Es ist ein Thema, das vielen Familien unter den Nägeln brennt: War es früher nur das Fernsehen, das Eltern vor die Fragen "wann, was, wieviel" stellte, sind es jetzt die digitalen Medien, die einen großen Teil des Alltags beherrschen. "Handy, Smartphone, Tablet - digitale Geräte üben auf Kinder eine unglaubliche Faszination aus", erklärt Kaleido-Direktor Manfred Kohnen. "Außerdem haben Eltern unglaublichen Druck und Stress. Beide sind berufstätig. Da ist es manchmal verlockend, zu sagen: Schau mal eine halbe Stunde Smartphone oder Tablet."
Diese Erfahrungen haben Kaleido zu einer Sensibilisierungskampagne veranlasst. Dabei gehe es nicht darum, Menschen mit erhobenem Zeigefinger zu bevormunden und erst recht nicht darum, das Handy zu verbieten, betont auch Sozialminister Antoniadis. "Es geht darum, zu sagen: Es wäre gut, eine Balance zu finden zwischen dem Nutzen des Smartphones und der Familienzeit. Schaffen wir Freiräume, wo man nicht mit dem Smartphone beschäftigt ist, sondern mit der Familie."
In die Kampagne sind die Primarschulen eingebunden. Sie erhalten Plakate, Faltblätter für die Kinder und Aufsteller für zu Hause, die daran erinnern, das Handy auch mal beiseite zu legen. Die Kinos in Büllingen und Eupen machen auch mit. Dort werden vor den Filmen Videoclips zum Thema handyfreie Zeit gezeigt.
Aber auch die breite Öffentlichkeit soll aufmerksam gemacht werden, erklärt Nicole Heinrichs von Kaleido. "Wir haben eine große Plakataktion organisiert und schreiben Ärzte an, Ergotherapeuten, Kinesitherapeuten, Logopäden, aber auch Friseursalons und Tante-Emma-Läden. Überall dort, wo Eltern mit ihren Kindern sind, warten und vielleicht das Handy auspacken würden, wollen wir sensibilisieren: Ich kann es auch sein lassen."
Für die neue Kampagne wurde auch eine eigene Internetseite eingerichtet: kaleido-familienzeit.be. Dort findet man auch praktische Tipps: "Da gibt es technische Einstellungen, um die Bildschirmzeit oder einzelne Apps zu kontrollieren oder einzuschränken."
Und in den Fällen, wo das Handy wirklich nötig ist, sollten Eltern mit ihren Kindern klar kommunizieren, rät Nicole Heinrichs. "Dann kann man dafür sorgen, dass man als Eltern nicht komplett in der digitalen Welt verschwindet, sondern die Kinder einbindet und erklärt, warum man gerade auf das Handy schaut."
Denn Erwachsene sind nicht weniger anfällig für eine übermäßige Nutzung des Handys. Sie sollten mit gutem Beispiel vorangehen, meint Kaleido-Direktor Manfred Kohnen. "Natürlich müssen Eltern Vorbild sein. Wenn ich als Eltern während des Essens selbst zigmal auf das Handy schaue und fünf Minuten danach ermahne ich das Kind, das Handy wegzulegen, mache ich mich unglaubwürdig. Die Kampagne richtet sich an alle. Denn auf die eine oder andere Art sind wir alle betroffen."
Michaela Brück