Die Open-VLD, die Partei von Premierminister De Croo, ist gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. De Croo hat aber zugesagt, offen für die Diskussion zu sein. Vooruit, die Partei von Gesundheitsminister Vandenbroucke, ist für die Impfpflicht. Die ostbelgische Kammerabgeordnete Kattrin Jadin (PFF) hat folgende Meinung: "Ich bin grundsätzlich eigentlich gegen Verpflichtungen, aber die Frage nach einer verpflichtenden Impfung ist auch für mich absolut berechtigt."
Eine eindeutige und klare Antwort hat aber auch die ostbelgische Kammerabgeordnete noch nicht auf diese Frage. "Ich tendiere mittlerweile eher dazu, mich für eine Impfpflicht für gewisse Kategorien auszusprechen", so Jadin.
Bestimmte Sektoren
Mit gewissen Kategorien meint Kattrin Jadin bestimmte Sektoren wie den Gesundheitssektor oder Altersgruppen. Beispiele gibt es schon in anderen EU-Ländern. So hat Italien eine berufsübergreifende Impfpflicht für Menschen ab 50 Jahren eingeführt.
Dass sie als Vertreterin einer liberalen Partei einer Impfpflicht offen gegenüberstehe, begründet Jadin so: "Für mich bedeutet Freiheit auch Verantwortung. Und wer verantwortlich handelt, der handelt auch solidarisch, im Sinne seiner Mitbürger. Wer in einer Demokratie lebt, in einem Staat, der die Selbstentfaltung eines Einzelnen fördert, der muss sich auch bewusst sein, dass die Freiheit des Einen da aufhört, wo die des Anderen beginnt."
Transparent vorgehen
Laut der Zeitung "Gazet van Antwerpen" haben sich in Umfragen in Belgien rund 70 Prozent der Bevölkerung für eine Impfpflicht ausgesprochen. Kattrin Jadin erinnert daran, dass es nicht die erste und einzige wäre: "Wenn wir in die jüngste Vergangenheit schauen: Wir haben schon für eine Reihe von Krankheitsbildern verpflichtende Impfungen. Da wird das Thema auch nicht so entfesselt geführt wie hier. Man muss da konzentriert, offen und transparent vorgehen, aber auch irgendwann eine Entscheidung treffen."
Zur Grundlage ihrer Entscheidung will Kattrin Jadin die Aussagen der Experten machen, die im Kammerausschuss für Gesundheit angehört werden. Vor allem was die Frage einer verpflichtenden Impfung für Kinder unter zwölf Jahren betrifft, stellen sich für Jadin noch viele Fragen. "Da möchte ich mehr Informationen zu haben, da ich in diesem Bereich noch nicht überzeugt bin, dass eine Impfpflicht notwendig ist."
In ihrer Partei sei sie mit ihrer Offenheit gegenüber einer Impfpflicht in der Minderheit, räumt die liberale Politikerin ein. "Der überwiegende Tonus in meiner Partei tendiert eher gegen eine Impfpflicht. Aber wir diskutieren viel und wer weiß, wie sich die Meinung noch entwickeln wird."
Das trifft wohl auf viele Politiker zu, die in Fragen der Corona-Pandemie nicht weniger unsicher scheinen als viele Bürger.
mb/rasch