Der Eurovision Song Contest ist ja bekanntlich die größte Musikveranstaltung der Welt und auch die längstlebende Fernsehunterhaltungsshow. Die 67. Ausgabe steht unter einem ganz anderen Stern als sonst. Die Ukraine, Siegerin in Turin 2022, wollte zwar, kann den ESC aber aus bekannten Gründen nicht veranstalten. Also wer soll es (aus-)richten? Unter anderem hatte sich auch Brüssel mit dem Forest National und dem Palais 12 bereit erklärt, die Veranstaltung 2023 auszutragen, die Kapazität reichte aber nicht aus und wurde deshalb von der EBU nicht weiterverfolgt.
Schließlich wurde Großbritannien als zweitplatziertes Land mit der Ausrichtung beauftragt und von den vielen Städtebewerbungen bekam dann schlussendlich Liverpool den Zuschlag. Der 67. ESC findet am Dienstag, dem 9. Mai (erstes Halbfinale), Donnerstag, dem 11. Mai (zweites Halbfinale), und Samstag, dem 13. Mai (Finale), statt und wird von Großbritannien und der Ukraine unter dem Motto "United by Music" gemeinsam veranstaltet.
37 Länder sind in diesem Jahr dabei. Es fehlen Montenegro, Nordmazedonien und Bulgarien, die 2022 in Turin noch teilgenommen hatten. Belarus war schon 2021 von der EBU als Mitgliedsland suspendiert worden und darf daher nicht mehr teilnehmen und Russland ist seit dem Einmarsch in die Ukraine ebenfalls vom ESC ausgeschlossen.
Die Bühne der Liverpool Arena soll eine Umarmung darstellen, so Bühnendesigner Julio Himede. Auf mehr als 450 Quadratmetern befinden sich über 700 in den Boden integrierte Videokacheln und mehr als 1.500 Meter an LED-Leuchten. Eröffnet wurde sie mit einem symbolischen Lichtschalter von König Charles und Königin Camilla, die ja selbst in dieser Woche noch das Großereignis "Krönung" vor sich haben. Die ausrichtende Fernsehanstalt BBC hat in diesen Tagen einiges zu stemmen.
Leider hat die EBU eine schmerzvolle Veränderung erwirkt und sowohl Pressevertreter als auch Fans von der ersten Probenwoche ausgeschlossen. Aus kommerziellen Gründen wurde die Möglichkeit zur Probenberichterstattung quasi abgeschafft und an das chinesische Videoportal TikTok verhökert, das die Exklusivrechte erhielt. So bin auch ich ausgesperrt von den seit 30. April stattfindenden Proben. Gott sei Dank gibt es aber Fotos der EBU-Fotografinnen.
Seit dem 30. April ist auch die belgische Delegation rund um Sänger Gustaph vor Ort. Sie wurde von Fans am Brüsseler Flughafen verabschiedet. Am zweiten Probentag fand die erste Probe statt. Zum ersten Mal seit 2016 wurde der belgische Beitrag wieder durch eine Vorentscheidung ermittelt, nachdem die vergangenen vier Jahre nur mäßig erfolgreich waren. In der Jury saßen auch Sandra Kim, die belgische ESC-Gewinnerin von 1986, und Laura Tesoro, die 2016 mit dem Titel "What's a Pressure" einen sehr guten zehnten Platz belegte.
In der Probe wurde auch schon das Geheimnis um Gustaphs Outfit gelüftet, der eine Kreation von Walter van Beirendonck aus rosa und weiß trägt sowie den obligatorischen Hut. Verraten hat er, dass die Jacke noch nicht das endgültige Design sei. Gustaph, oder Stef Caers, wie er eigentlich heißt, ist beim ESC übrigens kein Unbekannter: In Lissabon 2018 (Sennek) und Rotterdam 2021 (Hooverphonic) trat er als Backgroundsänger auf. Beim zweiten Halbfinale am 12. Mai heißt es "Daumen drücken", dann startet Gustaph an fünfter Stelle und will einen Platz im Finale erreichen.
Derweil schaue ich mich mal ein bisschen in der Beatles-Stadt Liverpool um und hoffe auf ein friedliches Musikfest und auf trockenes Wetter.
Biggi Müller