Zehn Tage haben sie um ein Abkommen gerungen. Eine ganze Nacht haben die Verhandlungspartner aus rund 180 Ländern zum Schluss noch drangehängt - vergeblich. Ein Vertrag ist nicht zustande gekommen. Clara Schlösser, die als Vertreterin des Brüsseler Büros der Nichtregierungsorganisation "Health Care Without Harm" vor Ort war, ist dennoch froh, dass es kein Abkommen gibt. "Schlimmer wäre es gewesen, ein schlechtes Abkommen zu haben. Es bringt nichts, Symptome zu behandeln. Wir müssen das Problem an der Wurzel anpacken", sagt sie.
Die Wurzel, das ist die Produktion von Plastik. Diese auf ein nachhaltiges Niveau zu beschränken war das Ziel der meisten Länder. Andere wollten das verhindern. Die Positionen lagen zu weit auseinander, stellt Clara Schlösser fest. "Wir verdoppeln fast jedes Jahr unsere Produktion von Plastik und wenn wir da nicht den Hahn abdrehen, kommen wir nirgendwo hin. Das war ein ganz kritisches Thema, vor allem für Ölländer, die da ihre wirtschaftlichen Interessen haben. Da war nicht viel zu machen."
Während die offiziellen Vertreter der Länder intensiv miteinander verhandelten, machten die Beobachter hinter den Kulissen ihre Arbeit: die Lobby der Plastik- und Chemieindustrie auf der einen Seite, die Nicht-Regierungsorganisationen auf der anderen Seite. Clara Schlösser und ihrer Organisation ging es vor allem um den Schutz der Gesundheit und ein nachhaltiges Gesundheitssystem. Während das Thema bei den letzten Verhandlungen in Südkorea fast gar keinen Anschluss gehabt habe, gebe es jetzt doch eine positive Entwicklung. "Wir haben es geschafft, über die Verhandlungen das Thema Gesundheit relativ gut zu positionieren. Wir hatten am Ende einen Vorschlag, der von 120 Ländern unterstützt wurde. Daran können wir weiterarbeiten. Aber auch beim Thema Gesundheit gab es Länder, die das nicht im Vertrag wissen wollten."
Auch wenn die großen Verhandlungen in Genf gescheitert sind, lohne es sich, weiterzuverhandeln, findet Clara Schlösser - allerdings in einem anderen Rahmen. "Es kann sein, dass dieser Prozess aus dem UN-Komplex rausgeht und in einer anderen Form weitergeht. Es gibt eine Chance, dass nur die Länder der Willigen sich zusammentun. Wir haben über 120 Länder, die progressiv sind und etwas gegen die Plastikverschmutzung machen wollen und die haben sich enger koordiniert. Es gibt eine Chance, dass diese sich zusammentun und einen internationalen Vertrag abschließen."
Wann das sein wird, kann im Moment niemand sagen. Clara Schlösser wird ihr Engagement für die Gesundheit auf jeden Fall von Brüssel aus fortsetzen.
Michaela Brück
Auch wenn die Verhandlungen gescheitert sind, so hatten alle Teilnehmer an dieser Tagung doch ein paar schöne Tage in Genf. Nicht jeder hat die Möglichkeit, auf Kosten des Arbeitgebers nach Genf zu reisen...
Nichtregierungsorganisation "Health Care Without Harm" hört sich gut an, insinuiert Unabhängigkeit und Gemeinwohl. Schaut man jedoch hinter die Kulissen findet man dies: "Im Laufe unserer Geschichte kam die Finanzierung von HCWH Europa von Stiftungen, der EU-Kommission, nationalen Gesundheits- und Umweltministerien in Europa sowie von Einzelspenden von Unterstützern." Liest sich schon anders, EU Kommission sowie diverse Ministerien sind nach meinem Verständnis keine "Nichtregierungsorganisationen". Höchste Zeit dass in diesem völlig intransparenten Gestrüpp der NGO aufgeräumt wird. Von wegen "unabhängig von der Politik...."
Solange es keine Abkommen gibt, hat die NGO von Frau Schlösser eine Daseinsberechtigung. Gibt es ein Abkommen, muss nach einem neuen Daseinsgrund gesucht werden, damit verbunden auch die Suche nach neuen Geldgebern. Und findet man keine Probleme, so werden eben welche künstlich zusammen konstruiert. NGOs sind ein Wirtschaftszweig genau wie die Nahrungsmittelindustrie oder die Rüstungsindustrie.