um den begehrten ersten Preis beim Königin-Elisabeth-Wettbewerb kämpfen werden, kommen aus fünf verschiedenen Ländern: alleine sechs von ihnen aus den USA, drei aus Korea und jeweils einer aus Kasachstan, Japan und der Ukraine. Was ebenfalls auffällt: Neun der zwölf Finalisten sind asiatischer Abstammung.
Wie ist jetzt der Ablauf des Finales? Ab dem kommenden Montag (27.5.) werden täglich jeweils zwei Kandidaten gemeinsam mit dem Belgian National Orchestra unter der Leitung von Dirigent Antony Hermus auftreten. Bei diesem Auftritt spielen sie neben einem Pflichtwerk auch ein Wahlwerk, also ein Konzert aus dem Standardrepertoire. Die meisten der Finalisten haben sich für eines von vier bekannten Geigenkonzerten entschieden: viermal werden wir das erste Konzert von Schostakowitsch hören, dreimal Brahms, zweimal Tschaikowski und zweimal Elgar. Nur die Koreanerin Anna Im hat ein anderes Werk vorbereitet, nämlich das Violinkonzert von Sibelius.
Das Pflichtwerk im Finale ist ein eigens für diesen Anlass komponiertes Werk. Jeder Kandidat hat genau sieben Tage Zeit bekommen, um es einzustudieren. Das Werk heißt "Variations litaniques" und wurde von dem Franzosen Thierry Escaich geschrieben. Die Weltpremiere findet also am kommenden Montag statt, wenn die Amerikanerin Hana Chang als erste Finalistin ins eiskalte Wasser springen muss.
Am Samstag (1.6.) gegen Mitternacht steht dann fest, wer zum Sieger dieser "stratosphärischen" Ausgabe des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs gekrönt wird.
Patrick Lemmens