Am Montagabend hat im Europaparlament die Abstimmung bezüglich der Immunität von Carles Puigdemont, Toní Comin und Clara Ponsatí stattgefunden. Im Vorfeld hatten Konservative, Liberale und Sozialdemokraten für die Aufhebung der Immunität geworben.
Die Abstimmung war geheim, um seine eigene Haltung macht Pascal Arimont jedoch keinen Hehl. "Ja, ich habe auch dafür gestimmt. Aus einem einfachen Grund: Weil wir davor die Sache in einem Ausschuss schon überprüft haben und der Ausschuss zu der Schlussfolgerung gekommen war, dass hier alle Bedingungen zur Aufhebung einer Immunität tatsächlich vorliegen. In der Regel heben wir als Parlament dann die Immunität auch auf, weil wir der Meinung sind, dass die Gerichte dann ihre Arbeit tun sollen und tun müssen."
Auch die Reihenfolge der Vorfälle ist für Pascal Arimont mitbestimmend. "Wir wissen alle, dass es darum geht, dass der spanische Staat, beziehungsweise das höchste Gericht Spaniens, die drei Personen dafür verfolgt, dass sie 2017 diese Demonstrationen und dieses Referendum organisiert haben, obwohl die spanische Verfassung das so nicht erlaubt und dementsprechend dann so bestraft."
Es gehe also um Geschehnisse, die zu einem Zeitpunkt stattgefunden haben, als die drei Katalanen noch keine Europaparlamentarier waren. Diese Geschehnisse müsse nun die spanische Justiz - und im zusätzlichen Fall der Auslieferung Puigdemonts die belgische Justiz - treffen.
"In beiden Fällen vertraue ich den Gerichten, dass sie in objektiver Art und Weise diesen Fall klären und ein Urteil sprechen werden. Das ist nicht meine Rolle, anstelle des Gerichtes dort ein Urteil zu fällen. Da müssen wir schon unterscheiden, dass wir zwar eine Art Immunität haben, aber in dem Fall hier sollen die Gerichte entscheiden, was mit den Herren passiert."
Angesprochen auf die Verhältnismäßigkeit der Reaktion der spanischen Justiz ist Arimont deutlich. Puigdemont und seine Mitstreiter hätten einen verfassungswidrigen Weg gewählt, obwohl rechtskonforme Möglichkeiten zur Verfügung standen. "Die spanischen Kollegen haben mir das lang und breit erklärt, es gibt in der spanischen Verfassung die Möglichkeit, sich von Spanien abzuspalten."
"Das kann man auch über ein Referendum machen, diese Möglichkeit besteht. Nur halt eben nicht nur in dem Teilstaat. Wenn ein Teilstaat laut Verfassung richtig gehandelt hätte, dann hätten sie ein Referendum in ganz Spanien gemacht. Und dann hätte ganz Spanien darüber abstimmen müssen, ob der Teilstaat Katalonien sich von Spanien abspalten kann."
Wege zur Unabhängigkeit seien immer mit hohen Hürden verbunden. In diesem Fall seien die Hürden jedoch legitim. "Oder man ist der Meinung, dass die spanische Verfassung nicht mit europäischen Werten vereinbar ist oder europäischen Werten widerspricht. Dann muss man das auch sagen. Aber das sagt niemand. Das habe ich bis heute nicht gehört. Auch, dass die spanische Justiz nicht neutral sei, das lese ich auch in keinem Bericht."
Ein Europa der Regionen sieht Pascal Arimont nicht in Gefahr. "Das widerspricht dem nicht, sondern es bestärkt das sogar. Denn wir sprechen ja von der Region und nicht von der Schaffung eines eigenen Staates aus solch einer Region."
Somit ist der Ball fürs Erste weitergespielt. Der Aufhebung der Immunität folgt jedoch nicht unbedingt eine Auslieferung nach Spanien, sodass das letzte Wort um Kataloniens Unabhängigkeit noch nicht gesprochen ist.
Andreas Lejeune
Herr Arimont.
Sie haben richtig gehandelt. Auch Politiker wie Puigdemont müssen Gesetze respektieren. Er und seine Mitstreiter hätten das gesetzmäßige Verfahren einhalten müssen. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Die Probleme in Katalonien müssen friedlich und im Dialog geregelt werden.
Unabhängig von dieser Thematik bin strikt gegen die Schaffung neuer Staaten. Denn es entstehen unnötige Probleme. Ein Blick nach Afrika oder den Balkan genügt, um dies zu begreifen. Unabhängigkeit kann man in vielen Fällen gleichsetzen mit Elend, Not und Leid für die Bevölkerung. Ein gutes Beispiel ist Südsudan. Was hat den Menschen dort die Unabhängigkeit gebracht ? Andere Beispiele gescheiterter Staaten sind Kongo-Kinshasa, Kosovo.
Widerlich so ein Vorgehen. Schlimm, dass solche Entscheidungen nur einigen überlassen werden. Das schadet Belgien sehr. Eine glatte Nullnummer Herr Arimont, viel Freude beim Applaus klatschen Herr von und zu Eimerscheid! Alle Achtung...
Schön mit dem Wind wehen.
Damit hat dieser Mann auch meinen Vertrauensbonus verspielt. Ich dachte, wenigstens der wäre wenigstens noch in Ordnung, weil der sich angeblich so sehr für ein Ende der illegalen Grenzkontrollen der damaligen abgewählten MR-Regierung stark gemacht hat.
Es scheint dieser EU besonders zu gefallen, Menschen zu entrechten wenn sie dem "Falschen Volk" angehoeren. Schließlich ist bekannt, dass die Katalonischen Nationaldissidenten von den Spanischen Rechtsextremisten politisch jenseits jeglicher Rechtsstaatlichkeit verfolgt werden, wo selbst der Nordkoreanische Führer aus der Ferne vor Neid erblasst.
Wer dem Katalonischen Volk als Politiker das nationale Existenzrecht abspricht ist vermutlich gar nicht weit davon entfernt, das physische Existenzrecht z.B. von Israel oder Deutschland ebenfalls in Frage zu stellen.
Ich kann nur sagen, Westeuropa hat rein gar nichts aus seiner abscheulichen Geschichte gelernt, angefangen von 1.400 mit der Ausrottung der Indianer durch die Spanier.
Ich hoffe, dass durch die Flamen Puigdemont vor den Spanischen Folterknästen im Flämischen Teil der Foederation in Sicherheit ist.
Sie haben falsch gehandelt. Leider gibt es viele EU Staaten, die die gemeinsamen Werte der EU bisher mit Füßen treten. Neben Ungarn, Polen, Tschechien und der Slowakei ist das vor allem Spanien.
IDieses Abstimmungsergebnis hat für mich einen faden Beigeschmack ! Ähnlich wie bei dem Brexit kann die EU sich nicht vorstellen, dass Menschen unzufrieden sind mit der jetztigen Ordnung... Dazu mal eine rein theoretische Frage... Was wäre wenn ein Teil der Ostbelgier eine Abstimmung über unsere Zugehörigkeit zu Belgien verlangten...? Vielleicht mit der Begründung, dass es nie eine unabhängige Abstimmung gegeben hat ? Wären diese Leute dann Verbrecher ?
@JP Drescher zu:
Ich hoffe, dass durch die Flamen Puigdemont vor den Spanischen Folterknästen im Flämischen Teil der Foederation in Sicherheit ist.
Puidgemont versteckt sich in der Wallonie (Waterloo) und kann kein Wort niederländisch/flämisch , soviel das er sicher in Flandern ist 🙂
Ob ein unabhängiges Katalonien die bessere Lösung für die Gesamtheit der dortigen Bevölkerung ist , kann man bezweifeln. Die spanischen Nationalisten werden alles tun dies zu verhindern. Katalonien wäre im Fall der Unabhängigkeit auch nicht mehr Teil der EU und würde es gegen den Willen der Spanischen Regierung auch nicht mehr werden. Ein Lösung ist vermutlich nur mit einer Teilautonomie möglich, (siehe Regionen in Belgien oder Kantone in der Schweiz).
Es liegt jetzt an Belgien ob eine Auslieferung erfolgt. Belgien hat eine lange und gute Tradition politisch Verfolgte zu schützen. Ich hoffe diese Haltung wird auch in diesem Fall zum Zuge kommen.
Hat unser ostbelgischer EU-Parlamentarier nicht auch gegen die Aufnahme der vom Katalanischen Volk gewählten Vertreter ins EU-Parlament gestimmt und wurde dafür, wie das gesamte EU-Parlament, vom EU-Gerichtshof auf die Finger getickt?
Haben europäische Gerichte (Schweiz, Deutschland, Schottland, Belgien) nicht die Auslieferung der Katalanen verweigert und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese keine in anderen EU-Ländern strafbare Handlung begangen hätten und in Spanien politisch verfolgt würden und keinen fairen Prozess zu erwarten hätten?
Als ostbelgischer EU-Parlamentarier spanische politische Gerichtsbarkeiten stärken, aber belgische Gerichtsurteile übergehen, welch eine Anmaßung. Verfolgte Politiker im EU-Ausland unterstützen, aber bei Menschenrechtsverletzungen und politischen Gefangenen in Spanien die Augen verschließen – Schande über solche EU-Parlamentarier.
Vielleicht sollten einige EU-Parlamentarier bei dem bleiben was sie glauben zu können: den Krümmungsgrad der Gurken messen.
Meine Herren, in Ihren Kommentaren lassen Sie eines außer acht: Die parlamentarische Immunität schützt einen Abgeordneten des EP vor Strafverfolgung wegen politischer Vergehen, die WÄHREND seiner Amtszeit als Europa-Abgeordneter verübt wurden.
In Fällen, die nichts mit seiner politischen Tätigkeit zu tun haben (beispielsweise Fahren unter Alkoholeinfluss) oder die auf eine Zeit zurück gehen, in der der Betroffene nicht Mitglied des EP war, wird seine Immunität grundsätzlich aufgehoben. Und vor den letzten Wahlen war Puigdemont kein Europa-Abgeordneter. Alles klar?
In der spanischen Verfassung kommt das Wort "Katalonien" nicht vor, es steht aber drin:
Artikel 2.: Die Verfassung gründet sich auf die unauflösliche Einheit der spanischen Nation, gemeinsames und unteilbares Vaterland aller Spanier; sie anerkennt und gewährleistet das Recht auf Autonomie der Nationalitäten und Regionen, aus denen sie sich zusammensetzt, und auf die Solidarität zwischen ihnen.
1. Spanien ist de facto ein föderaler Vielvölkerstaat.
2. Katalonien ist nicht verfassungsautonom.
Pascal Arimont hat richtig gehandelt.
Herr Scholzen,
es geht nicht um spanisches Bundesrecht, es geht um internationales Recht. Niemand darf wegen seiner Rasse oder seines sozialen Statuts diskriminiert oder politisch verfolgt werden. Wir gehen auch nicht hin um festzustellen dass unter der NS-Diktatur für ein paar Jahre irgendwelche NS-Verbrechen "gesetzeskonform" waren.
Herr Puigdemont und alle anderen Katalonischen Nationaldissidenten sind unter internationalen Schutz zu stellen vor den Spanischen Vollstreckungsbeamten.
Enfin,
"Was wäre wenn ein Teil der Ostbelgier eine Abstimmung über unsere Zugehörigkeit zu Belgien verlangten…?"
Jeder weiß dass ich repräsentativ für die große Mehrheit der DG für eine Foederation der vier gleichberechtigten Gliedstaaten nach dem Modell-KHL bin.
Unter der hypothetischen Annahme die Mehrheit der DG wollte dass die DG anderweitig weiterbestehe, wäre internationales Recht bedingungslos zu respektieren.
#MSE spricht sich korrekterweise für Volksabstimmungen aus nach Schweizer Vorbild. Ganz gleich welches Ergebnis dabei rauskommt hat man es zu respektieren. Jede Sache hat immer zwei Seiten.
Herr Arimont hat die Sachlage korrekt dargestellt.
Es gibt im Völkerrecht kein generelles Recht auf Sezession.
Für Interessierte: "Völkerrecht und Sezessionen – Legitimität nur für Einigungswillige?" von Valeria Nickel (Bitte googeln!)
Am besten ist es, man macht sich selbst ein Bild und reist in einen unabhängig gewordenen Staat. Ich war 2018 mal in Bosnien-Herzegowina und habe mit vielen Menschen gesprochen. Viele trauern den alten Zeiten nach unter Tito. Die Unabhängigkeit hat der Bevölkerung nichts gebracht. Viele wandern aus, weil es zu Hause keine Perspektive gibt. Dieser Staat ist gescheitert und nur dank internationaler Präsenz wurde bis jetzt ein neuer Krieg verhindert. Am eindrucksvollsten für mich war die Situation in Mostar, das in eine bosniakische und kroatische Hälfte gespalten ist. Spannungen und Provokationen sind dort an der Tagesordnung.
Und warum überraschen mich Ihre Beobachtung zu Bosnien nicht?`
Ganz einfach, weil Jugoslavien durch Fremdeinfluss der westeuropäischen EU vorsätzlich destabilisiert wurde mit dem Ziel, die Bundesrepublik Jugoslavien zu vernichten.
Im Gegensatz zu Schottland, Schlesien und Katalonien wurden gezielt normale
und politisch neutrale Bosnier, Slovenen und Kroaten in Stimmung gebracht gegen Serbien, obwohl kaum jemand von den dreien wirklich gegen die Serben war.
Die niederen Beweggründe der EU bzw. der NATO liegen wohl irgendwo in einem braunen Cocktail aus EU-Nationalismus und Kampf dem verhassten Kommunismus. Vielleicht auch um die UdSSR einzuschüchtern.
So richtig die schmutzigen Hosen runter gelassen haben die EU und die NATO mit der Bombardierung der Serbischen Zivilbevoelkerung durch gezielte Luftangriffe. Ohne Zweifel handelt es sich um Kriegsverbrecher.
Im Gegensatz zu den neuen Ländern im früheren Jugoslavien wollen Schotten und Katalonen ohne Fremdeinfluss einfach nur in Frieden als eingenständige Nation befreit leben in sicherem Abstand vor ihren übermächtigen Peinigern aus dem Westen.
Sie sollten sich wirklich mal eingehender mit der Geschichte Jugoslawiens befassen, Herr Drescher. Dann würden Sie nicht solchen Unsinn verzapfen.