"Ich verstehe die Kritik. Aber Abkommen wie dieses, die brauchen wir". Premierminister Alexander De Croo musste am Wochenende zuweilen einen kleinen Eiertanz aufführen, eine Gratwanderung, wie sie die europäische Realpolitik immer mal wieder bereithält.
Nach Abstechern in Katar und in Jordanien stand Sonntag die mit Abstand schwierigste Etappe der Nahost-Reise des Premiers an: Ägypten. Und die Visite in Kairo begann schon mit einem "unangenehmen Händedruck", wie es die Zeitung De Standaard auf ihrer Titelseite formulierte: De Croo wurde von Abdel Fattah al-Sisi willkommen geheißen, dem Präsidenten des Landes, den man aber eigentlich als Diktator bezeichnen muss, denn der frühere Feldmarschall hat sich 2013 mit Hilfe des Militärs an die Macht geputscht.
Gewählt wurde zwar zwischendurch auch immer mal wieder, aber die Wahlen waren so demokratisch und fair wie die in Russland. Al-Sisi gehört also zu den Leuten, mit denen Demokraten eigentlich nicht gerne zusammen auf einem Foto auftauchen wollen. Doch ist die EU auf die Hilfe des "Rais" aus Kairo angewiesen.
7,4 Milliarden Euro Finanzhilfen
Wie schon mit Tunesien wollte die EU auch mit Ägypten ein Abkommen erzielen, in dem sich das Land dazu verpflichtet, die unerwünschte Migration einzudämmen. Konkret: Die örtlichen Behörden sollen verhindern, dass sich Flüchtlinge auf den Weg über das Mittelmeer nach Europa machen.
Und um eben dieses Abkommen zu unterzeichnen, gab sich eine doch sehr große und hochrangige EU-Delegation in Kairo die Ehre. Die Staats- und Regierungschefs von sechs Ländern, angeführt von Premierminister De Croo, der im Rahmen der belgischen EU-Ratspräsidentschaft den Vorsitz innehat.
Und natürlich die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die sprach von einem "historischen Meilenstein" in den Beziehungen zwischen der EU und Ägypten. Eine strategische Partnerschaft also, die insgesamt sechs große Bereiche umfasst.
Wirklich wichtig ist der EU aber nur ein Kapitel, nämlich eben der Ausbau der Zusammenarbeit zur Eindämmung der Migration. Wie schon bei Tunesien und zuvor der Türkei musste man auch den Ägyptern da aber eine Karotte vor die Nase halten, immer dieselbe freilich: Geld. Der Regierung in Kairo versprach die EU Finanzhilfen mit einem Gesamtvolumen von 7,4 Milliarden Euro für die kommenden vier Jahre.
Kritik von Menschenrechtlern
Böse Zungen würden es also so zusammenfassen: Die EU bezahlt die Ägypter, damit die sich als Grenzschützer betätigen. Genau so sehen das auch die flämischen Grünen. "Wir lagern hier doch einfach unsere Migrationspolitik aus", beklagte die Groen-Ko-Vorsitzende Nadia Naji in der VRT. Und das ohne Garantien in Bezug auf die Wahrung der Menschenrechte.
Dass diese Sorge nicht unbegründet ist, zeige das Beispiel Tunesien, sagt Naji und wiederholt damit den Standpunkt vieler Menschenrechtsgruppen. Im Grunde gebe man den Behörden dieser Länder carte blanche, in dem Sinne, dass man nicht festlege, welche Methoden da angewendet werden sollen.Und ganz zu schweigen davon, mit wem man sich da an einen Tisch setze, fügen die Kritiker hinzu.
Die Menschenrechtslage in Ägypten ist, sagen wir, "prekär". Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind eigentlich inexistent. Regimekritiker landen im Nu im Gefängnis. Befürworter aus dem Mitte-Rechts-Lager geben ihrerseits zu bedenken, dass die EU unbedingt ihre Zusammenarbeit mit den Ländern Nordafrikas vertiefen müsse, auch auf die Gefahr hin, dass ansonsten der Einfluss Russlands oder Chinas in der Region noch größer werde.
Premierminister Alexander De Croo scheint das ähnlich zu sehen. "Wir brauchen solche Abkommen, um Migrationsrouten zu schließen", sagte De Croo in der RTBF. Und die illegale Migration, das sei schließlich eine der Hauptsorgen der europäischen Bevölkerung. Außerdem werde auf diese Weise auch den Menschenhändlern die Geschäftsgrundlage entzogen; also jenen Leuten, die schon für zahllose Dramen mit verantwortlich sind.
Roger Pint
Es scheint das die EU Politiker "unser Geld" nicht schnell genug in der Welt verteilen können! Als ob es irgendjemanden in Ägypten interessiert ob Flüchtlinge nach Europa kommen oder nicht, unser Geld nehmen sie aber gerne. Die Lachen sich kaputt über die Dummheit der Europäer!