Der Mönch sitzt vor der Gemeinde und rezitiert aus den Heiligen Texten Buddhas. Die Gläubigen knien nieder und hören aufmerksam zu. Chivon Sourivong erklärt die Zeremonie: "Es ist wie bei euch eine Messe. Das sind die Worte Buddhas, die der Mönch weitergibt. Ihr habt die zehn Gebote, wir haben 15. Der Mönch erklärt sie, und sagt, was du nicht tun sollst. Aber du entscheidest selbst."
Chivon engagiert sich mit fünf weiteren Mitgliedern der Gemeinde für den Erhalt des Tempels in der Rue Saint Léonard. Vor 40 Jahren haben die ersten Gemeindemitglieder dort ein kleines buddhistisches Zentrum gegründet - mit bescheidenen Mitteln. "Wir leben von Spenden. Wenn wir solche Feste machen, spenden die Leute und damit versuchen wir, den Tempel aufrecht zu erhalten."
An diesem Sonntag sind viele Menschen gekommen, denn es ist das wichtigste Fest im Jahr und zum ersten Mal feiern die Buddhisten es als offiziell anerkannte religiöse Gemeinschaft in Belgien. Noch spüren sie keine konkreten Auswirkungen dieser Anerkennung. Doch sie hoffen, dass der Verband der Buddhisten in Belgien - die Union Bouddhique Belge - bald auch ihre Rechte einfordert.
Ihr größter Wunsch: dass die Aufenthaltssituation ihres Mönchs bald regularisiert wird, denn er ist der Dreh- und Angelpunkt für alle religiösen Feiern und Zeremonien. Und sie würden gerne aus dem Provisorium in dem alten Haus ein richtiges Gemeindezentrum machen mit entsprechender Infrastruktur. "Platz zum Parken zum Beispiel, und es ist alles zu klein. Wir haben auch keinen Platz zum Meditieren. Wir möchten Kurse für die laotische Sprache und die Religion anbieten. Vielleicht können wir noch andere Mönche kommen lassen."
Rund 2.000 Gläubige umfasst die laotische buddhistische Gemeinschaft in Belgien. Für die ehemals Geflüchteten ist der Tempel nicht nur ein religiöses Zentrum, sondern auch ein sozialer Treffpunkt, in dem sie ihre Bräuche, Sprache und Kultur pflegen und an die nächste Generation weitergeben können.
Michaela Brück
Der Buddhismus ist eine vielfältige Religion. Verschieden von Land zu Land. Sehr anpassungsfähig. Die tibetischen Buddhisten haben schon vor zwei Monaten ihr Neujahr gefeiert.
Statt mehr Religionen „anzuerkennen“ und… zu finanzieren, täte der belgische Staat besser daran, die Trennung zwischen Staat und Kirchen/Religionen im Sinne seiner Verfassung zu festigen bzw. da, wo dies immer noch nicht geschehen ist, voranzutreiben. Die archaischen Privilegien, die die Religionen durch den Staat erhalten sind überholt und bedürfen einer Reform. Angefangen bei dem völlig kontraproduktiven und nach Konfessionen getrennten Bekenntnis-Religionsunterricht an staatlichen Schulen bis hin zum einem unzeitgemäßen doppelgleisigen einerseits öffentlichen und andererseits freien/konfessionellen Unterrichtswesen.
Die staatliche Finanzierung der Kulte gehört ebenso auf den Prüfstand, zumal in einer Zeit, in der immer weniger Menschen sich zu einem Glauben bekennen und die Zahl praktizierender Gläubiger von Jahr zu Jahr abnimmt.
Interessante Denkansätze bieten die Veröffentlichungen von Jean-Philippe Schreiber (La Belgique, un état laïque… ou presque) und von Caroline Sägesser (Le prix de nos valeurs
- Financer les cultes et la laïcité en Belgique).