Die Preisverleihung wird am Sonntag um 15 Uhr im Rathaus stattfinden. Stand Montag werden die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und Mateusz Morawiecki, der polnische Ministerpräsident, kommen und Reden halten. "Wir werden in irgendeiner Form auch mit einer ukrainischen Präsenz rechnen können. Entweder ist diese Präsenz physisch, sei es durch den Präsidenten oder einen Hohen Repräsentanten, oder aber digitale Zuschaltung", sagt Jürgen Linden, Vorsitzender des Karlspreisdirektoriums.
Seit mehreren Jahrzehnten wird der Karlspreis in Aachen vergeben. In diesem Jahr steht die Ukraine und ihr Abwehrkampf im Vordergrund – als Zeichen der europäischen Einheit. "Die Ukrainer gehören zur europäischen Völkerfamilie, und deshalb verteidigen sie auch ein Stück unsere Gesellschafts- und Sicherheitsordnung. Ein Stück weit auch unsere europäischen Werte, die letztlich uns alle betreffen."
Es werden aber auch kritische Stimmen vor Ort sein. Momentan sind sechs Demonstrationen angemeldet. "Es gibt bei jeder Preisverleihung kritische Stimmen, und das ist auch das gute Recht im Rahmen der freien Meinungsäußerung, die wir Gott sei Dank in unserem Land haben. Aber wir versuchen, mit der Karlspreisverleihung auch die kritischen Stimmen zu überzeugen."
Weder Polizei noch Veranstalter wissen, ob Wolodymyr Selensky kommen wird oder nicht. Die Polizei trifft alle Vorkehrungen, um eine sichere Veranstaltung gewährleisten zu können. "Wir haben einen Präsidenten als Preisträger, der aus einem Kriegsgebiet kommt. Wir haben eine angespannte Lage in Europa. Und wir haben einen Preisträger, der persönlich bedroht wird von einer Nation und ihren staatlichen Institutionen. Das ist eine besondere Herausforderung", sagt Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach.
Das Sicherheitsaufgebot werden Anwohner und Besucher definitiv zu spüren bekommen. "Wenn Präsident Selenskyj tatsächlich kommen wird, dann wird der gesamte Marktplatz zum Sicherheitsbereich. Hier darf dann kein Publikum stehen. Wir haben stattdessen die Möglichkeit geschaffen, auf dem Katschhof für eine größere Zahl von Menschen im hinteren Bereich an der Karlspreis Verleihung per Videoleinwand teilzunehmen und danach das gewohnte Karlspreisfest zu feiern."
Es ist lange her, dass das Sicherheitsaufgebot für einen Karlspreis so hoch war wie in diesem Jahr.
Dogan Malicki
Ob der ukrainische Abwehrkampf gegen die russische Invasoren ein Beitrag zum Europäischen Gedanken ist, muss sich noch herausstellen. Der Karlspreis wird voreilig verliehen. Es ist für mich ein Widerspruch, dass der Präsident eines korrupten und teilweise gescheiterten Staates einen Preis bekommt, der für Demokratie, Rechtsstaat, Toleranz steht. Es wäre glaubwürdiger, die militärische Leistung der Ukrainer zu dekorieren mit einem dafür geeigneten Orden.