Von null auf hundert war es nicht. Vielmehr hatte die PDG-Abgeordnete Mechtilde Neuens schon beim Bürgerdialog politische Luft geschnuppert. "Die Teilnahmen an der Bürgerversammlung und später im Bürgerrat haben mir effektiv den Einstieg erleichtert. Gewisse Abläufe in den Ausschüssen waren mir doch bekannt, wir hatten im Laufe der Zeit Kontakt mit den Politikern, wenn es darum ging, dass Empfehlungen aus dem Bürgerdialog umgesetzt werden."
Allerdings hat ihr das Arbeitspensum als Abgeordnete dann doch gehörigen Respekt eingeflößt. "Als Newcomerin würde ich sagen: Ich bin nach dem ersten Jahr angekommen. Das war nicht immer so. Nehmen wir zum Beispiel Ende des letzten Jahres, da habe ich zwei Farden mit 700 Seiten Haushaltsfibel nach Hause getragen. Wir hatten die Haushaltsdebatte, ein Programmdekret mit über 200 Artikeln, einen Antrag vor dem Staatsrat, eine 'Stand-Still-Verpflichtung' ... da kommt man als Neuling ganz schön ins Schwitzen."
Innerhalb der dreiköpfigen SP-Fraktion übernahm Mechtilde Neuens das effektive Mandat im Ausschuss IV für Gesundheit und Soziales. Das Thema Seniorenpflege liegt ihr - wie schon beim Bürgerdialog - besonders am Herzen, aber auch die Frage nach bezahlbarem Wohnraum, die sie im Herbst im PDG zur Sprache bringen werde. "Jeder fokussiert sich auf seine Themen. Im Hintergrund haben wir aber auch einen nicht zu unterschätzenden Ratgeber in der Person von Karl-Heinz Lambertz, der ehrenamtlich im Fraktionssekretariat mitarbeitet und uns mit seiner großen Erfahrung zur Seite steht."
Inzwischen musste Mechtilde Neuens auch bei allgemeinen politischen Themen häufiger den Standpunkt der SP-Fraktion vertreten, wie zuletzt noch im Rahmen der ersten Haushaltsanpassung. Die Ende des vorigen Jahres getätigten Vorauszahlungen an die Gemeinden oder die Wohn- und Pflegezentren für Senioren bezeichnete sie in der Kritik an die Regierung als "Haushaltstrick". "Und es ist nicht mal gerade mal so ein Trick, der sich wieder auflöst. Es hängt eine langfristige Planung daran. Der Haushaltspfad baut darauf auf und das birgt in meinen Augen ein Risiko. Im schlimmsten Fall es zu einem finanziellen Desaster führen. Die Schuldenlast der Deutschsprachigen Gemeinschaft liegt jetzt bei 1,3 Milliarden. Das ist für eine kleine Gemeinschaft mit 80.000 Einwohnern schon eine große Nummer."
Kritisch sieht die SP-Abgeordnete, die nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass sie aus einem liberal geprägten Elternhaus kam, wie die neue Föderalregierung ihre Arbeitsmarktreform anlegt. "Inwiefern werden die Menschen aufgefangen, die irgendwann auf der Straße stehen? Die wenigsten sind Leute, die 'vom System profitiert' haben. Es sind Leute, die ihre Arbeit verloren haben. Und da muss man schauen, wenn die föderale Ebene nicht mehr aufkommt für diese Leute und die Folgen auf die Teilstaaten zukommen, sprich: Deutschsprachige Gemeinschaft und Gemeinden, dann braucht es Begleitmaßnahmen." Und das will Mechtilde Neuens mit ihrer SP-Fraktion auch bei anderen sozialen Themen im Auge behalten.
Ausführliches Radio-Interview mit Mechtilde Neuens im Player:
Stephan Pesch