Rund 400 Kinder kommen pro Jahr auf der Entbindungsstation im Eupener St. Nikolaus-Hospital zur Welt. In einigen Tagen ist dann allerdings Schluss. Die Entbindungsstation schließt vorläufig, Geburten werden ab dann in der Clinique CHC Heusy durchgeführt.
"Das ist sehr schwer, sehr, sehr schwer"
Martine Königstein ist seit rund 30 Jahren Hebamme. Sie leitet die Station und hat bis zur letzten Minuten nicht aufgehört zu hoffen - für ihr Team, das aus 19 Hebammen besteht und für ihre Patientinnen. Nun ist sie traurig, geschockt und kann es immer noch nicht glauben.
"Wir sind hilflos, machtlos. Unser Herz blutet. Wir haben jetzt jahrelang gute Arbeit geleistet. Wir sind immer für unsere Patienten da und von jetzt auf gleich in drei Wochen soll hier zugemacht werden. Das ist sehr schwer, sehr, sehr schwer."
Hebammen teils in Heusy, teils in Eupen
Für die Hebammen gibt es einen Plan. So sollen sie in Heusy das Team unterstützen und für die werdenden Mütter als deutschsprachige Ansprechpartnerinnen vor Ort sein.
Allerdings wird nur ein Teil der Hebammen in Heusy eingesetzt, ein anderer Teil wird in Eupen Schwangere in der Vor- und Nachsorge betreuen. Martine Königsteins Befürchtung ist, dass dadurch allerdings der Teamgeist verloren gehen könne.
Die Entbindungsstation in Eupen ist familiär, hat einen guten Ruf und ist auch bei angehenden Hebammen als Praktikumsstelle sehr beliebt. Generationen sind hier schon auf die Welt gekommen - umso schwieriger jetzt der Schritt, vorerst keine Kinder mehr hier auf die Welt zu bringen.
"Wir sind unter Schock, weil wir bis zuletzt wirklich auf eine Lösung innerhalb des Krankenhaus-Netzwerks gehofft hatten", sagt Königstein. "Denn die Verhandlungen laufen ja weiter und wir haben wirklich bis zuletzt gehofft."
In der Vergangenheit sei immer eine Lösung gefunden worden - anders als dieses Mal. Trotzdem hofft die langjährige Hebamme, dass sie und ihre Kolleginnen sich in ein paar Monaten wieder zusammenfinden werden und als gesamtes Team wieder voll in Eupen ihre Arbeit weiter leisten dürfen und können.
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Mangel an Gynäkologen - und attraktivere Alternativen
Nachwuchssorgen bei Hebammen gibt es derzeit keine, genug wollen den Job noch erlernen. Es fehlt an Gynäkologen in Eupen, was dann auch der Grund für die vorläufige Schließung der Station ist.
Jean-Pierre Nyssen macht diesen Job schon seit rund 40 Jahren. Auch er gehörte jahrelang zum festen Gynäkologen-Team des Eupener Krankenhauses. Erst im Januar hat er sich zurückgezogen und praktiziert nun nur noch in seiner eigenen Praxis.
Der Job habe sich verändert, sagt er. Junge Ärzte wollten lieber im Team arbeiten und die Verantwortung nicht mehr alleine stemmen. "Das ist ja nicht unbedingt negativ. Also das sehen Sie auch bei den Hausärzten. Man arbeitet im Team, es gibt jetzt Gemeinschaftspraxen für Hausärzte. Das verallgemeinert sich."
Falsche Versprechungen durch frühere Direktionen
Wären vor ein paar Jahren die Gynäkologen Dr. Crommelinck und Dr. Wafi nicht nach Eupen gekommen, wäre die Entbindungsstation schon viel früher geschlossen worden, so Nyssen. Er hat sich immer wieder um Gynäkologennachwuchs gekümmert, doch einige sind schon nach kurzer Zeit wieder gegangen.
"Es ist tatsächlich so, dass frühere Direktionen ihre Versprechen gegenüber diesen Kollegen nicht gehalten haben. Man hatte eine Praxis versprochen. Es hieß: Die hast du in einem Monat oder in drei oder vier. Und ein Jahr später war die Praxis noch immer nicht da. Und dann sind die Kollegen gegangen. Also so war das."
Hoffnung auf Wiedereröffnung
Nyssen hat die Hoffnung aber auch noch nicht aufgegeben. Der neue Direktor gebe sich sehr viel Mühe, sagt der Gynäkologe. Er spreche mit den Betroffenen und sei offen. Und dann seien da auch noch ein paar andere Lichtblicke.
"Es sind doch einige Eupenerinnen, die entweder schon fertig sind oder die in Kürze fertig werden und die auch nach Eupen kommen werden, wenn die Möglichkeit einer richtigen Teamarbeit geschaffen wird. Also ich habe da viele Hoffnungen." Zumindest mittelfristig sieht er die Chance, eine neue Gynäkologie in Eupen vorzufinden.
Es bleibt also nur abzuwarten, ob neue Ärzte den Weg nach Eupen finden und die Entbindungsstation somit wieder geöffnet werden kann. Die Hebammen der Station geben die Hoffnung jedenfalls nicht auf.
Lena Orban
So viel zum Thema Eupen als Stadt. Entwickeln wir uns zu einem Dorf zurück oder wessen Planung steckt dahinter? Peinlich....