Weihnachten 1944 fielen amerikanische Bomben auf Malmedy, obwohl die Stadt bereits durch US-Truppen befreit worden war. Fast die Hälfte der Häuser wurde zerstört. Mehr als 200 Zivilisten kamen ums Leben, darunter auch 66 Flüchtlinge aus den evakuierten deutschsprachigen Ortschaften.
"Das passierte im Kloster. Dort sind Bomben gefallen", erinnert sich die heute 91-jährige Zeitzeugin Maria Gentges. "Im Keller waren 40 Tote. Das war ein furchtbarer Moment. Man hat um sein Leben gekämpft, um aus dem Keller zu kommen. Es waren bestimmt 200 Leute dort. Aber meine Waffe ist, zu beten."
Zwölf Jahre war Maria Gentges damals. Ihre Mutter war schon verstorben, der Vater im Krieg. Mit ihrem Bruder hat sie die Bombennächte an Weihnachten 1944 erlebt. "Ich habe nichts vergessen. Für mich war es sehr schwer. Wir haben hier drei Wochen wie die Tiere gehaust. Wir konnten nicht nach Hause. Der Regen fiel ins Haus, wir hatten keine Fenster. Also haben wir hier am Berg Schutz gesucht."
Maria Gentges hat oft von den Ereignissen erzählt - auch als Zeitzeugin in Schulen. Ihr war aber immer wichtig, nicht nur von den furchtbaren Erlebnissen zu berichten, sondern auch von den positiven Erfahrungen. "Auch in diesen Momenten hat man liebe Leute um sich. Die jungen Frauen, die uns behütet haben, die waren 'extraordinaires', das war wunderbar. Immer wieder haben Menschen aus ihren bombardierten Häusern Nahrung geholt und mit uns im Bunker geteilt. Auch das kann man im Krieg sehen: Die Menschen sind großherzig."
Auch das ist ein Weg für sie, mit dem Kriegstrauma der Kindheit umzugehen. "Ich bete viel für die Leute, die nicht mehr dabei sind. Meine Schulfreundinnen sind umgekommen neben uns im Keller. Wenn man so jung ist, meint man: So ist das Leben. Man fragt sich nicht sehr viel. Man hat kalt. Man hat Hunger, und es ist mal eben so ..."
Kinder durch diese schwere Zeit zu bringen, sei für die Erwachsenen eine schwierige Aufgabe gewesen, sagt Maria Gentges heute im Rückblick. "Das war eine schwere Zeit, auch die Nachkriegszeit. Der eine war von rechts, der andere von links. Das war für unsere Eltern und für die, die uns behütet haben, schwer."
Und wie geht sie heute mit dem Trauma um? Nicht nur und immer wieder auf das Drama schauen, sondern auch das Gute und Versöhnende sehen - das war und ist die Lebensdevise der heute 91-Jährigen. "Das gehört zu unserer Geschichte. Es ist gut, dass das in den Schulen besprochen wird. Ich freue mich, dass heute so viele gekommen sind. Auch eine Delegation aus Amerika. Wir haben ihnen Dank auszusprechen. Dass man jetzt die Stadt sieht voller Licht, das macht mir große Freude."
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Michaela Brück