Werke von Komponist Giuseppe Verdi werden in Lüttich gerne und oft gespielt. Kein Wunder, denn insgesamt hat er um die 30 Opern komponiert, in einer Zeitspanne von mehr als 50 Jahren. Viele von diesen Opern sind Welterfolge geworden, wie Aida, Nabucco, Rigoletto oder La Traviata. Nach Aida 1871 wollte Verdi eigentlich keine Opern mehr schreiben, aber trotzdem ließ er sich nach langer Schaffenspause vom Librettisten Arrigo Boito noch zu zwei weiteren Opern überreden, beide nach Vorlagen von William Shakespeare: Otello und Falstaff. Beide wurden zu großen Erfolgen und Wegweisern für die Zukunft der italienischen Oper.
Verdis Falstaff erneuert den Kompositionsstil der Oper, und das schafft der Komponist im Alter von fast 80 Jahren. Aber nicht nur der neue Stil ist etwas besonderes an Falstaff, es ist auch nach über 50 Jahren erst die zweite komische Oper von Verdi. Alle anderen Opern sind tragische oder dramatische Opern. Und das Leichte und Spritzige hört man gleich in den ersten Takten.
Falstaff ist die Geschichte eines alten, dickbäuchigen Ritters, der in einer Welt des Umbruchs und des schönen Scheins seinen Platz nicht mehr findet. Er ist pleite und will zwei reiche Damen gleichzeitig und unabhängig voneinander verführen, um an ihr Geld zu kommen. Pech für ihn, dass die Damen beste Freundinnen sind und sich gegenseitig alles erzählen. Sie kommen Sir John Falstaff auf die Schliche und beschließen, ihm seine Dreistigkeit heimzuzahlen. Im Lauf der Oper bekommt Falstaff dann ganz gehörig sein Fett weg und wird zum Gespött der Leute. Dabei entstehen viele komische Situationen, aber die Personen in diesem Stück sind eigentlich gar nicht so komisch, sondern schon eher tragisch.
Der 80-jährige Verdi hat uns mit dieser letzten Oper sein musikalisches Vermächtnis hinterlassen, und will uns trotz "Komödie" zum Nachdenken anregen. Außerdem holt er nochmal alles aus sich heraus, was er als genialer Komponist zu bieten hat. Am Ende läßt Verdi Falstaff gemeinsam mit allen Bewohnern von Windsor singen "Alles ist Spaß auf Erden, der Mensch als Narr geboren". So endet Verdis letzte Oper mit dem Aufruf, sich selbst nicht immer allzu ernst zu nehmen. In unserer heutigen Welt täte eine solche Einstellung so manchem Mitmenschen wohl auch ganz gut.
Wer die spritzige und flotte Inszenierung von Falstaff in Lüttich miterleben möchte, der hat dazu noch bis zum 9. März die Gelegenheit. Es lohnt sich auf jeden Fall.
Patrick Lemmens