Fast 30 Jahre lang war Ingrid Mertes die Krankenhausdirektorin von St. Vith. Ihr Weggang Ende Februar kam für so manchen Außenstehenden überraschend. Und vor allem: Ihr Ausscheiden hat viele Menschen bewegt.
Noch immer stapeln sich die Grußkarten in ihrem Wohnzimmer, noch immer trifft Post ein. "Überrascht hat mich die Masse und die Dauer. Es sind viele Leute, die zu Weihnachten schreiben, die sich melden, eine Whatsapp schicken. Und das wundert mich eigentlich: diese Kontinuität."
Worte des Dankes von Patienten, von Mitarbeitern, von Wegbegleitern. Als die Kündigung am 23. Februar kam, war das für die 58-Jährige nicht unerwartet.
"Die Tatsache, dass das Krankenhaus einen neuen Generaldirektor gemeinsam mit dem St.-Nikolaus-Hospital sucht, war ein deutlicher Indikator, dass eine Veränderung in der Direktion ansteht. Und deshalb ist das für mich nicht überraschend gewesen. Die Annonce war auch im November in der Presse. Und ja, es hat bis Februar gedauert, bis die Situation bereinigt wurde."
Es habe der Wunsch nach Veränderung bestanden. Eine Veränderung, die sie nicht habe herbeiführen können. Sie habe vor allem eine gemeinsame Vision vermisst. Für den Standort St. Vith sagt sie: "Es gibt ein Strategiepapier für die Periode 2019-2025 und das ist der Stand der Dinge für mich, der die Vision der Klinik St. Josef beschreibt. Jetzt gibt es eine neue Entwicklung für ein gemeinsames Management Eupen-St. Vith und wie das Visionspapier und Strategiepapier für diese Zusammenarbeit aussieht, entzieht sich meiner Kenntnis."
"Das sind Gespräche, die auf Ebene der Verwaltungsräte erfolgt sind. Es hat eine Initiative der Deutschsprachigen Gemeinschaft gegeben, mit Unterstützung einer ausländischen Firma, die ein Projekt erarbeiten sollte. Wie die Verwaltungsräte jetzt ihre Strategie definiert und zu Papier gebracht haben, das kann ich ihnen nicht beantworten."
Für den Laien erscheint es komisch, dass der Direktor in diese Gespräche nicht miteinbezogen wurde, findet auch Ingrid Mertes. Ein Vertrauensbruch? Es gibt viele offene Fragen. Fest steht: Ingrid Mertes geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Bei mir überwiegt eindeutig das lachende Auge. Wenn ich sehe, dass das fluppt, dann ist das etwas, was extrem viel Energie freisetzt. Und wenn ich merke, dass diese Energie nicht in Einklang steht mit den strategischen Zielen, dann ist es auch nicht mehr gut."
"Und dann ist es konsequent, wenn ein Verwaltungsrat sagt: Wir suchen uns einen anderen, um diese neuen Ziele zu verwirklichen. Daher ist da auch keine Verbitterung. Da ist ein bisschen Nostalgie. Es ist vor allen Dingen das soziale Umfeld, das ich vermissen werde. Diese tollen Leute, diese großen Equipen und diese begeisterungsfähigen Leute, die im Krankenhaus arbeiten. Ganz klar ist das ein Umfeld, wo man tollen Leuten begegnet."
Ingrid Mertes: Juristin trifft Landwirt - eine Kombination, die passt
dop/km