Es fühlt sich ein bisschen an wie Schulanfang: Bei den Legend Boucles in Bastogne kommt zum Start ins neue Jahr die versammelte Rallyewelt zusammen. Aus Belgien ist alles dabei, was Rang und Namen hat. Und auch auf Zuschauerseite lässt sich kein echter Rallyefan von so einem Ussels-Wetter davon abhalten, an die Strecken zu pilgern.
Den Spaß zum Saisonauftakt lässt sich keiner entgehen, erklärt Nicolas Gilsoul, der Beifahrer von Thierry Neuville. "Ich habe ein großes Grinsen auf den Lippen. Es sind so viele Zuschauer an der Strecke. Diese Rallye löst einfach eine große Begeisterung aus - bei den Zuschauern, aber auch bei uns Teilnehmern. Jeder will unbedingt hier dabei sein."
Ein Grinsen sah man auch bei Bruno Thiry, der dieses Jahr im Subaru Impreza Gr. N in der Kategorie "Demo" (außer Wertung) an den Start ging. Obschon da auch nicht immer alles rundlief. "Ich habe mich öfters mal gedreht, ich weiß nicht genau warum. Ich verstehe noch nicht genau, wie das Mitteldifferenzial funktioniert. Aber wir sind noch da, das ist die Hauptsache." Denn seit seinem Sieg 2010 war Bruno Thiry nicht mehr im Ziel.
Einmalige Atmosphäre
Aber wieso haben die Legend Boucles so einen Erfolg? "Hier kommen einfach viele Dinge zusammen", erklärt Bernard Munster. "Die Atmosphäre, der Parcours, die alten Autos, das Konzept mit den normalen Straßenreifen, die doch etwas mehr rutschen. Dann noch diese Mischung aus jungen und älteren Fahrern. Das alles macht die Boucles aus."
Porsche-Fahrer Munster hat sich ein packendes Duell geliefert mit François Duval im Ford Escort. "Es ist ein schönes Duell mit Bernard Munster. Uns fehlen da zwar ein paar PS, um mit ihm mithalten zu können. Aber wir sind doch einige Bestzeiten gefahren und haben Spaß, das ist die Hauptsache. Wir fahren mit alten Hecktrieblern und können den Zuschauern eine gute Show bieten. Und es macht immer Freude, zu fahren. Ich trete ja nicht mehr so oft an, zwei bis drei Mal pro Jahr vielleicht. Gerade genug, um ein bisschen Spaß zu haben."
Trotzdem ist Duval nicht aus der Form, denn er schob sich Samstagabend an Munster vorbei - bis das Duell um den Sieg dann jäh beendet wurde. Munster bekamn wegen einer Geschwindigkeitsübertretung eine Strafe aufgebrummt, am Ende blieb nur Platz vier. Aber auch für Duval gab es Ärger: gleich zwei Reifenschäden am Sonntag. Dadurch rückte Bryan Bouffier an die Spitze, die er auch nicht mehr abgab. Bouffier ist der erste Ausländer, der die Legend Boucles gewinnen konnte.
Inoffizieller Sieger
Neben dem offiziellen Sieger gab es aber auch einen inoffiziellen. Thierry Neuville fuhr im Opel Corsa A acht von 19 Bestzeiten. Allerdings trat Neuville außer Wertung an, weil der Corsa nicht den Regeln der historischen Rallye entspricht, und wird auch nicht in der Endwertung geführt. Das ist für Neuville aber Nebensache.
"Spaß macht es auf jeden Fall. Das Auto läuft hervorragend für seinen ersten Auftritt, sogar ohne Test. Die Jungs haben hervorragende Arbeit geleistet und bis jetzt hatten wir keinerlei Probleme. Auch wenn wir nicht im Endklassement stehen werden, ist es dennoch eine tolle Performance. Es sind schon Emotionen dabei. Wenn man sieht, welche Steps wir in den letzten zehn Jahren gemacht haben, ist es doch sehr emotional."
In diesem Auto hatte Neuville 2007 in Luxemburg seine erste Rallye bestritten. Auch Nicolas Gilsoul ist seine erste Rallye in einem Opel Corsa gefahren. "Da kommen Erinnerungen hoch. Das war im Jahr 2000 bei der Rallye de la Famenne. Ich war noch sehr jung und es gab viele Fragezeichen. Ich war natürlich sehr aufgeregt bei dem Gedanken, eine Rallyekarriere zu starten. Es gab viele Fragen und viel Adrenalin im Auto. Jetzt habe ich die Dinge mehr unter Kontrolle - das ist ein bisschen entspannter."
Katrin Margraff