Es war zweifellos einer der wichtigsten Momente in der politischen Laufbahn von Bruno Fagnoul: Am 30. Januar 1984 wurde er im Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft als Vorsitzender der neuen Exekutive vereidigt - also als erster Ministerpräsident. Die Pionierarbeit in der Regierung teilte sich der Liberale mit dem CSP-Politiker Joseph Maraite und Marcel Lejoly von der SP.
Im November 1986 wechselte der Vorsitz in einer nun aus CSP und PFF gebildeten Exekutive an Joseph Maraite. Bruno Fagnoul blieb Minister für Bildung, Ausbildung, Kultur und Medien, also auch für den BRF, für den es damals im wahrsten Sinne des Wortes um eine Standortbestimmung ging.
Wegen seiner Sorgfalt und Präzision wurde der frühere Grundschullehrer und Schulleiter Bruno Fagnoul in politischen Kreisen mal als "der Erbsenzähler" beschimpft, mal bescheinigte ihm die Opposition, dass er der Einzige sei, der arbeite - wie es Peter Thomas später in einem Interview ansprach, als Bruno Fagnoul im November 1990 aus dem Ministeramt schied: "Ich glaube, ich kann meinerseits sagen, dass wir eben in diesen Jahren einen wichtigen Aufbau gestaltet haben. Und ich bin eigentlich glücklich und auch zufrieden, diesen Aufbau mitgestaltet zu haben."
In seine Fußstapfen als Minister folgte ihm Bernd Gentges nach. "Wir waren beide zuständig für die Ausbildung, für die formelle Ausbildung, noch ehe wir das Unterrichtsministerium übernommen haben. Und das habe ich dann alles von ihm übernommen", erinnert sich Gentges.
"Er war ja auch eigentlich der erste Unterrichtsminister, nach der Übernahme während einem halben Jahr, viel länger war das nicht. Aber das hat ihn doch ausgezeichnet, dass er sich für die Bildung immer eingesetzt hat, das war sein A und O."
Bürgermeister der Gemeinde Raeren
Von 1989 bis Ende 2000 war Bruno Fagnoul Bürgermeister der Gemeinde Raeren. In diese Zeit fiel am 18. Juni 1995 die verheerende Explosion an der Fina-Tankstelle in Eynatten, bei der 16 Menschen ums Leben kamen. "Ich selber war bei einem Jubiläumsfest des Marienheims Raeren, wurde dort abgerufen", erzählte Bruno Fagnoul im Nachhinein. "Ich kam hierher, und dann können Sie sich vorstellen, wie viele schwere Stunden die Verantwortlichen, auch die Hilfsdienste, die Feuerwehr hier schon erlebt haben."
Mit viel Feingefühl und ausgesprochen souverän meisterte Bruno Fagnoul die große Herausforderung, die in diesen Tagen auf ihn als Bürgermeister zukam. "Das hat mich damals sehr beeindruckt", so Gentges, "mit welchem Einsatz einerseits, aber auch mit welcher Übersicht er das Ganze gemanagt hat. Er hat sich trotz des großen Schmerzes, den er auch in sich trug, das hat man gemerkt, doch sehr bewährt in dieser Krisensituation. Das habe ich wirklich an ihm bewundert damals."
Der heutige Raerener Bürgermeister Jérôme Franssen nennt einige Projekte aus der Amtszeit von Bruno Fagnoul. "Da ist zum einen der Bergscheider Hof. Des Weiteren ist eine Volksbefragung gemacht worden, damals zum Golfplatz und zum Center Park. Die Schule Eynatten ist damals komplett umgebaut worden, die Modernisierung des Kindergartens Raerens ist gemacht worden."
Sein vor zwei Jahren verstorbener Weggefährte Joseph Maraite zitierte Bruno Fagnoul, auf den er große Stücke hielt, gerne mit dem Ausspruch, in diesem oder jenem Fall habe man es mit "geschulten Leuten" zu tun. Auf Bruno Fagnoul traf das zweifellos zu.
Stephan Pesch