Wie ist die Deutschsprachige Gemeinschaft auf die mögliche Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine vorbereitet?
Der Föderalstaat ist für den Bereich Asyl zuständig, die Regionen und die Gemeinschaften für die Integration. Wir haben noch keine Informationen, mit wie vielen Flüchtlingen wir rechnen müssen. Wir haben aber schon einige Instrumente entwickelt, weil wir ja schon mit dem Thema Integration beschäftigt waren. Darum treffe ich mich mit dem Beirat für Integration, mit der Zivilgesellschaft, mit Diensten und Organisationen, um zu gucken, welche zusätzlichen Maßnahmen man braucht. Wir haben etwa den Integrationsprozess, was den Bereich der Sprachkurse angeht. Ich glaube nicht, dass es das allererste Problem dieser Menschen sein wird, aber wenn sie länger hier bleiben, dann ist es wichtig, dass sie auch Sprachkenntnisse erwerben können, um hier leben zu können in unserer Gemeinschaft.
Wir haben die Möglichkeit, die Menschen in Wohnungen aufzunehmen, die über die Sozialen Immobilienagenturen koordiniert werden. Es gibt Aufnahmeklassen für erst-ankommende Schüler, wir haben Betreuungsangebote, die angepasst werden könnten oder müssten. Also es gibt schon eine Reihe von Maßnahmen, daran arbeiten meine Ministerkollegen in der Regierung, jeder in seinem Zuständigkeitsbereich.
Wird dabei auch möglicherweise an kollektive Aufnahmestrukturen gedacht?
Das läuft dann hauptsächlich über die Gemeinden, wenn es etwa um eine Sporthalle geht, um eine Jugendherberge oder andere Einrichtungen, die zeitweilig zur Verfügung gestellt werden könnten. Privatpersonen können sich an ihre Gemeindeverwaltung wenden und mitteilen, wenn sie vorübergehend eine Unterkunft anbieten wollen, bis eine definitive Unterkunft gefunden ist.
Manche der geflüchteten Menschen haben Einkommen, sie haben also Rücklagen, Vermögen. Sie werden sich also selbst organisieren. Andere wiederum werden dann auf staatliche oder privatrechtlich organisierte Angebote zurückgreifen müssen.
Im Moment organisiert sich Direkthilfe im kleineren Rahmen, vor allen Dingen auch von Menschen, die aus der Ukraine stammen und mittlerweile hier leben. Sind diese Leute auch schon auf Sie zugekommen?
Wir haben sehr viele Rückmeldungen bekommen. Die Solidarität in der Gemeinschaft ist groß. Das kennen wir aus der Vergangenheit. Ich habe 2015 schon die Situation mit dem Krieg in Syrien erlebt, als Minister für Integration. Eine ähnliche Solidarität spürt man auch jetzt. Und die kommt zum Teil von Menschen, die aus der Ukraine kommen und hier schon länger leben. Die kommt aber auch von den Einheimischen hier, von den Ostbelgiern. Und das freut mich ungemein.
Die Leute sind betroffen, sie wollen helfen und wir müssen jetzt aufpassen, dass wir diese Hilfen auch richtig kanalisieren - deswegen auch das Gespräch mit dem Beirat für Integration. Denn ich denke, es wäre wichtig, dass man eine zentrale Koordinierungsstelle hätte für die Hilfen.
Stephan Pesch