Noch am vergangenen Sonntag machten sich 55 Sängerinnen und Sänger aus aller Welt Hoffnungen auf eine gute Platzierung beim international hoch angesehenen "Concours Reine Elisabeth" in Brüssel. Fünf Tage später sind nur noch zwölf Kandidaten im Rennen um den "Grand Prix International Reine Elisabeth", den der oder die Erstplatzierte am 3. Juni gegen Mitternacht in Empfang nehmen darf. In der ersten Runde wurden sozusagen im Schnelldurchgang 24 Halbfinalisten bestimmt, und sie versuchten dann am Mittwoch beziehungsweise am Donnerstag in einem etwa 20-minütigen Auftritt mit einem selbstgewählten Repertoire, die hochkarätig besetzte Jury von ihrem Können zu überzeugen.
Unter den Kandidaten der ersten Runde herrschte übrigens eine große Ungleichheit der Geschlechter. 40 Frauen standen gerade einmal 15 Männern gegenüber. Im Halbfinale war das Verhältnis dann schon etwas ausgeglichener, mit 15 Sängerinnen zu neun Sängern. Von diesen neun männlichen Halbfinalisten stammte übrigens nur ein einziger nicht aus Südkorea, nämlich Joseph Parrish aus den USA. Da verwundert es nicht, dass alle Herren im Finale Koreaner sind, allerdings sind es auch nur drei, und ihnen gegenüber steht wieder die große Übermacht von neun Frauen aus sieben verschiedenen Ländern.
Belgierinnen sind übrigens keine mehr dabei. Mit Linsey Coppens und Margaux de Valensart sind unsere beiden letzten Landsfrauen im Halbfinale ausgeschieden. Beide dürfen aber zufrieden auf ihre Teilnahme am "Concours Reine Elisabeth" zurückblicken, denn sie haben bei ihren Auftritten durchweg tolle Leistungen geboten, wobei Linsey Coppens im Halbfinale Publikum und Jury mit einem niederländischsprachigen Lied überraschte, und Margaux de Valensart sich sichtlich in ihre jeweilige Rolle hineinlebte und es schaffte, tolle Stimmungen herauszubilden.
Publikumsliebling im Halbfinale war wohl die farbige Amerikanerin Jasmin White. Sie ist die einzige Alt-Sängerin im gesamten Wettbewerb, und mit ihrer Powerstimme und ihrer Bühnenpräsenz überzeugte sie nicht nur das Publikum sondern auch die Jury, und sie hat zu Recht einen Platz im Finale zuerkannt bekommen.
Die Amerikanerin Jasmin White wird neben Fleuranne Brockway (Australien), Daniel Gwon (Südkorea), Floriane Hasler (Frankreich), Inho Jeong (Südkorea), Taehan Kim (Südkorea), Juliette Mey (Frankreich), Julia Muzychenko-Greenhalgh (Russland/Deutschland), Anna-Sophie Neher (Kanada/Deutschland), Carole-Anne Roussel (Kanada), Sílvia Sequeira (Portugal) und Maria Warenberg (Niederlande) ab dem 1. Juni im Finale des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs auftreten. Dieses findet an drei Abenden im Bozar in Brüssel statt, und erstmals werden die Finalisten dann mit Orchesterbegleitung singen. Niemand geringeres als das Orchester der Monnaie-Oper unter ihrem Dirigenten Alain Altinoglu wird die Kandidaten im Finale unterstützen.
Dabei präsentiert dann jeder Finalist drei bis sechs Werke in mindestens zwei Sprachen, und das Programm muss mindestens eine Opernarie enthalten. Anders als beim Königin-Elisabeth-Wettbewerb für Klavier, Violine oder Cello gibt es beim Gesang im Finale übrigens kein Pflichtwerk, und alle vorzutragenden Stücke können frei gewählt werden. Wer von den zwölf Finalisten dann am Ende auf dem obersten Treppchen stehen wird, das verkündet Jurypräsident Bernard Foccroulle nach dem allerletzten Finalauftritt am 3. Juni gegen Mitternacht.
Patrick Lemmens