Seit 1993 bietet das Ostbelgienfestival Konzerte im Klassik-Bereich in der Region an, teils auch an besonderen Standorten. Wie wichtig war dir, war euch dieser Aspekt?
Mir ist er immer sehr, sehr wichtig gewesen und es war gerade in den ganz frühen 1990er Jahren auch unvermeidbar. Man muss sich immer zurückversetzen in die damalige Zeit. Es gab kein Triangel in St. Vith, es gab keinen Alten Schlachthof in Eupen. Es gab zwar das Jünglingshaus, aber es gab auch nicht das Kloster Heidberg. Das heißt, wir haben in den ersten Jahren die großen Sinfonieorchester, die die Bühne des Jünglingshauses sprengten, sprich mit einer Besetzung von 80 oder 90 Musikern, in Sporthallen veranstaltet.
Das allererste Konzert von Ostbelgienfestival hat im Oktober 1993 in der Sporthalle in Kettenis stattgefunden. Und viele erinnern sich sicher an die großen sinfonischen Abende im Sportzentrum in St. Vith. Übrigens ein Sportzentrum, das über eine hervorragende Akustik verfügte. Das ist wahrscheinlich gar nicht von den Architekten damals bewusst so angelegt worden, aber es war der Fall.
Und da mussten wir natürlich Ausweichlocations finden. Aber zu Beginn vor allem fand ich es immer spannend, auch in Kirchen und Kapellen Kammermusik-Konzerte anzubieten. Orte, die wir nach der Akustik ausgewählt haben, entsprechend dann dem Programm, das angeboten wurde. Und so haben wir auch viele Kapellen und Kirchen entdecken können. Und das war, wie du sagtest, auch immer eine logistische Herausforderung.
Das war aber natürlich spannend für die Besucher. Und ich stelle mir auch vor, ihr seid dann vorher immer alle Kapellen abgelaufen und habt irgendwie den Hall getestet.
In gewisser Weise ja. Du klatschst schon in die Hände. Das ist an sich die gängige Art, mal zu testen, wie lang ist eigentlich der Hall hier? Wir haben im letzten Jahr eine Umfrage gestartet bei unseren Freunden des Ostbelgienfestivals und überhaupt bei den Konzertbesuchern und unter anderem auch die Frage gestellt: "Möchtet ihr, dass wir wieder häufiger in Kirchen und Kapellen zugegen sind?" Und die Antwort war eher gespalten. Es war nicht so, dass eine Mehrheit sagte "Ja, bitte geht wieder in jene und die Kirche oder Kapelle". Sondern das Publikum hat sich auch daran gewöhnt, dass man zum Beispiel mit dem Kloster Heidberg einen wunderbaren Rahmen hat, den man anbieten kann als Konzertsaal, so dass es wahrscheinlich in den nächsten Jahren nicht mehr so häufig der Fall sein wird, dass man in diese Kirchen und Kapellen geht.
Obwohl, da möchte ich gleich schon verraten, dass wir in der Saison 2024 eine ganz verrückte neue Location bespielen werden. Denn vor einigen Monaten habe ich per Zufall das alte Schwimmbad in Kelmis entdeckt und das liegt brach in gewisser Weise. Und in diesem Schwimmbad werden wir Anfang Mai ein Konzert veranstalten.
Was wünschst du dir für das Ostbelgienfestival, für die Zukunft des Festivals?
Ich wünsche mir zwei Dinge. Zum einen, dass das Bewährte bewahrt wird, sprich dass die Veranstaltungen, die über die Jahrzehnte gewachsen sind, auch weiter im Programm zu finden sein werden. Aber ich würde mich auch sehr freuen, wenn man mich überraschen wird in den nächsten Jahren, dass Dinge auftauchen, an die ich vielleicht gar nicht gedacht habe und die dann eben auch Einzug halten in das Programm des Ostbelgien Festivals und wünsche mir natürlich auch, dass das Publikum weiter dem Festival die Treue hält.
Gudrun Hunold