Schon immer hat sich die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft Bildung viel kosten lassen. Im kommenden Jahr sind es fast 170 Millionen Euro. Auch hier sorgen steigende Personalkosten für einen ganz allgemeinen Ausgabenanstieg. Auch dabei sind zahlreiche Infrastrukturprojekte, die unter anderem die Aufnahme der zweieinhalbjährigen Kinder in den Kindergärten erleichtern sollen.
Auch im Bereich Unterricht und Ausbildung hat die Pandemie gezeigt, wo der Handlungsbedarf liegt. Die Digitalisierung im Unterrichtswesen wurde vorangetrieben. Inzwischen hat die Regierung mehrere Sekundarschuljahrgänge mit Laptops ausgestattet.
Digitalisierung und politische Bildung
Alain Mertes (Vivant) warnte vor den Folgen der Digitalisierung. Die nötige Hardware alleine reiche nicht. "Uns fehlt ein pädagogisches Konzept. Die Schulen stehen alleine da. Wenige wissen, etwas mit den Geräten anzufangen. Die Schüler vielleicht viel weniger. Aber die Lehrer schon. Und jetzt müssen oder sollen sie ein pädagogisches Konzept erarbeiten. Jede Schule für sich. Ich finde das Vorgehen sonderbar."
Auch das Thema politische Bildung sorgte für Diskussionen. Dass das Thema fächerübergreifend vermittelt werden soll, sorgte selbst innerhalb der Mehrheit nicht für Einigkeit. Kirsten Neycken-Bartholemy (SP) fordert auf, das Thema über den Zeitraum der Sekundarschule hinaus zu denken. "Zum einen ist lebenslange Bildung in einer Zeit des stetigen Wandels unabdingbar. Beruflich wie auch privat muss man sich stets weiterbilden, um mit der Zeit zu gehen. Andererseits sollte die Erwachsenenbildung neben der klassischen auch die politische Bildung vorantreiben. Denn es liegt auch in der Verantwortung der Bildungsakteure Politik greifbar zu machen, über politische Themen zu informieren und im besten Fall dafür zu begeistern."
Gesamtvision
Die Oppositionsparteien gingen auf eine Vielzahl von Reformen ein, die im Bildungsbereich anstehen oder aktuell in der Mache sind. Vor lauter Reformen sah der ein oder andere dabei jedoch nicht die Gesamtvision. Andreas Jerusalem (Ecolo) plädierte für ein wahrlich inklusives Schulsystem und zeichnete ein Idealbild - das für ihn aber noch weit an der Realität vorbeigeht.
"Unser Schulsystem ist für diesen Weg leider nicht gemacht. Personelle Ressourcen, Fachpersonal, strukturelle und organisatorische Elemente - die Grundlagen hierfür stammen leider noch zu Großteilen aus dem letzten Jahrhundert", so Jerusalem. "Aber dennoch wird von unseren Lehrpersonen heute erwartet, dass sie die Herausforderungen der Aktualität und auch die der Zukunft unter genau diesen Voraussetzungen anpacken. Da braucht es leider deutlich mehr."
Auch Stephanie Pauels von der CSP konnte nicht wirklich nachvollziehen, in welche Richtung das Unterrichtssystem der DG steuert. Zwar gäbe es auch positive Projekte - Kollege Colin Kraft lobte grundsätzlich die Ausstattung mit Laptops - ein wirklicher Plan sei jedoch nicht erkennbar. "An wen soll man sich schlussendlich wenden? Wie soll man eine Gesamtvision, die noch nicht mal da ist, umsetzen. Diese Vorgehensweise kann zu einer Verschlimmbesserung des Systems führen. Wenn wir freie Lernförderung oder die Leistungsermittlung anders angehen wollen, aber Stundenpläne beibehalten, die es in den 50ern schon gab, dann kann das nicht auf einem globalen Konzept basieren."
Reformvorhaben
Dem widersprach Bildungsministerin Lydia Klinkenberg. Um die Bildungsvision der Regierung zu verdeutlichen, zählte sie ganze 15 Reformvorhaben auf. Und gegen den Vorwurf einer Ankündigungspolitik, die nichts zu Ende bringe, brachte sie das Beispiel der kostenlosen Hausaufgabenbetreuung. "Die Reform wurde in der Regierungserklärung angekündigt. Das ist korrekt. Denn Ankündigungen liegen in der Natur von Regierungserklärungen. Und ja das Konzept ist noch nicht beendet. Und das ist auch gut so. Denn um eine neue Hausaufgabenkultur zu etablieren, braucht es die Unterstützung der Schulleitungen und Lehrkräfte. Es ist also mehr als selbstverständlich, dass wir den Dialog suchen, mit den Akteuren austauschen und dann dem Parlament ein vollständiges Konzept vorlegen und entsprechend beziffern."
PFF-Politikerin Shayne Piront betonte in ihrer Rede abschließend, dass sich diese Gesamtvision ständig an neue Anforderungen - gesellschaftlich oder technologisch - anpassen müsse.
Einen an die Krise angepassten Haushalt hat die Regierung ihrer Meinung nach erstellt und vorgestellt.
Die Opposition sah das während vier Tagen Haushaltsdebatte standesgemäß anders. Auch wenn verschiedene Projekte gelobt wurden oder gar mehr Engagement gefordert wurde - die steigenden Schulden stießen den Oppositionsparteien Vivant, Ecolo und CSP auf. Dafür würden viele Zuschüsse krisenbedingt erhöht und wichtige Investitionen vorgezogen, betonte der für Finanzen zuständige Minister Oliver Paasch. Der Haushalt wurde mit den Stimmen der Mehrheit verabschiedet.
Andreas Lejeune