Tamino macht melancholische Musik, so sagt er selbst. Seine Stimme ist einmalig: Er singt tiefe Noten und hohe Töne, schafft problemlos vier Oktaven und singt mit so viel Gefühl, dass es fast schon schmerzt. Seine Musik verbindet westlichen Pop mit arabischen Einflüssen. Denn Tamino, der vor 26 Jahren in Antwerpen geboren wurde, hat familiäre Wurzeln, die bis nach Ägypten reichen. Von dort stammt sein Vater. Seine Mutter ist Belgierin.
Taminos vollständiger Name lautet Tamino-Amir Moharam Fouad: Sein erster Vorname ist eine Anlehnung an den Helden aus Mozarts Oper "Die Zauberflöte". Der zweite Vorname, Moharam, ist der seines Großvaters. Sein Opa war ein ägyptischer Sänger und Schauspieler, der in seiner Heimat "The Voice of the Nile" genannt wurde. Er starb, als Tamino noch ein Kind war. Aufnahmen seiner Lieder inspirieren den Enkel bis heute.
Mit 17 Jahren begann Tamino eine klassische Musik- und Gesangsausbildung. Er beherrscht das Klavier (seine Mutter ist Pianistin), die Gitarre und den Bass. Auf Live-Konzerten spielt er außerdem die alte Gitarre seines berühmten Großvaters, eine arabische Laute. Unterricht nahm er bei einem syrischen Flüchtling.
Der Klang der Oud erinnert stetig an Taminos Wurzeln - ein politisches Statement steckt aber nicht dahinter, sagt er in Interviews. "Ich denke, dass die arabische Musik viel Romantik und Wärme enthält, die in der westlichen Musik manchmal fehlt", sagt Tamino in einem RTBF-Interview.
Tamino schreibt Liedtexte, seit er 14 ist. Mit den Jahren wurden diese immer tiefgründiger und emotionaler, auch zynisch und nüchtern. Er, der sich selbst als Einsiedler bezeichnet, mag die eher intellektuelle Seite des Musikschreibens. Zu seinen Vorbildern gehören Bob Dylan oder Randy Newman. Auch hört er Leonard Cohen, Nick Cave, Tom Waits und John Lennon.
Steiler Aufstieg
Mit 21 Jahren gewann Tamino den Gesangswettbewerb "De Nieuwe Lichting" im flämischen Radiosender Studio Brussel. Im nächsten Jahr veröffentlichte er seine Debüt-Single: "Habibi" und bekam dafür viel Aufmerksamkeit und Lob in Belgien und Frankreich. Das Album zur Single, "Amir", stand in Flandern 90 Wochen lang auf Platz eins der Charts.
Im Herbst 2018 füllte er den Brüsseler Konzertsaal Ancienne Belgique, 2019 ging er auf Europatournee und trat in Irland, den Niederlanden, Frankreich, Deutschland und Großbritannien auf.
Dann kam Corona. Während der Pandemie entstand Taminos zweites Album "Sahar". Letzten Herbst wurde es veröffentlicht und letzte Woche wurde Tamino dafür mit dem Preis der flämischen Musikindustrie (MIA) ausgezeichnet. Auch "Sahar" ist melancholisch, poetisch. Der Klang der arabischen Laute zieht sich wie ein roter Faden durch die zehn Songs. Einer der Mitwirkenden an dem Album ist der Bassist der britischen Band Radiohead, Colin Greenwood. Der Titel "Sunflower" ist ein Duett mit Angèle.
Wer Tamino live erleben will, hat dazu in diesem Jahr mehrmals die Gelegenheit. Nach einer Tour von Skandinavien über Deutschland nach Österreich und in die Türkei tritt er am 1. März in Luxemburg-Stadt auf und am 23. März im Forest National in Brüssel. Danach geht es in die USA, bevor Tamino am 30. Juni pünktlich für einen Auftritt beim Werchter-Festival wieder im Land ist.
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