Dr. Vermöhlen, was muss man beachten, wenn man nach Covid-19 wieder Sport treiben will?
Wichtig ist, dass man realisiert, dass Covid-Erkrankung nicht gleich Covid-Erkrankung ist. Menschen, die eine Covid-Erkrankung leichter Natur durchgemacht haben, die werden die Erkrankung wie eine Erkältung wahrnehmen. Der eine oder andere weiß gar nicht, dass er Covid gehabt hat, und wird dann auch wieder ganz normal Sport machen. Das betrifft einen Großteil der Menschen.
Aber Covid ist leider auch eine Erkrankung, die innere Organe betrifft - und zwar innere Organe, die für die Sportausübung sehr wichtig sind. In allererster Linie das Herz, aber auch die Muskulatur. Und wenn wir da große Defizite haben, also große Erkrankungsanteile, dann muss man das sicherlich vorher gut untersuchen: Funktionsuntersuchungen beim Kardiologen, der mit einem Herzultraschall schaut, wie das Herz pumpt und ob es Defizite gibt. Zum Beispiel, ob sich Wasser im Herzbeutel - ein so genannter Perikard-Erguss - gebildet hat. Das muss abgeklärt werden, ehe man wieder Sport treibt.
Was gilt für die Menschen, die schwer an Covid-19 erkrankt waren?
Wer lange bettlägerig war oder sogar beatmet werden musste, hat einen dramatischen Verlust an periphärer Muskulatur, also Muskulatur in den Beinen und in den Armen. Betroffen ist aber auch die Atem-Hilfsmuskulatur. In dem Fall muss man eine langwierige und gut dosierte, allmählich aufgebaute Rehabilitation machen. Es gibt mittlerweile Kliniken, die sich regelrecht darauf spezialisiert haben. Bei uns in St. Vith haben wir auch den einen oder anderen Patienten, bei dem wir das Verfahren anwenden. Das funktioniert eigentlich ganz gut.
Wer nicht so schlimm betroffen war, aber eine gewisse Kurzatmigkeit bemerkt, sollte worauf achten?
Wenn Menschen kurzatmig waren oder noch sind, kann es durchaus sein, dass die Lunge doch betroffen war. Das kann man nicht nur durch abhören herausfinden. Dann sollte man doch zu einem Spezialisten gehen oder zumindest zum Hausarzt, der eine Röntgenuntersuchung veranlasst, um zu schauen, ob zum Beispiel noch viel von dem Schleim, den diese Entzündung in der Lunge hervorruft, da ist. Auch danach muss man dosiert aufbauend mit dem Training beginnen.
Auch Menschen, die eine sehr leichte Verlaufsform haben oder hatten, können danach - auch noch Wochen danach - eine so genannte Long-Covid-Erkrankung haben. Das ist viel häufiger der Fall, als wir bisher dachten. Und die Erkrankung ist auch wiederum sehr vielgestaltig.
Es fängt an mit einer Müdigkeit, die die Menschen sich nicht erklären können. Es geht weiter mit Konzentrationsstörungen, mit Wortfindungsstörungen. Es geht auch um eine eingeschränkte Belastbarkeit, und die ist fatalerweise von Tag zu Tag unterschiedlich. Es gibt Menschen, die stehen morgens auf und sagen: Ach, heute ist ein guter Tag. Dann spüren sie aber im Verlauf des Tages, dass es überhaupt nicht weitergeht.
Diese Long-Covid-Erkrankung hat man lange nicht im Fokus gehabt, aber die muss man im Fokus haben. Da spielt Sport eine große Rolle - aber auch entsprechend kontrolliert. Ein Belastungs-EKG und eine Lungenfunktionsprüfung, gerade wenn die Luftnot da war, sind sicherlich hilfreich.
Wichtig ist also, auf den eigenen Körper zu hören und nicht zu forcieren, wenn es nicht so funktioniert wie vorher?
Auf den eigenen Körper zu hören ist immer wichtig. Jeder hat eine Kompetenz in eigener Sache, da sollte man auch seinen gesunden Menschenverstand einsetzen. Wenn man spürt, dass etwas anders ist, dann lieber mal zum Arzt oder zur Ärztin gehen, damit die entsprechende Untersuchungen veranlassen. Dann kann man auch vielleicht sogar unter fachkundiger Beratung - Personal Trainer, Fitnessstudio, etc. - mal wieder starten, wenn denn die Studios wieder offen sind.
cr/km
Wie gewohnt zuverlässige u. relevante Antworten v. Dr. Vermöhlen K. 🙂