108 ist die Nummer der Telefonhilfe Ostbelgien. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr ist die Leitung für alle geöffnet, denen es mental nicht gut geht. Die Leitung wird von Ehrenamtlichen betreut. Beide Seiten bleiben anonym.
Sollte es doch einmal vorkommen, dass ein Gesprächspartner erkannt wird - egal ob Anrufer oder Helfer - wird respektvoll damit umgegangen. "Wenn ein Ehrenamtler einen Anrufer erkennt, kann er den Anrufer darum bitten, später noch einmal anzurufen, wenn die Schicht des Ehrenamtlers vorbei ist", erklärt Sigrid Roobroeck, Leiterin der Telefonhilfe Ostbelgien. "Erkennt der Anrufer einen Ehrenamtler, hat er selbst die Wahl, ob er weiterhin mit der Person am anderen Ende der Leitung über das Problem sprechen möchte."
Die Gespräche bei der Telefonhilfe sind vertraulich - alle Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht. Letztes Jahr gab es pro Tag im Durchschnitt 24 Anrufe. Zu den wichtigsten Themen zählten Beziehungen und Einsamkeit.
Die Gespräche laufen oft ähnlich ab: Der Anrufer spricht über seine Probleme, der Ehrenamtler hört zu - und hilft dabei, die Gedanken zu ordnen. Um auf diese Gespräche gut vorbereitet zu sein, durchlaufen die Ehrenamtler eine intensive Basisschulung. Sie orientiert sich an internationalen Standards und wird durch regelmäßige Weiterbildungen ergänzt.
Doch nicht jedes Problem lässt sich am Telefon lösen. Manchmal braucht es mehr. "Die Ehrenamtler sind keine Psychologen, sie hören zu und können mit dem Anrufer Gedanken ordnen, aber weiter geht das nicht. Das ist auch keine Therapie. Sollte die Person zum Beispiel nochmal bei der Telefonhilfe anrufen, dann wird da wieder ein anderer Ehrenamtler den Anruf annehmen. Die Ehrenamtlichen kennen das ganze soziale Netz in Belgien und können dann am Ende des Gesprächs auf andere Dienste verweisen - zum Beispiel auf ein Frauenhaus oder Ähnliches." Auch für die Ehrenamtler kann die Aufgabe belastend sein. Ihnen stehen Supervisoren und Psychologen zur Seite.
Wirklich jeder kann sich bei der Telefonhilfe melden, betont Sigrid Roobroek. "Oft denken die Menschen, dass man erst anrufen darf, wenn wirklich nichts mehr geht, oder dass ihre Probleme nicht schlimm genug sind. Aber das stimmt nicht. Jeder darf anrufen - in Krisenmomenten, aber auch, wenn es um alltägliche Tiefpunkte geht: Streit, Überforderung, Stress, oder Einsamkeit. Man kann auch anrufen, wenn man eine Entscheidung treffen muss und einfach jemanden braucht, der eine anonyme Gegenpartei darstellen kann. Jeder, der denkt, dass er was hat, kann anrufen."
Sollte die Leitung bereits belegt sein, wird der Anrufer darum gebeten, sich erneut zu melden. Alternativ bietet die Telefonhilfe auch einen Austausch per Chat (montags- und donnerstagsabends) oder per Mail. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite der Telefonhilfe.
Ausführliches Radio-Interview mit Sigrid Roobroeck im Player:
Lindsay Ahn