Auf einer großen, grünen Wiese neben dem Uniklinikum Aachen setzt die "Tiltwing Neo" gerade zur Landung an. Die Drohne mit einer Spannweite von 1,80 Meter landet genau in der Mitte der weißen Landplattform.
Die Tiltwing Neo ist aber nicht entwickelt worden, um schön auszusehen oder um Kunststücke zu präsentieren. "Das ist ein Projekt, bei dem wir medizinische Güter transportieren", erklärt Dieter Moormann, Leiter des Instituts für Flugsystemdynamik. "Das sind oft kleine Gegenstände, wie z. B. Hornhäute. Ziel ist es, die Medizingüter sehr effizient zwischen Krankenhäusern und Laboren zu transportieren."
Augenhornhaut eignet sich sehr gut für den Transport mit der Drohne. Sie wird in kleinen Fläschchen gelagert. Aber auch Laborproben oder Medikamente können problemlos in luftiger Höhe transportiert werden. Für die Forscher ist klar: Eine Drohne ist effizienter, schneller und umweltfreundlicher als ein Krankenwagen, wenn es um den Transport der Medizingüter geht.
Die Drohne ist in Heerlen gestartet. Nach 13 Minuten ist sie in Aachen gelandet. Der vollautomatisierte Drohnenflug zwischen beiden Ländern ist eine Premiere. "Das ist ein besonderer Flug, weil es der erste medizinische Transport-Flug war, der über Ländergrenzen hinweg funktioniert hat. Das ermöglicht das neue Luftfahrtgesetz der Europäischen Union."
Transportflüge dieser Art, über europäische Grenzen hinweg, werden bald Standard sein. Da ist sich Dieter Moormann sicher. "Es gibt europaweit Projekte, bei denen medizinische Flugtransporte per Drohne untersucht werden. Das ist noch nicht im regulären Betrieb, der Weg ist aber nicht mehr weit. Stück für Stück arbeiten wir daran, dass wir weiterkommen und es für uns völlig normal wird."
Die Drohne ist auf der Wiese neben dem Uniklinikum gelandet. In Zukunft sollen die Drohnen aber direkt zwischen den Einrichtungen pendeln und z. B. auf den Dächern landen. Das wird auch kein Problem sein, weiß Johanna Holsten, die Geschäftsführerin der FlyXdrive GmbH.
Bei der Drohne handelt es sich um ein sogenanntes Kippflügelflugzeug. "Ein Kippflügelflugzeug ist senkrecht startfähig. Es kann seine Flügel senkrecht stellen und somit starten und landen wie ein Hubschrauber", erklärt Johanna Holsten. "Im Flug kippt es die Flügel nach vorne und fliegt dann effizient wie ein normales Flugzeug. So kann das Flugzeug hohe Geschwindigkeiten und weite Reichweiten erreichen."
Rund 90 Kilometer pro Stunde kann die Drohne fliegen. Die maximale Flugdauer liegt bei einer Stunde - alles ohne Pilot. "Wir fliegen vollautomatisch. Das bedeutet, dass wir keinen Sichtkontakt zu unserem Flugsystem haben. Die Drohne hebt ab und verlässt unser Sichtfeld", erklärt Ann-Kristen Sturm vom Institut für Flugsystemdynamik.
"Dennoch müssen wir uns darum kümmern, dass sie sicher durch die Luft fliegt. Über Mobilfunk werden Position und Geschwindigkeit an unsere Leitwarte weitergegeben. So können wir den Flug überwachen."
Es wird mindestens bis zum nächsten Jahr dauern, ehe Arzneimittel, Blutkonserven oder Gewebeproben regelmäßig zwischen Laboren und Krankenhäusern transportiert werden könnten. Einige Feinheiten müssen zwischen den Forschern und den Einrichtungen geklärt werden.
In einigen Jahren wird die Technik vermutlich auch so weit sein, dass eine Niere oder Leber mit der Drohne transportiert werden.
Dogan Malicki
Gibt es wirklich medizinische Nottransporte, die eine Drohne erforderlich machen?
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Von Heerlen bis Aachen braucht ein Auto knappe 20 Minuten.