Rund 52 Millionen verkaufte Neun-Euro-Tickets, dazu noch mehr als zehn Millionen Abonnentinnen und Abonnenten, die das Ticket monatlich automatisch erhalten haben - dabei waren die Erwartungen zum Start des Tickets eher pessimistisch. Angst machte sich breit vor einem Verkehrschaos in Zügen und Bussen.
Das Chaos blieb aber größtenteils aus. "Niemand hat es der Branche zugetraut, so schnell so ein Ticket auf den Weg zu bringen für ganz Deutschland. Niemand hat uns zugetraut, auch das Angebot so aufrecht zu erhalten. Das hat alles im Großen und Ganzen gut geklappt", sagt Eike Arnold, Pressesprecher vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Auch viele Ostbelgier haben von dem Ticket Gebrauch gemacht, sei es für den Tagestrip nach Köln oder eine längere Reise quer durch Deutschland.
Am Ende kommen geschätzt knapp eine Milliarde Fahrten pro Monat zusammen. Viele, die sonst mit dem Auto bestimmte Strecken zurücklegen, haben dafür die öffentlichen Verkehrsmittel getestet, mit dem Effekt, dass zehn Prozent der Neun-Euro-Ticket-Nutzer auf mindestens eine Autofahrt am Tag verzichtet haben und damit etwas Positives für das Klima getan haben.
Gut für Portemonnaie und Klima
"Es ist ja eigentlich eine sozialpolitische Maßnahme gewesen, wegen der steigenden Verbraucherpreise und jetzt haben wir eben noch einen weiteren Effekt da mitgenommen: aktiven Klimaschutz, weil die Leute mehr Bus und Bahn genutzt haben." Die Rede ist von knapp 1,8 Millionen Tonnen CO2, die durch das Neun-Euro-Ticket eingespart wurden. Das zeitlich begrenzte Ticket war für die Verantwortlichen also auf mehreren Ebenen ein Erfolg.
Spätestens nach dem ersten Monat Neun-Euro-Ticket hatte sich die Diskussion auch verändert. Aus "Wie soll das funktionieren?" wurde "Wie geht es im September weiter?". So wird von Seiten der SPD-Fraktion im Bundestag vorgeschlagen, ein 49-Euro-Ticket für kleine und mittlere Einkommen anzubieten.
Die Regierungsparteien sind sich aber noch nicht einig über die Zukunft eines national gültigen Tickets mit reduzierten Kosten. FDP-Parteichef Christian Lindner betonte vor ein paar Wochen noch, dass er eine aufkommende Gratismentalität nicht weiter fördern möchte. Der deutsche Bundesverkehrsminister Volker Wissing (ebenfalls FDP) sprach im Deutschlandfunk aber davon, dass es mit dem ÖPNV so nicht weiter gehen kann. "Ich bin mir mit Christian Lindner vollkommen einig, dass es keinen kostenlosen ÖPNV geben kann, denn der ÖPNV muss ja permanent weiterentwickelt werden."
"Aber was auch klar ist - und auch darüber bin ich mir mit Christian Lindner einig -, dass wir mehr Digitalisierung, mehr Vereinfachung, bessere Tickets brauchen, und natürlich muss auch die Preisgestaltung am Ende attraktiv sein und deswegen werden wir uns dafür einsetzen, dass es nicht wieder zum Rückfall in die alten Tarifstrukturen kommt, so wie jetzt kurzfristig ab dem 1. September."
Neues Tarifsystem gefragt
Die Ausarbeitung eines neuen, modernen Tarifsystems im öffentlichen Nahverkehr kann aber natürlich noch dauern. Auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen macht sich Gedanken zur Zukunft eines Neun-Euro-Tickets. Dieses müsse aber wirtschaftlich angemessen und gleichzeitig attraktiv sein, so Eike Arnold. "Wenn wir ein einfaches Ticket einführen wollen, dann wäre 69 Euro ein guter Preis."
"Deswegen haben wir ein Klimaticket für 69 Euro vorgeschlagen, das würde etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr kosten und wäre für viele noch attraktiv genug. Für sozial Schwächere müsste man schauen ob man da noch eine andere Variante findet. Entschieden ist also noch gar nichts und zu bereden gibt es einiges, bis Einigkeit herrscht zwischen Bund und Ländern. Für die zahlreichen Nutzer des Neun-Euro-Tickets, auch in Ostbelgien, bleibt also nur abzuwarten, ob die Zukunft eine ähnlich günstige Möglichkeit für Pendler bringt.
Robin Emonts