Vor wenigen Tagen hat die DG die abschließenden Zahlen zum Tourismus 2024 veröffentlicht. Fazit: Der Branche in Ostbelgien geht es gut. Die Besucherzahlen sind stabil und die Übernachtungszahlen auch. Auch wenn die Zahlen 2024 nicht ganz an das Rekordjahr 2023 heranreichen, blicken die Akteure insgesamt positiv in die Zukunft.
Bei genauerem Hinsehen fällt allerdings auf, wie konzentriert der Tourismus bei uns ist. Kommen allgemein knapp drei Touristen auf einen Einwohner, sind es beim Spitzenreiter Bütgenbach über zehn. Bürgermeister Daniel Franzen sieht die zahlreichen Besucher daher manchmal mit gemischten Gefühlen. "Einerseits freut es uns sehr, aber es ist auch mit Vorsicht zu betrachten, denn man muss das alles ja auch in Einklang mit der Bevölkerung bringen und das ist eine Herausforderung, die wir angehen müssen."
Klar, denn wer arbeitet, wo andere Urlaub machen, will - etwas zugespitzt gesagt - nicht um zwei Uhr nachts noch die Klassiker der letzten 20 Jahre in seinem Bett mitsingen können. Außerdem wird durch zu viele Ferienunterkünfte an einem Ort der Wohnraum für Einheimische knapper und teurer. Zu viele Touristen beeinträchtigen zusätzlich den sozialen Zusammenhalt im Dorf.
Solche Probleme entstehen vor allem da, wo es immer mehr Ferienwohnungen gibt. Genau das ist der Sektor, der in der DG in den letzten Jahren förmlich explodiert ist. 2019 gab es in der DG 318 Unterkünfte, 2024 waren es 569. Der Anstieg sei "fast ausschließlich auf Ferienwohnungen zurückzuführen", schreibt dazu das DG-Statistikportal.
Es geht noch weiter, denn hinter den registrierten Wohnungen steckt auch eine Dunkelziffer von Angeboten. Eine schnelle Suche online zeigt, dass in den neun DG-Gemeinden wesentlich mehr Unterkünfte angeboten werden, als die offizielle Statistik angibt. Ein Problem, das für Tourismusminister Gregor Freches dringend angegangen werden muss "Natürlich gibt es immer wieder Ausreißer und die müssen wir natürlich finden und ihnen sagen, ihr müsst euch registrieren."
Diese unregistrierten Unterkünfte machen es schwer, einen genauen Überblick über die Situation zu bekommen. Sie sind auch ein Schlag ins Gesicht für die Anbieter, die sich an die offiziellen Regeln halten und sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen, um Qualität und Sicherheit ihrer Wohnungen zu gewährleisten. Zuletzt verzerren sie auch das Bild der Wohnraumsituation einer Gemeinde. Deshalb fordern einige Bürgermeister in der DG, dass es im neuen Raumordnungsgesetzbuch striktere Regeln gibt, die den Gemeinden mehr Handhabe über die Genehmigung von Ferienwohnungen geben.
Eine Möglichkeit der Regulierung ist eine Quote für Ferienwohnungen. Sie könnte sicherstellen, dass der Wohnraum für Einheimische geschützt wird, indem eine maximale Anzahl von Ferienwohnungen pro Dorf oder Gemeinde festgelegt wird. Minister Freches steht der Idee prinzipiell offen gegenüber.
"Wir haben schon dekretal die Möglichkeit gegeben: Jede Gemeinde kann die Anzahl der Ferienwohnungen begrenzen. Das ist aber eine Frage des Könnens und nicht des Müssens. Und es muss eine dekretale Vorgabe gegeben werden, wie viele Parameter wenden wir an, um dann auch zu definieren: In dem Dorf gibt es überproportional viele Ferienwohnungen. Denn wir dürfen es nicht erlauben, dass wir mehr Ferienwohnungen als Wohneinheiten in einem Dorf vorfinden."
Minister Gregor Freches steht den Forderungen der Gemeinden offen gegenüber, erinnert aber auch an die positiven Effekte des Tourismus, der Arbeitsplätze schafft und die regionale Wirtschaft antreibt.
Da ist auch schon das Dilemma: Das Thema Tourismus ist für Politiker eine Gratwanderung zwischen dem Wunsch nach wirtschaftlicher Entwicklung und dem "Schutz" der eigenen Bevölkerung und ihres Lebensraums. Das gibt auch Minister Freches offen zu. "Eigentlich habe ich zwei Herzen in meiner Brust schlagen, denn ich bin auch Minister für ländliche und für Dorfentwicklung und wir wissen alle, dass wir unsere Dörfer beleben müssen, damit sie attraktiv für unsere hiesige Bevölkerung bleiben. Allerdings gehört auch der wirtschaftliche Faktor dazu und hier glaube ich, dass der Tourismus auch nützlich sein kann, um das Leben im Dorf zu erhalten."
Anne Kelleter