Ein Naturschutzgebiet, das zugleich eine militärische Domäne ist, ist ein Kompromiss, der auch Vorteile bietet. Viele der belgischen Naturschutzgebiete befinden sich auf Militärgelände. Ein Beispiel ist das Bosland in Limburg - dort haben sich Wölfe angesiedelt.
Das Gebiet in Brecht bei Antwerpen ist wie das Militärlager Elsenborn ein geschütztes Natura-2000-Gebiet. Es enthält einige der am besten erhaltenen Gebiete feuchter Heidelandschaft in Flandern, die für das Überleben vieler seltener Tierarten wichtig sind.
Heidelandschaften sind aber in Bewegung. Wenn man nicht eingreift, verwandelt sich die Heide sofort wieder in Wald, erklärt Elsenborns Forstamtsleiter René Dahmen: "Heideflächen sind durch Menschenhand entstanden. Das waren früher Wälder. Wenn man nichts macht, dann entwickeln sich diese Weideflächen wieder Richtung Wald." Die belgische und Europäische Gesetzgebung verlangen, dass diese Heideflächen erhalten bleiben. Deswegen müssen sie gepflegt werden.
Normalerweise steht auf dem Übungsgelände in Brecht auch ein Feuerwehrauto, doch das war am Freitag außer Betrieb, weil es repariert werden musste. Zudem ist das Militärpersonal, das damit arbeiten kann, seit fünf Jahren im Ruhestand. In Elsenborn ist man wohl besser gewappnet und vorbereitet. Das bestätigt jedenfalls Forstamtsleiter René Dahmen: "Das wäre momentan nicht möglich, weil in Elsenborn ein Feuerwagen ist, der funktioniert. Seit letztem Jahr hat die Armee einen Vertrag mit der Privatfirma Sodexo. Im Vertrag ist unter anderem festgehalten, dass Sodexo permanent einen Feuerwehrwagen mit Personal bereithalten muss. Die kontrollierten Feuer, die wir jedes Jahr im Militärlager abhalten, finden in Anwesenheit von Sodexo statt."
Wir haben gelernt: Ein kleines Feuer kann die Heide verjüngen. Aber das, was in Brecht geschehen ist, ist einer der größten Naturbrände in der Geschichte Belgiens. Eine flämische Zeitung sprach vom größten in der Geschichte. Das stimmt aber so nicht, sagt René Dahmen. Vielleicht gilt das für Flandern, aber beim Vennbrand am Ostermontag 2011 brannte es auf rund 1.000 Hektar.
Damals, war man erstaunt, wir schnell sich die Natur erholt hatte. Vermutlich wird das auch im Naturschutzgebiet von Brecht der Fall sein. Das ganze Ausmaß ist noch nicht bekannt. Aber die Sorge gilt nicht so sehr den Pflanzen, sondern der Tierwelt.
Verschiedene Tierarten betroffen
Bis Sonntag durften die Biologen noch nicht aufs Gelände, berichtet die Zeitung De Standaard - so zum Beispiel Katia Claus, die seit mehr als zwanzig Jahren Schlangen beobachtet. Auf dem Gelände in Brecht soll es die größte Ottern-Schlangen-Population in Belgien geben, wenn nicht sogar in Westeuropa. Sie hofft, dass sich das ein oder andere Tier vielleicht in einem Kaninchenbau verstecken konnte. Es könnte aber zwanzig Jahre dauern, bis sich die Ottern-Bevölkerung erholt, befürchtet ein Kollege. Die Schlangen vermehren sich nicht wie Kaninchen und leider neigen sie dazu, an Ort und Stelle zu bleiben. Aber verbrannte Fläche bietet keinen Schutz vor Raubvögeln oder der Sonne. Mäuse als Futter gibt es auch kaum.
Vermutlich sind noch eine ganze Reihe von Tierarten betroffen: Alle Bodentiere, die nicht weglaufen, fliegen oder kriechen konnten, sind betroffen", sagt Förster Harry Thijs der Zeitung De Standaard. Es ist eine Katastrophe, für einige Arten mehr als für andere. Für die seltenen Arten, die nur in dieser gefährdeten sauren, nährstoffarmen Heidelandschaft gedeihen, ist der Schlag am größten. So lebt zum Beispiel der Enzianbläuling, ein vom Aussterben bedrohter Schmetterling, in sehr enger Symbiose mit einer Pflanze, dem Glocken-Enzian. Der Schmetterling legt seine Eier in dieser Pflanze ab. Dann fällt die Raupe auf den Boden, wo sie von der auch dort vorkommenden Knopfameise in ihr Nest gebracht wird. Da die Raupe eine Substanz absondert, die die Ameise mag, ist sie dort sicher, bis sie sich verpuppt hat. Aber dann muss er sich aus dem Staub machen. Also eine sehr subtile Dreiecksbeziehung, die nur in einem perfekten Ökosystem vorhanden ist. Wenn ein Glied bricht, bricht das ganze System zusammen.
"Auch viele andere Insekteneier sind verloren gegangen, was bedeutet, dass die Vögel weniger Nahrung finden", sagt Thijs. Er hat auch einige verbrannte Eier gesehen. Geschützte bodenbrütende Vögel wie der Ziegenmelker und die Heidelerche sind stark betroffen.
Manuel Zimmermann