Es ist dein erstes Rennen in der Königsklasse vor heimischem Publikum. Wie fühlst du dich?
Ich fühle mich wie ein kleiner Junge, bin total aufgeregt und kann es kaum erwarten, dass das Wochenende mit meinem Heimrennen endlich startet. Für mich ist es die belgische Premiere in der höchsten Klasse der Rallycross-WM. Noch dazu auf einer ganz neuen Piste, die wirklich super aussieht. Ich denke, dass wir Fahrer hier sehr viel Spaß haben werden. Sie haben sich in Sachen Höhenunterschiede wirklich etwas einfallen lassen. Natürlich kennt jeder den Raidillon, aber auch auf dem Rest der Strecke geht es auf und ab. Ich kann es wirklich kaum erwarten, hier zu fahren. Und dann vor den belgischen Zuschauern, das gibt noch mal einen Extra-Motivationsschub.
Du hast jetzt die Strecke zum ersten Mal gesehen. Was sagst du dazu?
Genau wie die Formel-1-Strecke verlangt auch die Rallycross-Strecke ein 'großes Herz', um keine anderen Körperteile zu nennen. Ich glaube, dass es für die Zuschauer extrem spektakulär wird. Für Samstag ist Regen vorhergesagt, für Sonntag Sonnenschein. Also gibt es sämtliche Bedingungen und es wird bestimmt ein tolles Motorsport-Fest.
Was ist dein persönliches Ziel dieses Wochenende?
Mein Ziel ist es, das Halbfinale zu erreichen. Es ist schließlich mein erstes Jahr in der Königsklasse, ich brauche noch mehr Zeit im Auto, um mich an alles zu gewöhnen und mich an die höhere Klasse anzupassen. Unter die besten zwölf von 21 zu kommen, wäre da schon nicht schlecht. Und das Niveau ist hoch. Mattias Ekström ist dieses Wochenende wieder dabei. Dann gibt es ja auch noch die Hansen-Brüder. Nicolas Grönholm ist leider nicht dabei [wegen einer Blinddarm-Operation], aber alle anderen Spezialisten. Es wird schwierig sein, die zu schlagen. Aber ich will ins Halbfinale. Und gerne auch weiter...
Wo liegt der Unterschied zwischen der zweiten Liga RX2 und der Königsklasse WorldRX?
Es gibt viel mehr Informationen zu verarbeiten. Unser Lenkrad sieht fast aus wie das in der Formel 1: ganz viele Knöpfe für verschiedene Einstellungen, die man alle verinnerlichen muss. Der größte Unterschied ist aber natürlich die Leistung, die ist nämlich so gut wie doppelt so hoch. Man kommt von 310 PS und dann sind es plötzlich über 600. Das Auto fährt sich völlig anders und man muss seinen Fahrstil anpassen. Daran arbeite ich noch, aber beim letzten Lauf in Barcelona habe ich gemerkt, dass es langsam etwas wird. Jetzt muss ich mich weiterentwickeln.
Stimmt es, dass du noch nie ein Rennen hier auf der Rennstrecke von Spa-Francorchamps gefahren bist?
Ja, das ist richtig. In Spa-Francorchamps fahren, damit geht ein Kindheitstraum in Erfüllung. Als Belgier habe ich es immer sehr bedauert und fand es sogar ein bisschen peinlich, dass ich noch nie auf dieser legendären Rennstrecke gefahren bin. Sie steht bei jedem Fahrer auf der ganzen Welt auf der Liste. Und ich darf dieses Wochenende endlich mein Häkchen daneben setzen.
Was macht Rallycross aus? Was bekommen die Zuschauer geboten?
Ich habe ja schon mehrere Motorsport-Disziplinen praktiziert. Rallycross ist die spektakulärste für die Zuschauer. Und nicht nur, weil der Zuschauer die ganze Strecke sieht. Sondern auch, weil es kurze und intensive Rennen sind, in denen es von Anfang bis Ende Positionskämpfe gibt. Für den Zuschauer gibt es nichts Besseres. Außerdem ist dieses Wochenende hier auch sonst so einiges los, es gibt ein Konzert, das Food-Truck-Festival, es gibt natürlich belgisches Bier, Driftshows, E-Gaming, Rennsimulatoren und Taxifahrten auf der großen Rennstrecke. Es ist eine tolle Gelegenheit für einen Familienausflug und keiner muss sich langweilen.
Weshalb hast du dieses Wochenende, an dem die Formel 1 in Spanien fährt, überhaupt Zeit?
Ich arbeite in der Entwicklungsabteilung und somit hauptsächlich im Werk. Ich bin also nicht an den Rennwochenenden im Einsatz. Ich stecke alle meine Urlaubstage in meinen Sport. Es ist toll, dass ich beides kombinieren kann. Solange mein Arbeitgeber so verständnisvoll bleibt, werde ich weitermachen. Natürlich werde ich das Geschehen in Barcelona verfolgen. Ich versuche aber, mich auf mein Wochenende zu konzentrieren.
Zur Person: Guillaume De Ridder
Guillaume De Ridder arbeitet als Performance-Ingenieur für Renault in der Formel 1 und ist dafür zuständig, dem Motor mehr Leistung zu verpassen. Seine Motorsport-Karriere startete er mit zehn Jahren im Kart. Im Alter von 20 Jahren wechselte er ins Auto. Formel-Rennen waren finanziell aber nicht machbar, daher entschied er sich für Rallye. 2017 stieg er erneut um und fuhr zwei Jahre in der zweiten Rallycross-Liga (mit dem Vizemeistertitel im zweiten Jahr). 2019 ist seine erste Saison in der Rallycross-WM.
"Ja, ich bin jetzt angekommen", lacht De Ridder. "Rallycross ist die Synthese dessen, was ich zuvor gemacht habe. Der Fahrstil und das Auto sind eher wie im Rallyesport. Man fährt sowohl auf Asphalt, als auch auf Schotter. Und man hat die Positionskämpfe auf der Strecke und Strategie-Entscheidungen wie im Karting. Das passt zu hundert Prozent zu mir. Und jetzt will ich so schnell wie möglich Weltmeister werden."
Rallycross-Piste in Spa-Francorchamps eingeweiht - Fahrer besichtigen Strecke
Katrin Margraff