Kann man ausschließen, dass sich ähnliche Katastrophen in Zukunft wiederholen?
Man darf nicht vergessen, dass das nicht nur von uns und unserer Reaktion abhängt. Das hängt auch vom Klimawandel ab. Solche Katastrophen, der Klimawandel erhöht die Chance, dass so etwas passiert. Also extreme Regenfälle zum Beispiel wie letzten Juli. Ich denke aber, dass die Empfehlungen uns ein ganz großes Stück weiterbringen werden in der Hinsicht, dass wir besser und konkreter und schneller darauf reagieren können auf diese Katastrophen.
Die Frage, ob die Zuständigen der Eupener Wesertalsperre Fehler gemacht haben, die zur Katastrophe beigetragen haben, ist seit dem Hochwasser ein Dauerbrenner. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Ich denke, dass nach 120 Stunden Anhörungen, die wir in der Kommission hatten, ziemlich klar ist, dass die Verantwortlichen an der Wesertalsperre versucht haben, bestmöglich zu reagieren. Es ist aber ganz klar, dass wir das in Zukunft besser machen können und besser machen müssen. Und das ist eine der Fragen, die für mich offen bleiben wird. Das ist die Frage, inwiefern hat die Talsperre durch ihre Aktionen zu dem ganzen Geschehen beigetragen? Weil es einfach jede Menge Daten gibt, die uns fehlen. Wir haben zum Beispiel keine Luftbilder, wir haben keine Modelle und das ist alles Teil der Empfehlungen.
Erst mal, dass die Talsperre in Zukunft flexibler gehandhabt wird. Also zum Beispiel, dass je nachdem, wie viel Regen schon auf die Böden gefallen ist, dass man ein bisschen mehr Reserve vorsieht, dass man also auch auf das Wetter und auf die Umweltsituation schaut und nicht mehr nur auf eine fixe Zahl, so wie das im Moment ist. Im Moment muss da eine gewisse Anzahl Liter immer frei bleiben und in Zukunft wird sich das im Laufe des Jahres ändern.
Und die zweite Sache ist, dass wir darauf bestanden haben, dass Modelle erstellt werden von dem Becken der Talsperre, aus dem Einzugsgebiet der Talsperre vor der Talsperre und nach der Talsperre. Und diese Modelle müssen in Zukunft dazu beitragen, dass wir besser einschätzen können, welche Effekte die Aktionen der Talsperre auf die Überschwemmungen haben.
Nun geht es ja bei den Empfehlungen nicht nur um die Talsperre. Wo liegt in Ihren Augen der Schwerpunkt?
Einer der Schwerpunkte, die für uns sehr, sehr wichtig waren in den Empfehlungen, ist alles, was mit Raumordnung zu tun hat. Da gehört zum Beispiel auch die Bodenversiegelung zu. Wir leben in dem Wesertal, das relativ dicht bebaut ist. Und wir wollen natürlich nicht, dass jetzt alles abgerissen wird und das Tal quasi entvölkert wird. Das ist absolut nicht das, was wir wollen.
Aber das, was die Grünen wollten, was auch die Kommission möchte, ist, dass wir in Zukunft, bevor wir neue Gebäude in dieses Tal setzen, darüber nachdenken, wie sich das auf die Überschwemmungssituation auswirken könnte. Und da wollen wir ja so eine Art Programm definieren, wie wir in Zukunft bauen und auch Tipps geben, wie man Gebäude besser anpassen kann, zum Beispiel keine Tanks mehr im Keller. Das ist ja ein Problem gewesen, was viel Verschmutzung verursacht hat. Und da gibt es eine ganze Reihe von Empfehlungen, mit denen wir hoffen, es besser zu machen in Zukunft.
Was ändert sich vielleicht sonst noch konkret für uns Bürger?
Es wird sich hoffentlich ganz viel ändern. Wir machen ja nur Empfehlungen, umsetzen muss das die Regierung. Und es wird sich hoffentlich viel ändern in der Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren, die bei der Krise mit am Werk sind, also zum Beispiel die Gemeinde oder der Föderalstaat oder die Region oder die Provinz.
Und da haben wir viel Wert darauf gelegt, dass zum Beispiel Warnmeldungen besser lesbar sind. Die Bürgermeister haben uns ganz klar gesagt: Für uns war es ein Riesenproblem. Wir haben Warnmeldungen bekommen, mit denen wir nichts anfangen konnten. Also wir wussten zwar, es kommt eine Flut, aber wir wussten nicht, wie hoch geht das Wasser über die Ufer und solche Sachen.
Da haben wir wirklich eine ganze Reihe von Empfehlungen. Ich würde sagen 30 bis 40, die diese Kommunikation verbessern, die auch die Kommunikation der Bevölkerung betreffen. Da ist zum Beispiel vielleicht auch in Zukunft der BRF gefragt, dass man zum Beispiel im Falle von Flutwarnungen auch diese Flutwarnungen frühzeitig und strukturiert an die Bevölkerung weitergibt.
Jetzt sind Sie ja mit Ecolo Teil der Mehrheit in Namur. Wie schnell denken Sie, werden sich die Empfehlungen umsetzen lassen?
Es gibt Empfehlungen, die kann man relativ schnell umsetzen und es gibt teilweise sogar Empfehlungen, die sind schon fast umgesetzt. Also viele von den Personalfragen, die die wallonische Verwaltung betreffen. Da arbeitet die zuständige wallonische Verwaltung, die Talsperrenverwaltung zum Beispiel schon dran, die Empfehlungen in Bezug auf die Talsperren umzusetzen.
Es gibt aber auch Empfehlungen, die werden erst innerhalb der nächsten zehn bis 30 Jahre umgesetzt werden können, wenn es zum Beispiel um Baumaßnahmen geht oder darum, andere öffentliche Einrichtungen anzupassen.
Und das ganze globale Thema ist die sogenannte Krisenkultur oder Risikokultur. Das heißt, dass wir uns als Gesellschaft darauf vorbereiten, dass solche Krisen in Zukunft öfter passieren. Und ich glaube, da muss wirklich ein Umdenken in der gesamten Gesellschaft stattfinden, dass wir nicht mehr denken 'Ah ja, das wird schon vorbeigehen', sondern dass wir wissen, dass so was passiert. Und wir konzentrieren uns darauf, uns besser vorzubereiten und besser reagieren zu können.
Untersuchungsausschuss: 161 Lehren aus der Hochwasserkatastrophe
Manuel Zimmermann
Fakt ist, das die EFAS (Europäisches Hochwasserwarnsystem) in den vier Tagen vor der Flut mehr als 20!!! Warnungen vor extrem Hochwasser heraus gegeben hat. An der Wesertalsperre wurden diese nicht beachtet.
Und niemand bei der WR übernimmt dafür die Verantwortung. Jeder klebt an seinem Sessel.