So hatte sich wohl keiner vorgestellt: Bei der Fußballweltmeisterschaft trafen die Roten Teufel am Montagabend im Achtelfinale auf Japan. Auf dem Papier eine klare Angelegenheit. Belgien belegt in der FIFA-Rangliste aktuell Platz drei, Japan rangiert auf Platz 61. Die bisherigen Spiele beider Mannschaften bei der WM sprachen eine deutliche Sprache: Belgien hui, Japan so na ja.
Von daher Schockstarre, als es nach 52 Minuten plötzlich 0:2 für Japan stand. Das Aus drohte für die Favoriten. Bevor dann das startete, was am Dienstag viele Zeitungen als Wunder bezeichnen. Gut 20 Minuten vor dem Ende sorgte ein Doppelschlag für den Ausgleich. Und quasi mit der letzten Aktion des Spiels fiel dann der Siegtreffer für die Roten Teufel. Das Spiel gedreht und mit dem Schlusspfiff die Verlängerung vermieden.
Die ersten Reaktionen waren von Erleichterung, Staunen und Stolz geprägt. "Ich glaube, das erste Gefühl jetzt nach dem Spiel ist: 'Uff'", sagte Torhüter Thibaut Courtois. "Das war wie im Traum. Das ist super für das Land, ich denke an meine Familie. Das ist super schön", so Nacer Chadli, der den entscheidenden Treffer zum 3:2 geschossen hatte.
Martinez voll des Lobes
Und auch Trainer Roberto Martinez war voll des Lobes für seine Mannschaft. Noch auf dem Spielfeld sagte er: "Heute ist ein Tag, an dem wir sehr sehr stolz sein können auf diese Gruppe von Spielern. Jeder in Belgien. Danke für die Unterstützung. Glaubt weiter an diese Mannschaft."
Auch später im Studio bleib Martinez bei dieser Einschätzung. Ein super Spiel. Ein toller Teamgeist. Über Fehler sprechen? Nein, das wolle er jetzt nicht. Wörtlich sagte der Spanier: "Ich werde mich jetzt nicht mit den Dingen aufhalten, die heute schlecht gelaufen sind. Das wäre sehr dumm. Was heute zählt, ist die Reife dieser Mannschaft zu sehen. Der Wille, die Einstellung, nie aufzugeben, immer an sich und die anderen zu glauben."
Diesen Mannschaftsgeist hoben alles Spieler hervor, die von der VRT und der RTBF nach dem Spiel interviewt wurden. Das habe die Mannschaft gerettet, das sollte man sehen und damit weiter nach vorne schauen.
Mannschaftsgeist
Jan Vertonghen, der mit seinem Treffer zum 1:2 die Wende eingeleitet hatte, sagte: "Du denkst: 0:2, und noch 25, 30 Minuten zu spielen. Du siehst dich schon im Flugzeug zurück nach Belgien. Aber zum Glück haben wir einen Mannschaftsgeist, der uns da herausgeholt hat."
Gleicher Tenor bei Verteidiger Vincent Kompany. "Ich glaube, wir haben heute unsere Erfahrung ausgespielt", sagte er. "Wir sind unglaublich ruhig nach dem 0:2 geblieben, haben den Ball einfach weiterlaufen lassen."
Und Kapitän Eden Hazard analysierte seinerseits: "Ja, das war ein schweres Stück Arbeit. Eine tolle Reaktion der Spieler. Aber es stimmt: Wir hätten es sicher besser machen können heute. Aber klar, wir werden jetzt nicht Rosinenpicken. Wir haben uns für die nächste Runde qualifiziert."
In dieser nächsten Runde wartet jetzt Brasilien auf die Belgier. Ein ganz anderes Kaliber als Japan. Mal schauen, ob es auch ein ganz anderes Spiel der Belgier wird. Das Erlebnis von Rostow kann die Truppe zusammengeschweißt haben. Mehr noch, als sie es anscheinend ja schon vorher war.
Kay Wagner