Es scheint noch gar nicht so lange her zu sein, dass die junge Koreanerin Hayoung Choi in Brüssel zur Siegerin des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs für Cello gekürt worden ist. Das war Anfang Juni 2023, also vor etwa neun Monaten. Aber nach dem Concours Reine Elisabeth ist vor dem Concours Reine Elisabeth. Inzwischen laufen die Vorbereitungen für die diesjährige Ausgabe auf Hochtouren. Turnusgemäß steht in diesem Jahr der Gesang im Mittelpunkt dieses hoch angesehenen Wettstreits, der schon vielen seiner Preisträger den Start in eine vielversprechende internationale Karriere ermöglicht hat.
Benannt ist der Wettbewerb nach der belgischen Königin Elisabeth, der Ehefrau von König Albert I. Sie ist die Urgroßmutter von König Philippe, stammte aus Bayern und war eine begeisterte Klassikliebhaberin. Einer ihrer besten Freunde war der belgische Geigenvirtuose Eugène Ysaÿe. Der hatte schon lange den Traum, einen internationalen Wettbewerb für äußerst talentierte Musiker zu organisieren.
Nach Ysaÿes Tod verwirklichte Königin Elisabeth die Idee ihres Freundes. 1937 wurde der erste "Concours Eugène Ysaÿe" für junge Geigenvirtuosen organisiert, im folgenden Jahr waren dann die Pianisten an der Reihe. Dann kam der 2. Weltkrieg und der Wettstreit-Rhythmus wurde für mehrere Jahre unterbrochen. Erst 1951 konnte der Wettbewerb wieder organisiert werden, dann erstmals unter dem Namen seiner Schirmherrin, Königin Elisabeth. Bis 1987 wurde er abwechselnd für die Instrumente Geige und Klavier ausgetragen, dann kam der Gesang hinzu. Seit 2017 ist auch das Cello eines der Soloinstrumente des "Concours".
Rekordzahl an Einschreibungen
2023 ist also wieder der Gesang an der Reihe. In diesem Jahr gab es eine Rekordzahl an Einschreibungen: 412 insgesamt. Die jungen Sängerinnen und Sänger mussten ein Bewerbungsvideo einschicken. Ende Januar wählte eine Fachjury anhand dieser Videos insgesamt 68 Kandidatinnen und Kandidaten aus, die im Mai in drei Runden um den Sieg beim Königin Elisabeth-Wettbewerb konkurrieren dürfen. Vier Kandidaten haben in der Zwischenzeit aus verschiedenen Gründen ihre Teilnahme zurückgezogen, so dass jetzt noch 64 junge Talente ab dem 21. Mai um den Einzug in die 2. Runde kämpfen werden.
Insgesamt 20 Nationalitäten sind vertreten, darunter auch vier Kandidatinnen aus Belgien. Die mit Abstand größte Zahl an Bewerbern kommt aber aus Südkorea: Sage und schreibe 18 junge Talente stammen aus dem kleinen asiatischen Land. Das ist mehr als ein Viertel aller Teilnehmer. Die Sängerinnen und Sänger bewerben sich um die Nachfolge von Samuel Hasselborn aus Deutschland, der den letzten Königin-Elisabeth-Wettbewerb für Gesang 2018 gewonnen hat.
Was die Chancen unserer vier belgischen Landsfrauen auf den Gesamtsieg betrifft, so ist das im Moment noch sehr schwer einzuschätzen. Als gutes Omen kann vielleicht gelten, dass bei den vergangenen zwei Ausgaben für Gesang jeweils zwei Belgierinnen das Finale erreicht haben, und dass 2014 eine von ihnen sogar den 2. Preis erringen konnte. Das war übrigens die Sopranistin Jodie Devos, die wir ja regelmäßig in verschiedenen Hauptrollen an der Lütticher Oper erleben können.
Jury-Vorsitzender mit Verbindung nach Eupen
Apropos Lüttich: Der Vorsitzende der Jury für den diesjährigen Concours Reine Elisabeth stammt aus Lüttich. Sein Name ist Bernard Foccroulle. Er ist Organist und ehemaliger Intendant der Oper "La Monnaie" und er hat Verbindungen nach Eupen, denn er erhielt während seiner Studienzeit am Lütticher Konservatorium Unterricht von dem Eupener Organisten Hubert Schoonbroodt.
Der Königin-Elisabeth-Wettbewerb 2023 für Gesang beginnt am 21. Mai und endet mit der Bekanntgabe der Preisträger am Samstag, dem 3. Juni. Bis dahin liegen eine Menge Blut, Schweiß und Tränen vor den Kandidaten dieses überaus anspruchsvollen Wettbewerbs, für uns Zuhörer aber auch viele wunderbare Momente mit herrlichem Gesang - freuen wir uns also jetzt schon darauf!
Patrick Lemmens