Der Stichtag sollte eigentlich ein anderer sein. Schon länger hatte der Horeca-Sektor auf den 1. Mai gehofft, um wieder öffnen zu können. Restaurants und Kneipen hatten sich auf das Datum eingestellt, der finanzielle und psychologische Druck wurde immer größer.
Der Bürgermeister von Kelmis, Luc Frank, vertritt die neun DG-Gemeinden in den Versammlungen mit der Provinz Lüttich. "Da gibt es effektiv Kollegen, die schon mehrfach in der Konzertierung auf Ebene der Provinz Lüttich die Rückmeldung gegeben haben, dass man öffnen muss, auch für die Jugend", berichtet Frank. "Und Gewisse haben gesagt: 'So, uns ist es jetzt egal, wir machen eine Art kleine Revolution, setzen uns über Entscheidungen hinweg und öffnen am 1 Mai'."
Immer mehr Gemeinden hatten in den letzten Wochen mitgeteilt, dass Kneipen und Restaurants zum 1. Mai in Eigenregie öffnen wollen und werden. Der Lütticher Provinzgouverneur Hervé Jamar befürchtete daraufhin chaotische Zustände und schlug Kontrollmöglichkeiten vor. "In dem Zusammenhang ist dann gesagt worden, nicht für uns sondern auf Ebene der Provinz, im Rahmen der Versammlung: Wenn am 1. Mai eine Öffnung wäre, obwohl sie nicht genehmigt ist, könnten wir eine Art Begleitung machen", so Frank.
All das geschah jedoch, bevor der 8. Mai als Öffnungsdatum feststand. In der Zwischenzeit hat sich die Idee hingegen verselbstständigt. Bürgermeister aus Lüttich oder Verviers zeigten sich der frühzeitigen Öffnung gegenüber alles andere als abgeneigt. Lüttichs Bürgermeister Willy Demeyer betont gar, dass frühzeitig geöffnete Terrassen nicht kontrolliert werden sollen.
Klare Spielregeln
Für Luc Frank hingegen sind die Spielregeln seit Mittwoch klar. "Wenn einer vor dem 8. Mai öffnet, dann muss er davon ausgehen, dass eine Kontrolle stattfindet, dass er darum gebeten wird, die Terrasse zu schließen und dass dann auch gegebenenfalls ein Protokoll ausgestellt wird."
Auch Ministerpräsident Oliver Paasch unterstreicht die offizielle Entscheidung des Konzertierungsausschusses. "Ich gehe davon aus, dass der 8. Mai in Lüttich genauso gilt wie bei uns und anderswo", so Paasch. "Es ist ja auch rechtlich so, dass wir es mit einer übergeordneten Norm zu tun haben und sowohl die Gouverneure als auch die Bürgermeister im Grunde verpflichtet sind, diese übergeordnete Norm in der Praxis umzusetzen." Paasch hofft, dass dahingehend am Freitag ein Kompromiss mit den neun DG-Bürgermeistern gefunden wird.
Verwirrung hatte es auch um die Umstände der Öffnung gegeben. 70 Prozent der Über-65-Jährigen sollen vor der Öffnung der Terrassen geimpft sein. So hatte es Premierminister Alexander de Croo kommuniziert. Doch handelt es sich dabei um Bedingung oder Hoffnung?
"Das ist sowohl Bedingung wie Prognose, denn man geht davon aus, dass dieses Impfziel erreicht wird. Der Impfplan macht das möglich bis zum 8. Mai. Von heute an werden noch mehr als eine Million Menschen geimpft - gerade in diesen Kategorien", so Paasch. "Insofern kann eigentlich kein Zweifel daran bestehen, dass man dieses Impfziel auch tatsächlich erreichen wird."
Gut drei Wochen sind es noch bis zur offiziellen Öffnung der Terrassen. Zeit genug, sich mit allen Akteuren auf eine gemeinsame Linie zu verständigen - ob in der DG, in der Provinz oder föderal.
Andreas Lejeune