Vor vier Wochen, da liefen die Verhandlungen im Sektorenausschuss noch, hatte der Ecolo-Abgeordnete Andreas Jerusalem das Thema zum ersten Mal im Ausschuss III angekartet. Nun wollte er wissen, worauf sich das Personal im Unterrichtswesen einstellen müsse. "Ich möchte vorwegschicken, dass wir nicht einverstanden sind, dass beim Personal des Unterrichtswesens gespart wird."
"Es gibt einen akuten Lehrermangel und die Regierung spricht immerzu von der Aufwertung des Lehrerberufs. Dennoch kürzt sie den Lehrpersonen das Gehalt. Das können wir nur sehr schwer nachvollziehen. Ebenso gestaltet es sich für das Personal des öffentlichen Dienstes. Auch hier sind wir der Meinung, dass Einsparungen vermieden werden müssten", so Jerusalem.
Klar ist inzwischen, dass diese Einsparungen erreicht werden sollen, indem der variable Teil der Jahresendprämie ab 2025 ausgesetzt wird, "bis auf Weiteres", wie CSP-Unterrichtsminister Jérôme Franssen im Ausschuss erklärte. "Diese Entscheidung wurde nach mehreren Verhandlungsrunden im Sektorenausschuss, dem Verhandlungsgremium für den öffentlichen Dienst und das Unterrichtswesen, getroffen, nachdem zwei von drei Gewerkschaftsorganisationen ihre Zustimmung gegeben haben, auf dieser Grundlage den sozialen Frieden zu bewahren. Das bedeutet, keine Streikaktionen zu organisieren."
Franssens Parteikollegin Steffi Pauels stand ihrem Minister insofern bei, als sie darauf pochte "dass wir jetzt Verantwortung übernehmen, um die beschriebene Situation zu stabilisieren, indem wir über Sparmaßnahmen diskutieren. Dass das auch unangenehme Entscheidungen mit sich bringt, ist klar. Es wäre fadenscheinig zu behaupten, dass es ohne ginge."
Erwartungsgemäß ging Alain Mertes von Vivant mit der Regierung härter ins Gericht. "Ich kann den Frust der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst und auch der Lehrerschaft sehr gut nachvollziehen. Das schmälert nicht unsere Aussage, dass eine Effizienzsteigerung im öffentlichen Dienst oder auch im Unterrichtswesen möglich und nötig ist. Aber diese Sparmaßnahmen sind nun mal das Ergebnis auch der Haushaltspolitik der letzten Jahrzehnte der Regierung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft."
Die SP-Abgeordnete Kirsten Neycken-Bartholemy stellte sich ihrerseits die Frage, "wie man von einer sozialverträglichen Lösung sprechen kann, wenn circa 70 Prozent des variablen Teils der Endjahresprämie gestrichen wird. Das trägt meiner Meinung nämlich nicht zur Aufwertung der verschiedenen Berufsgruppen bei, weil trotzdem auch das Gehalt immer eine Rolle spielt. Und für einige Betroffene bedeutet dies auch, den Gürtel enger zu schnallen, weil sie eben abhängig sind von dieser Jahresendprämie."
Neycken-Bartholemy sah auch nicht "in naher Zukunft", dass sich die von Regierung und Gewerkschaften beschworenen neuen Spielräume auftäten. Mit Andreas Jerusalem war sie sich einig, dass die nun betroffenen Personalmitglieder nicht noch zusätzlich von Sparmaßnahmen auf föderaler Ebene betroffen sein dürften.
"Von daher kann ich nur noch mal unterstreichen, dass wenn es zu solchen Forderungen seitens des Föderalstaats kommt und diese obendrauf gestülpt werden sollten, es mir auch viel zu einfach wäre zu sagen: Wir haben hier gespart, jetzt kommen die anderen dazu. Nein, in dem Fall muss man sich meiner Meinung nach ganz klar neu hinsetzen und neu bewerten, wie sich die Situation verändert. Denn sonst ist es auch viel zu einfach, dem anderen wieder den schwarzen Peter zuzuschieben, weil man hier schnell reagiert hat", so Jerusalem.
Stephan Pesch
Zur Aussage von Kirsten Neycken-Bartholemy: Sie hat sich in der zitierten Passage versprochen. Der variable Teil der Endjahresprämie entfällt nicht zu 70 % sondern vollständig. Das entspricht jedoch bis zu 70 % der gesamten Jahresendprämie.
Diese Maßnahmen sind eine Frechheit den Lehrern gegenüber. Die einzig mögliche Antwort darauf müsste lauten: unbefristeter Streik!