Jeden Nachmittag von 15 bis 17 Uhr setzt sich Audrey Broxson mit Schülern und Eltern an einen Tisch, um die Hausaufgaben zu besprechen. In der Mensa des Athenäums in Eupen ist ausreichend Platz für die rund ein Dutzend Familien, die das Angebot wahrnehmen.
Es sind vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, die sich schwer tun - nicht nur mit der Sprache, auch mit dem, was der Schulalltag abverlangt. Audrey ist zur Stelle, wenn sie Fragen haben, und erklärt den Eltern zum Beispiel, wie sie ihre Kinder unterstützen oder wie sie die Betreuung organisieren können, wenn sie mehrere Kinder haben.
Auch das ist ein Ziel des Projektes: dass sich die Eltern kennenlernen und untereinander helfen. Die ausgebildete Logopädin engagiert sich gerne für die Familien und hat damit Erfolg. Die Reaktionen sind durchweg positiv. Die Eltern freuen sich über einen Ansprechpartner, gewinnen Vertrauen und Sicherheit, trauen sich, mit ihren Fragen an die Schule zu wenden.
Auch die Kinder sind motiviert und mit Eifer bei den Hausaufgaben. In der Schule gehe es schneller, sagen sie. Dort sind sie nicht allein und unterstützen sich gegenseitig. Und wenn die Hausaufgaben fertig sind, dürfen sich noch zusammen spielen.
Für das Königliche Athenäum kam das Projekt wie gerufen. Es ist nicht nur eine Unterstützung für die Lehrer, wenn die Schüler mit gemachten Hausaufgaben in den Unterricht kommen. Die Schule legt auch Wert auf den Kontakt der Eltern zur Schule. Viele von ihnen kommen aus einem anderen Kulturraum und müssen das System Schule, wie es hier funktioniert, erst noch verstehen lernen, erklärt Schulleiterin Karin Plumacher.
"Einerseits liegt es im Verständnis der Aufgabe: was muss mein Kind überhaupt machen", so Plumacher. "Andererseits liegt es aber auch in der Struktur: die Eltern wissen nicht, was die Kinder in der Schule machen müssen, welche Erwartungen man hat, was man alles nötig hat."
Das Projekt ist in der französischsprachigen Abteilung des Athenäums gestartet. Jetzt soll es auf die deutschsprachige Abteilung ausgedehnt werden, wo zunächst mit dem ersten Schuljahr begonnen wurde. Die Nachfrage ist da, aber das Angebot mit nur einer Kraft begrenzt.
"Es ist sicher noch Bedarf da, aber es muss auch Personal da sein", so die Schulleiterin. "Es geht ja auch um die gute Vorbereitung und die gute Arbeit. Es nützt uns nichts, zu viele Kinder dort zu haben, die dann nicht betreut werden können. Das hängt immer davon ab, wieviel Hilfestellung wir haben."
Die Lohnkosten für die Betreuerin des Hausaufgabenprojekts übernimmt die Regierung der DG. Sie will das Projekt auch weiter unterstützen, versichert Unterrichtsministerin Lydia Klinkenberg. Sie erkennt auch den Bedarf. Eine Online-Befragung habe vor zwei Jahren gezeigt, dass Eltern den Zeitaufwand, der mit Hausaufgaben verbunden ist, als schwierig empfinden.
"Allgemein wissen wir, dass Hausaufgaben als belastend wahrgenommen werden, vorwiegend von Eltern mit Migrationshintergrund, beispielsweise aufgrund von Sprachbarrieren", schildert Klinkenberg.
"Wir möchten das Ganze evaluieren im Rahmen der OECD-Analyse, um daraus bildungspolitisch eine Gesamtvision zu entwickeln, wie man mit dem Thema Hausaufgaben im Rahmen des Ganztagsunterrichts umgehen möchte.
Klinkenberg befürwortet, die Gemeindeschule Herbesthal in das Projekt einzubeziehen, wo es bereits erste Anläufe gegeben hat. Auch eine Erweiterung auf andere Standorte sei denkbar, so die Ministerin. Sie setzt darauf, die Hausaufgabenhilfe langfristig im Rahmen eines größeren Projekts durch den Europäischen Sozialfonds finanzieren zu können.
Michaela Brück