Die Initiative geht aus einer Resolution der Ecolo-Fraktion hervor. Die wurde in mehreren Ausschusssitzungen angepasst. Das Ziel der von den Mehrheitsfraktionen PFF, ProDG und SP sowie der CSP und Ecolo vorgestellten Resolution: die Aufwertung des Lehrerberufs.
Der Ecolo-Mandatar Andreas Jerusalem zeigte sich zufrieden über den eingereichten Resolutionsvorschlag. Man habe das gemeinsame Ziel, den Bildungssektor zu stärken. Andreas Jerusalem, selbst Lehrer, erinnerte an den Ausgangspunkt der Resolution. Ein Personalmitglied sei in der Schule ausgefallen, Kollegen seien eingesprungen, um zu kompensieren. All das sei löblich, so Jerusalem. Dass das fehlende Personalmitglied am Ende jedoch ein schlechtes Gewissen gehabt hätte, sei der kritischen Personalsituation im Unterrichtswesen zuzuschreiben. Und genau hier setzt die Resolution an.
Vertretungspool und Radar
Insgesamt 22 Forderungen beinhaltet das Papier, die meisten davon richten sich an die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Dazu gehört beispielsweise ein sogenannter Vertretungspool, der das von Jerusalem angeführte Beispiel in Zukunft vermeiden soll.
Daneben soll ein "Radar" (über den genauen Begriff möchten die Parlamentarier noch diskutieren) geschaffen werden, der genaue Auskünfte über den Lehrermangel gibt. Dabei sollen Fragen beantwortet werden, wie: Wo gibt es Personalengpässe? Wie wirkt sich die Alterspyramide auf die Lehrerschaft aus? Kurz: Wo besteht Lehrermangel?
Diese Frage sei komplexer als gedacht, betonte Bildungsministerin Lydia Klinkenberg. Kann bereits von Lehrermangel gesprochen werden, wenn eine Physik-Lehrerin Mathe unterrichtet? Oder wenn ein Kindergärtner in der Primarschule aushilft? Bevor ein solcher Radar geschaffen werden könne, müsse genau definiert werden, was unter Lehrermangel zu verstehen ist, so Klinkenberg.
Zusätzlich wünscht sich das Parlament, dass Quer- und Neueinsteiger in Zukunft intensiv begleitet werden. Die Evaluation soll objektiviert werden und an klare Vorgaben gebunden werden. Teilweise Krankschreibungen für Lehrer sollen möglich gemacht werden. Die Bezahlung von Schulleitern soll überarbeitet werden. Das Personal der AHS soll besser entlohnt werden.
Vivant enthielt sich zu der Resolution. Die sei nichts anderes als eine Weiterführung der Regierungspolitik. Und die geht, laut Alain Mertes, in die falsche Richtung.
Die CSP nutzte die Resolution zur deutlichen Kritik am Bildungsministerium. Colin Kraft warf der Bildungsministerin mangelnden Tatendrang vor. Das Lehrpersonal habe einfach "keine Priorität bei der Regierung", so Kraft.
Dem widersprach Bildungsministerin Lydia Klinkenberg. Sie hob die bereits "angedachten oder vorgesehenen" Maßnahmen hervor. Vieles, was der Vorschlag vorsähe, sei bereits in Umsetzung. Ähnliches betonten die Mehrheitsmitglieder Liesa Scholzen, Charles Servaty sowie Gregor Freches. Abschließend erinnerte Klinkenberg daran, dass die Stärkung des Lehrerberufs durchaus komplex sei. Sie möchte aber genau prüfen, inwiefern die Vorschläge umgesetzt werden können.
Anpassung der Geschäftsordnung
Am Montagabend hat das Parlament auch seine eigene Geschäftsordnung angepasst. Gleich mehrere Punkte sollen zur Stärkung der parlamentarischen Arbeit beitragen. So wird dem Parlament mit der "aktuellen Frage" eine weitere Möglichkeit zur Regierungskontrolle geboten. Die Ausschussvorsitze sowie deren Vertretungen werden nun nach einer bestimmten Gewichtung verteilt.
Hinzu kommt, dass die Opposition in bestimmten Fällen eine verlängerte Redezeit zugeteilt bekommt. Das gilt, wenn die Regierung ihre Richtredezeit überschreitet.
Letztere Maßnahme wurde von mehreren Parlamentariern als Oppositionsbonus beschrieben. Für Michael Balter (Vivant) könne davon nicht die Rede sein. Es sei allenfalls ein "kleiner Weg hin zu ausgleichender Gerechtigkeit". Überhaupt störte Balter sich am Parlamentsalltag. Die Mehrheitsparteien würden ihrer Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle der Regierung nicht nachkommen. Einzig die Oppositionsparteien würden tiefgründig hinterfragen.
Dem widersprach Freddy Cremer (ProDG). "Polemik, Plattitüden und Inszenierung" warf Cremer dem Vivant-Politiker vor. Zu jedem Gesetzestext würden die Mehrheitsfraktionen intensiv austauschen. So sähe Mehrheitspolitik aus, von der Balter offensichtlich nichts verstehen würde.
Eine weitere Maßnahme ist die Verkleinerung des erweiterten Parlamentspräsidiums. Da aktuell jede Partei Fraktionsstatus besitzt, besteht das Präsidium aus 16 Personen. Zu viel, finden die Fraktionen und stimmten für eine (kostensparende) Verkleinerung. Einzig die CSP widersetzte sich diesem Vorhaben. Sie sieht die Lücke zwischen semi-professionellem Parlament und Regierung dadurch größer werden. Ihr Abänderungsvorschlag wurde allerdings abgelehnt.
Ebenfalls abgelehnt aber viel diskutiert wurde der Abänderungsvorschlag der Ecolo-Fraktion. Die will, dass alle Ausschusssitzungen öffentlich stattfinden. Doch warum geschieht das nicht, fragte Freddy Mockel. Wohl aus Furcht. Furcht, die eigene Komfortzone zu verlassen. Furcht, nicht schon bei der ersten Sitzung eine fundierte Meinung und passende Vorschläge dabei zu haben.
Charles Servaty (SP) verteidigte die Tatsache, dass manche Ausschusssitzungen geschlossen sind. "Geschlossene Sitzungen dienen der Meinungsbildung und nicht der Meinungsäußerung". Hier gehe es um Informationsaustausch sensibler und vertraulicher Informationen. Man sei nicht gegen Transparenz, sondern für Effizienz, begründete Charles Servaty die Ablehnung gegenüber dem Abänderungsvorschlag.
Ähnlich äußerten sich ProDG und PFF. Die betonten, dass es in den Ausschüssen um den Dialog gehe. Würden die Ausschüsse öffentlich gemacht, so bestünde die Möglichkeit, dass nicht mehr das beste Argument ausschlaggebend sei, sondern "rigide Parteistandpunkte" vorherrschend werden. Der Abänderungsvorschlag von Ecolo wurde abgelehnt.
Die CSP stimmte gegen die Anpassung der Geschäftsordnung, Ecolo und Vivant enthielten sich, die Mehrheitsparteien stimmten dafür.
Andreas Lejeune