"Mir geht es sehr gut, und ja, es stimmt: Es ist genau ein Jahr her, dass ich diese Funktion übernehmen durfte. Ich bin sehr froh darüber, hier in Brüssel für die Deutschsprachige Gemeinschaft tätig zu sein." Aufgeräumt und nach außen hin sichtlich zufrieden spricht Gregor Freches über seine Tätigkeit als Senator.
Der Senat ist die zweite Kammer des belgischen Föderalparlaments, zu vergleichen mit dem deutschen Bundesrat, wo sich die Vertreter der deutschen Bundesländer treffen - ähnlich wie im Senat in Belgien. "Hier treffen sich die Regionen und die Gemeinschaften Belgiens. Das heißt sowohl die flämischen Kollegen, als auch die wallonischen Kollegen aus den Parlamenten der Regionen und Gemeinschaften."
"Es gibt hier einen regelrechten Austausch über Vor- und Nachteile, die in der einen Region vielleicht besser funktionieren und in der anderen Region vielleicht etwas weniger. Und das zeichnet sich auch ab durch Resolutionen, die hier im Senat ausgearbeitet werden, die auch in Hinblick auf die Deutschsprachige Gemeinschaft wertvoll sein können."
Die Resolutionen - die Beschlüsse des Senats - sind zwar keine Gesetze, trotzdem findet Freches die Arbeit daran wichtig. Das verdeutlicht Freches im Gespräch mit dem BRF unter anderem an der Arbeit in dem Ausschuss, in dem er Mitglied ist. Dieser Ausschuss beschäftige sich mit den Themen "Erneuerung der Demokratie" und "Internationale Angelegenheiten". "Da legen wir den Fokus aktuell auf die Möglichkeit, wie ausländische Staaten unser Demokratiesystem untergraben können."
Konkret geht es um die Gefahr von Cyber-Attacken, die Bedrohung durch Algorithmen im Internet oder die mögliche Übernahme von wichtiger Infrastruktur durch Staaten und Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern, wie zum Beispiel China oder Russland.
Was dazu im Ausschuss besprochen wird mit Erfahrungen und Ideen von Politikern aus allen belgischen Teilstaaten, wird zum Schluss in eine Resolution gegossen. Solche Resolutionen sind dann eine Art Empfehlung - unter anderem für die Arbeit in den einzelnen Teilstaaten. Was zum Beispiel im Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Abwehr von Cyber-Attacken oder zum Umgang mit Fake News bislang diskutiert und dann auch in konkrete Maßnahmen umgesetzt worden ist, fuße zu großen Teilen auf dem, was im Senat beschlossen worden sei, erzählt Freches.
Dass er durchaus und sogar relativ schnell seinen Platz als einziger Deutschsprachiger im Senat gefunden hat und seine Arbeit anerkannt wird, unterstreicht auch die Tatsache, dass Freches seit Januar Mitglied im Präsidium des Senats ist. "Ich werde sehr gut empfangen hier im Senat - sowohl von meinen flämischen als auch wallonischen Kollegen, weil ich eben auch diese beiden Sprachen beherrsche und mich in ihnen artikulieren kann. Das macht es für mich eigentlich sehr einfach, auch mit ihnen über Themen zu diskutieren in ihrer Sprache, was alles natürlich dann auch viel einfacher macht."
Wahlen
Die Wahlen im nächsten Jahr werden auch den Senat betreffen, und deshalb steigt auch bei den Senatoren langsam das Wahlkampffieber. Als ein großes Thema zeichnet sich dabei eine mögliche siebte Staatsreform ab. In diesem Zuge könnte man den Senat abschaffen. Das fordern zum Beispiel schon länger die beiden flämisch-nationalistischen Parteien N-VA und Vlaams Belang.
Auch bei den anderen flämischen Parteien hält sich die Begeisterung über den Senat stark in Grenzen. "Im Gegenteil sind die frankophonen Parteien eher der Ansicht, dass man den Senat stärken soll in Zukunft. Das wird auch ein Teil der Arbeit sein in den nächsten Monaten, noch einmal den Menschen in der Bevölkerung klar zu machen, dass wir ein Zwei-Kammer-System brauchen und dass dieses Zwei-Kammer-System über den Senat noch ausgebaut werden muss."
Sollte es den Senat nach den Wahlen weiter geben und der Wahlausgang es möglich machen, könnte sich Freches – zumindest aus heutiger Perspektive - durchaus eine Verlängerung seiner Senatorenfunktion vorstellen. "Die Lust, hier weiterzumachen, besteht auf jeden Fall. für jede Art der Arbeit für die Bevölkerung Ostbelgiens stehe ich immer zur Verfügung."
Kay Wagner