Aus belgischer Sicht hätte die Tour de France kaum besser starten können. So sieht es auch Laurenz Rex: "Als Belgier können wir sehr zufrieden sein. Zwei Siege auf neun Etappen. Dann ein vierter Platz für Wout Van Aert. Der war auch zwischenzeitlich zweiter im Gesamtklassement. Das ist sicherlich sehr gut."
Dazu gab es insgesamt fünf Etappensiege für belgische Teams, darunter der Sprintsieg von Tim Merlier. Aber auch zwei Siege eines Rückkehrers: Mark Cavendish hat - fünf Jahre nach seinem letzten Etappensieg - wieder auf der Tour gewonnen. "Das ist sehr krass, wenn man sieht, von wo der herkommt. Letztes Jahr stand er ja quasi vor dem Karriereende und jetzt hat er dieses Jahr schon zwei Tour-de-France-Siege. Ich denke, das ist auf das Team zurückzuführen, auf die Mentalität des Teams und vor allem auf den Leadout, den er bekommt", findet Laurens Rex. Das Team ist Deceuninck-QuickStep. Die belgische Equipe ist mit bisher drei Etappensiegen und Mark Cavendish im Grünen Trikot äußerst erfolgreich in die Tour de France gestartet.
Anders sieht es da bei Jumbo-Visma aus. Das Team des belgischen Meisters Wout Van Aert musste bereits zwei Fahrer verabschieden. Auch aufgrund eines Sturzes, der in Erinnerung bleiben wird. Eine Frau hatte mit einem Pappschild die Hälfte des Feldes zu Fall gebracht. Situationen, die schwierig sind für Radprofis, erklärt Laurens Rex: "Mit solchen Sachen rechnet man als Fahrradfahrer nicht. Oft ist es so, dass das Publikum ausweicht, wenn man jetzt nicht gerade bergauf fährt. Wir kommen meist so schnell vorbei, dass das Publikum einen Schritt zurückgeht. Jetzt war das bei der Frau mit dem Pappschild gefühlt so, dass sie in das Peloton reingelaufen ist, beziehungsweise sie das Pappschild noch weiter ins Peloton gehalten hat. Das war sicherlich nicht mit Absicht, aber einfach total blöd."
Dass die Zuschauer zurück an den Straßen sind, bedeutet nicht nur Risiko für die Fahrer, es bedeutet auch Euphorie. Denn für die Fans geht der Radprofi auch über sich hinaus. Auch Laurenz Rex erlebt das in seiner ersten Profisaison: "Da stehen Leute an der Straße, die fiebern mit. Du bist automatisch motivierter, möchtest schneller fahren."
Neben den Stürzen ist vor allem das Spektakel in der ersten Woche hängengeblieben. Ein Spektakel, das sich bereits durch die ganze Saison zieht: "Ich glaube der Radsport durchlebt da eh gerade so einen kleinen Wandel. Man hat es in den Klassikern gesehen - Gent-Wevelgem zum Beispiel: Die sind die letzten 180 Kilometer Rennen gefahren. Die Rennen fangen viel früher an und die großen Jungs haben keine Lust mehr abzuwarten. Die wollen den Sport noch mal aufleben lassen. Noch mal Action reinbringen", so der Raerener Radprofi.
Eine Entwicklung, die sich gerne auch den Rest der Tour de France fortsetzen darf. Der neutrale Zuschauer wird sich sicherlich nicht beschweren.
Christoph Heeren