Es herrscht Katerstimmung im Europaviertel von Straßburg. Das EU-Parlament hat ein Gesetz gekippt, das eine Halbierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in der EU zum Ziel hatte. Nun schieben sich linke, grüne und rechte Fraktionen gegenseitig den "schwarzen Peter" zu. Denn grüne sowie extrem rechte und linke Fraktionen haben gegen einen Kompromiss gestimmt - und damit gleich die ganze Verordnung gekippt.
Der Kompromiss sah unter anderem vor, dass erst ab 2035 der Einsatz von Pestiziden deutlich reduziert werden muss, also fünf Jahre später als im Ursprungstext vorgesehen. "Mit der Pestizid-Verordnung hätte man die Chance gehabt, tatsächlich 50 Prozent sämtlicher Pestizide in Europa zu reduzieren", sagt der ostbelgische EU-Parlamentarier Pascal Arimont. "Wir sind übrigens die einzigen in der Welt, die das machen. Und das hat man dann nicht gewollt. Das ist nicht die Schuld derer, die für Landwirtschaft plädieren, sondern das ist die Schuld derer, die sagen, das ist zu wenig."
Tatsächlich waren vor allem die Grünen gegen den Kompromiss zu Felde gezogen. Sie sahen darin eine Aushöhlung der Zielsetzung, eine zu kleine Lösung. Eine machbare Lösung nennt das Pascal Arimont, der wie seine Kollegen in der konservativen Fraktion des EU-Parlamentes am Donnerstag für den Kompromiss gestimmt hatte. Dabei geht es nicht alleine um eine Jahreszahl.
"Ich bin auch dafür, dass wir Pestizide reduzieren", betont Arimont. "Wir müssen es aber so gestalten, dass es machbar ist. Wir müssen die Lebensmittelsicherheit in Europa garantieren, denn die Pflanzenschutzmittel haben ja auch den Zweck, die Pflanzen zu schützen, so dass sie Ertrag bringen können. In dem Text der Kommission stand zum Beispiel, dass man keinen Kupfer mehr beim Weinanbau hätte einsetzen können. Da sagen selbst die Bio-Weinbauern im Ahrtal: 'Wenn das so durchkommt, dürfen wir keinen Wein mehr anbauen'."
Ein anderes Beispiel: Die Verordnung definiert "sensible Gebiete", in denen zum Beispiel aufgrund der Biodiversität oder des Wasserschutzes gar keine Pestizide mehr eingesetzt werden sollen.
"Die Definition, die im Text stand, war dergestalt, dass man zum Beispiel in ganz Flandern nicht eine Kartoffel, nicht einen Apfel mehr hätte anbauen können. Da haben wir auch gesagt, lasst uns das bitte so tun, dass man sehr sensibel mit diesen Gebieten umgeht, aber doch noch eine landwirtschaftliche Aktivität dort möglich sein kann. Ich glaube, der gesunde Menschenverstand gibt mir recht, wenn ich sage, dass es nicht klug wäre, in Flandern Apfelproduktion zu verbieten, aber Äpfel aus Neuseeland zu importieren, die mit sehr viel Pestiziden hergestellt werden."
Auch weitere Verhandlungen hat das Parlament abgelehnt. Egal also, welchen Weg man nun wählt, um den Einsatz von Pestiziden in Europa deutlich zu reduzieren - es wird dauern, bis ein neuer Text, eine neue Regelung greift. Möglicherweise später als 2035.
Gudrun Hunold
Fünf Portionen Gemüse oder Obst pro Tag. Mit der Entscheidung reduziere ich gerne auf 1 Portion.
Die Umwelt wird auch begeistert sein... 😢 🙈.