Die beiden PDG-Abgeordneten Ralph Schröder (PFF) und Andreas Jerusalem (Ecolo) hatten das Thema aufs Tapet gebracht und ihre Fragen an Minister Jérôme Franssen gerichtet. Der Minister räumte ein, "dass die angekündigten Reformen weitreichende Auswirkungen auf die Deutschsprachige Gemeinschaft haben werden. Dies gilt für die Öffentlichen Sozialhilfezentren, da die Personen, die vom Arbeitslosengeld ausgeschlossen werden, einen Antrag auf Eingliederungseinkommen beim ÖSHZ stellen können. Dies gilt auch für das Arbeitsamt, das seine Prozesse zur Wiedereingliederung der Arbeitsuchenden in den Arbeitsmarkt an diese neuen Gegebenheiten anpassen muss".
Allerdings könnten "noch keine definitiven Schlüsse gezogen werden" und gelte es zwischen den Reformvorhaben (etwa für Arbeitslose oder Langzeitkranke) zu differenzieren, so Franssen. Der Föderalstaat habe aber eine Kompensation in Aussicht gestellt. "Damit eine Kostenneutralität aus Sicht der Deutschsprachigen Gemeinschaft, der Gemeinden und ÖSHZ erreicht werden kann, muss diese Kompensation nicht nur die Kosten beim Eingliederungseinkommen abdecken, sondern ebenfalls den zu erwartenden Mehraufwand in der Begleitung der Personen."
Hier hakte Kirsten Neycken-Bartholemy (SP) ein: "Sie sagen, der Föderalstaat wird eine Kompensation vornehmen und Sie werden weiterhin im Dialog mit der Föderalregierung sein. Ewarten Sie eine Erhöhung der Dotation?"
Für die Vivant-Fraktion begrüßte Elena Peters die Reform ebenso grundsätzlich wie vorher Ralph Schröder für die Liberalen: "In unseren Augen ist diese Reform längst überfällig und es gab da große Versäumnisse bei den Vorgängerregierungen. Ich finde es ehrlich gesagt eine Unverschämtheit gegenüber den Arbeitern und den Angestellten, die das alles mitfinanzieren müssen, dass Ecolo und auch die PS dieses einmalige System in Europa noch immer verteidigen."
Für ProDG unterstrich Liesa Scholzen als Ausschussvorsitzende, "dass es wichtig ist, dass Sie sich, Herr Minister, dafür einsetzen, dass eine Sparmaßnahme nicht auf dem Rücken der ÖSHZ und der Gemeinden ausgetragen wird. Ich denke schon, dass Hoffnung besteht, Einsparungen vorzunehmen. Wir wissen aber auch, dass eine Umschichtung oder eine Verlagerung des Problems von Arbeitslosengeld zu Eingliederungseinkommen ohne Begleitung durch die Dienste, denen diese Arbeit dann zufällt, nicht zielführend ist."
Darum müsse die Reform in Zusammenarbeit mit den Akteuren begleitet werden, nicht zuletzt auf der Grundlage des in der vergangenen Legislatur verabschiedeten Vermittlungsdekrets. Minister Franssen kündigte an, "eine operationelle Koordinationszelle" einzurichten, in der ein regelmäßiges "Monitoring" zur Reform des Arbeitslosengeldes erfolgen könne.
Der Fragesteller Andreas Jerusalem gab abschließend zu bedenken: "Ich möchte nicht die Bemühungen der Deutschsprachigen Gemeinschaft kleinreden. Ganz und gar nicht. Aber in der Hinsicht wird einiges an Weg vor uns liegen. Und solange das nicht passiert ist, passiert vor allem eins: Arme Leute werden ärmer. Und der Druck auf diese Leute, auf Langzeitkranke, auf Arbeitslose, auf Arbeitssuchende und auf die wenigen Prozent Arbeitsverweigerer, die wir vor allem von RTL II kennen, wird deutlich erhöht. Aber der echte Arbeitslose, den wir aus unserem Alltag hoffentlich alle irgendwo kennen, der steht erst mal mit Fragezeichen vor dem nächsten Jahr, vor einem großen Berg an Fragezeichen."
Stephan Pesch