Wie vermitteln Schulen am besten politische Bildung? Na, Hauptsache, sie tun es. Das ist im Kern die Schlussfolgerung eines kurzen Austauschs im PDG-Ausschuss für Unterricht zu diesem Thema. Anlass war ein Artikel im Rahmen der Aktion "Journalist für einen Tag".
Die SP-Fraktion hatte den Beitrag der Abiturienten der Pater-Damian-Schule vom 26. März aufgegriffen. Demnach beabsichtigt die PDS, ein eigenes Unterrichtsfach für politisch-demokratische Bildung einzuführen. Stellvertretend für Kirsten Neycken-Bartholemy fragte ihr Fraktionskollege Björn Klinkenberg darum den Bildungsminister: "Wären Sie bereit, Modellprojekte wie jenes der PDS durch Schaffung der gegebenenfalls notwendigen administrativen Voraussetzungen aktiv zu unterstützen, um daraus bestenfalls konkrete Schritte für ein umfassendes Angebot abzuleiten?"
Minister Jérôme Franssen bestätigte, dass es einzelnen Schulen wie der PDS möglich sei, eigenverantwortlich modellhafte Initiativen zu entwickeln. Er selbst halte ein einziges Schulfach für politische Bildung aber für nicht zielführend. "Wir sollten politische Bildung nicht isoliert betrachten, sondern in möglichst vielen Fächern integrieren. Ein fächerübergreifender Ansatz ist der bestmögliche, um unseren Schülern auf einer ganzheitlichen Ebene Kompetenzen zum Verständnis und Umgang mit politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen zu vermitteln."
Franssen sprach von einem "Querschnittsauftrag", räumte aber ein, dass die Umsetzung derzeit von Schule zu Schule und von Lehrer zu Lehrer stark abweichen könne. Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft werde darum einen verbindlichen Rahmenplan vorlegen. "Dieser soll sicherstellen, dass politisch demokratische Bildung in allen Schulen gleichermaßen gefördert wird, um so allen Schülern ein gemeinsames Fundament an gesellschaftlichen und politischen Werten zu vermitteln und sie zu einem kritischen Blick zu befähigen, was Schule auch ohnehin heute schon tut."
Der Fragesteller nahm das zur Kenntnis, wollte aber noch einmal betonen, "dass dieser Ansatz zwar auf dem Papier relativ gut klingt, aber in der Praxis häufig zu unverbindlich bleibt. Die Rückmeldungen von Schülern oder von Jugendorganisationen sprechen eine klare Sprache. Der Bedarf ist auf jeden Fall da und die bisherigen Strukturen reichen leider nicht aus", betont Klinkenberg.
Dass Bedarf da sei, bestätigte auch die Ausschussvorsitzende Liesa Scholzen (ProDG). "Allerdings ist politische Bildung auch mehr als einfach nur ein Verständnis des politischen Systems. Das gehört natürlich dazu. Aber politische Bildung ist weit mehr als das. Gerade wenn man kritisches Denken fordert, sich eine Meinung zu bilden zu gewissen Dingen, die Gesellschaft zu verstehen. Da gibt es ganz viele Aspekte, die dann auch die Aktualität betreffen, die sehr wohl Einzug halten können in Fächer, die aktuell existieren."
Der Ecolo-Abgeordnete Andreas Jerusalem warf ein, dass es in dieser Frage nicht um ein "Entweder-oder" gehen müsse. "Wir müssen den Schulen endlich die Freiheit geben, sich in einem von ihnen gesteckten Rahmen intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Das muss nicht unbedingt ein eigenes Fach sein, es müssen nicht unbedingt fächerübergreifende Lösungen sein. Es kann an dem einen Standort so funktionieren, an dem anderen so. Diese Freiheit scheinen sich die Schulen im Moment aber noch nicht zu nehmen oder nicht nehmen zu können. Da muss man, glaube ich, mal den Knoten lösen und das dann mit Sicherheit weit über das Fach Politische Bildung hinaus."
Die CSP-Abgeordnete Steffi Pauels ging noch einen Schritt weiter. "Wenn wir Schule neu denken, sollten wir von diesem starren Prinzip von 50-Minuten-Stundenplan-Logik weg und mehr hin zu einer Projektarbeit, zu fächerübergreifenden Arbeiten. Und das im Idealfall nach den Interessen der Schüler. Wir haben es in der Diskussion mit den Schülerräten gesehen: Die Vorstellungen, was politische Bildung bedeutet und was für jeden einzelnen Schüler wichtig ist, gingen sehr weit auseinander."
Das Fazit des Unterrichtsministers: "Ich denke mal, wir sind uns darin einig, dass es einmal um mehr politische Bildung geht und zweitens um müssen ..." Die politische Meinungsbildung zum Thema innerhalb des PDG dürfte damit aber noch nicht abgeschlossen sein.
Stephan Pesch