2020 hätte ein Jahr zum Feiern werden sollen. Mit Fußball-EM und Olympischen Spielen, mit Jubiläen, Sommerfesten und Konzerten. Ist es aber nicht. Ein Fest hat es dann doch noch geschafft: "100 Jahre Ostbelgien" mit einem Festakt im Senat und hochrangigen Gästen aus dem In- und Ausland.
Dass vor 100 Jahren unsere Region belgisch und Ostbelgien zu einem gleichberechtigten Gliedstaat im Land wurde, bezeichnet Ministerpräsident Paasch als Glücksfall der Geschichte. Für Parlamentspräsident Lambertz war es im Januar daher wichtig, in der Hauptstadt zu feiern: "Mittlerweile versteht sich Belgien auch als ein deutschsprachiger Staat. Und bei jeder der Staatsreformen hat man die Deutschsprachige Gemeinschaft korrekt, weitgehend gleichberechtigt in das System eingebaut."
Weniger gefallen hat der Festakt Jean-Paul Bastin. Der Bürgermeister von Malmedy vermisste dort seine Stadt und Weismes, die Teil der gemeinsamen Geschichte seien. Nach der verpassten Chance soll die Bande neu geknüpft werden.
Der Protest erreicht auch das DG-Parlament, wo sich Ministerpräsident Oliver Paasch rechtfertigen musste. Oliver Paasch stellte klar, dass eine Arbeitsgruppe schon seit Anfang 2018 ein Programm vorbereitet. Dazu gehören Veranstaltungen und Initiativen, die Malmedy und Weismes einbeziehen. Die Veranstaltung im Senat habe ausdrücklich der Entwicklung der Deutschsprachigen Gemeinschaft als Institution gegolten.
Die Zugehörigkeit zu Belgien besiegelte auch die Zeit von Neutral-Moresnet. Kelmis hatte sich eine Reihe von Veranstaltungen vorgenommen, wie die Neuauflage des Volksfestes "Neutralia". Es blieb bei einem Festakt im Januar - Bürgermeister Luc Frank: "Diese Neutralität ist einzigartig weltweit und das wollen wir auch ganz gezielt nach außen verkaufen, um auch Touristen in unsere Region anziehen zu können."
Im September dann präsentieren Historiker ihre virtuelle online Ausstellung "Zeitschichten". Sie wirft einen Blick auf die vergangenen 100 Jahre der Region. Philippe Beck von der Uni Luxemburg und hat die Ausstellung mitentwickelt. "Natürlich werden sich viele Ostbelgier dafür interessieren. Aber alles ist auch so zugeschnitten, dass es für den Deutschen in Berlin, der die Gegend kaum kennt, verständlich ist."
Ein schwerer Schlag für die ostbelgischen Historiker dann im November. Carlo Lejeune tritt als Leiter des Zentrums für ostbelgische Geschichte zurück. Die öffentliche Diskussion um ein mutmaßliches Plagiat in seiner Doktorarbeit zwingt ihn dazu. Die zuständige Uni Trier hat den Fall noch nicht abschließend bewertet.
Die Stadtverwaltung von Eupen bezieht im Januar das neue Stadthaus, an der Pater-Damian-Schule tritt Elmar Schlabertz als Direktor zurück. Die 27-jährige Marie Kever beerbt ihn im April: "Ich freue mich darauf, habe aber auch viel Respekt davor."
In der Eifel ehren drei Gemeinden ihre ehemaligen Bürgermeister: Emil Dannemark, Klaus Schumacher und Josef Maraite dürfen sich Ehrenbürgermeister nennen.
Kelmis feiert Karneval ohne Prinzen, St. Vith und Deidenberg ohne Karnevalszug – das Wetter ist zu schlecht. Und in Eupen löst sich im Herbst der Traditionsverein "Blaue Funken" auf.
Die Agora startet mit "Die drei Leben der Antigone" ihr Jubiläumsjahr. Im Juni erscheint ein Buch über Marcel Cremer, der das Theater vor 40 Jahren gegründet hat. Die große Jubiläumsfeier im Herbst kann nicht stattfinden.
Corona vor der ostbelgischen Haustüre
Gangelt im Kreis Heinsberg bildet den ersten Corona-Hotspot direkt vor der ostbelgischen Haustüre. Mit Hochdruck bereiten sich auch die Krankenhäuser in Eupen und St.Vith auf den ersten Corona-Patienten in Ostbelgien vor. "Wir haben eine gewisse Anzahl an Schutzanzügen in der Notaufnahme, wir haben räumliche Möglichkeiten, einen Isolationsbereich zu definieren. Wir können die Diagnostik durchführen. Wir können isolieren", erklärt Dr. Erik Hahnloser vom St. Vither Krankenhaus.
So wirklich weiß noch niemand, was auf uns zukommt. Anfang März ist es soweit: In Ostbelgien gibt es einen ersten Coronavirus-Verdachtsfall. Der Patient soll Kontakt zu einer Person gehabt haben, die sich in Venedig aufgehalten hatte, aber keine Krankheitssymptome aufwies.
Zwei Tage später hat sich der Verdacht bestätigt. Der Patient wird damals noch nach Brüssel verlegt. Dr. Frédéric Marenne, Chefarzt vom Eupener Krankenhaus: "Ich kann Ihnen sagen: Auch wenn man darauf vorbereitet ist - wenn es da ist, das verlangt schon ziemliche Organisation. Wir werden natürlich eine Krisenzelle weiter behalten für alle möglichen Fälle, die, so wie ich glaube, sich melden werden."
Das Virus breitet sich im ganzen Land aus. Mitte März zieht die Föderalregierung die Notbremse. Sie fährt das öffentliche Leben herunter. Am Tisch des Nationalen Sicherheitsrats sitzt auch DG-Ministerpräsident Oliver Paasch: "Es geht tatsächlich jetzt darum, zu verhindern, dass wir innerhalb der nächsten neun Tage italienische Verhältnisse erleben, dass die Krankenhäuser nicht mehr in der Lage sein würden, Patienten aufzunehmen."
"So wenig persönliche Kontakte wie möglich" heißt es. Ab jetzt gilt: Home-Office, Besuchsverbot in Altenheimen, Geschäfte und Schulen schließen. Unterrichtsminister Harald Mollers: "Wir bitten alle Eltern eindringlich darum, ihre Kinder nicht zur Schule zu schicken. Die Betreuung, die wir aufrecht erhalten, dient wirklich für die Notfälle."
Der Frühling beginnt, das soziale und wirtschaftliche Leben soll in den Winterschlaf. So kann der Kampf gegen das Virus funktionieren – so haben es die Chinesen vorgemacht, sagt auch der Hausarztsprecher Dr. Marc Franckh: "Sie haben uns bewiesen, dass man zum ersten Mal so eine Pandemie auch bremsen und stoppen und beherrschen kann. Und wir müssen ähnliche Maßnahmen nehmen, damit das auch bei uns funktioniert."
Wochenlanger Lockdown – das haben die heutigen Generationen noch nie erlebt. "Ja, et is schon dramisch, wat in de Welt los ist, aber Sorgen mach ich mich keine, weil ich ja nirjendwo geh", sagte im Frühjahr eine Passantin bei einer BRF-Straßenumfrage.
"Dramisch" wird zum geflügelten Wort in Ostbelgien. Und es passt: Am 26. März stirbt der erste Ostbelgier in Zusammenhang mit dem Corona-Virus. Das Eupener Krankenhaus nutzt inzwischen drei Stationen für Covid-Patienten und hat die Kapazität der Intensivstation verdoppelt.
Auch St. Vith beklagt Ende März die ersten Covid-Toten. Angst vor der Krankheit führt auch in Ostbelgien zu Stigmatisierung. "Dann geht es auch darum, dass Familien einen Schutz haben wollen", sagt Ingrid Mertes, die Direktorin der St. Vither Klinik. "Dass nicht jeder weiß, dass der Opa im Rahmen einer Corona-Erkrankung gestorben ist. Es gibt tatsächlich unvernünftige Leute, die dann die Angehörigen behandeln, als ob sie zu einer Gruppe von Aussätzigen gehören."
Weil sich die Lage zuspitzt, sollen mobile Ärzte-Teams in Ostbelgien die Ärzte entlasten. Hausärzte können die Teams anfordern und zu weniger mobilen Patienten schicken, die sich in häuslicher Quarantäne befinden. Die Teams untersuchen Covid-Patienten und Covid-Verdachtsfälle und überweisen sie bei Bedarf in ein Krankenhaus.
Dort wird deutlich, dass es an Schutzmaterial mangelt. Eupens Chefarzt Marenne: "Desinfektionsmittel haben wir, dank der Firma Filter Service, 400 Liter bekommen. Maske, muss man sagen, ist ein bisschen das Problem. Wir hatten eine Lieferung vom Ministerium von De Block erhalten. Und diese Masken sind nicht zu gebrauchen."
Nicht nur dort sind Masken Mangelware. Daher greift die DG-Regierung auch bei unkonventionellen Angeboten zu: Die DG-Regierung hat über einen belgischen Mittelsmann 100.000 Atemschutzmasken vom Typ FFP2 aus China gekauft. Der Mann aus Uccle hatte das Los über private Kontakte nach China angeboten.
Nutznießer sind Berufstätige im Gesundheitswesen, egal ob die Deutschsprachige Gemeinschaft für sie zuständig ist oder nicht. "Wir haben zum Beispiel nicht nur Masken verteilt, sondern auch Schutzbrillen und auch Handschuhe und Desinfektionsmittel, wenn das notwendig war", sagt Gesundheitsminister Antonios Antoniadis.
Unternehmen in Ostbelgien stellen ihre Produktion um, um Schutzmaterial herzustellen. Aus Alkohol einer Brennerei wird Desinfektionsmittel. Das Eupener Unternehmen Weimat AG arbeitet unter normalen Umständen für die Automobilbranche und hat in der Corona-Krise kurzerhand eine eigene Mundschutzmasken entwickelt, wie Alexander Weiss, Geschäftsführer der Weimat AG, erklärt. "Wir haben uns gefragt: Was können wir machen? Wir sind im Aluminiumgeschäft. Wir können sehr schnell reagieren, lass uns doch mal schnell so eine Form machen."
Ende Mai entscheidet die DG-Regierung aber, die Bevölkerung mit anderen Masken auszustatten – so wie der Nationale Sicherheitsrat es beschlossen hat. Ausgeliefert werden importierte Stoffmasken.
Die Gemeinden sollen die Masken verteilen – eine logistische Mammutaufgabe, für die die Gemeinden auf viele Freiwillige zurückgreifen. In Amel kombiniert Schöffin Anna Pauels den kommunalen Maskenlieferservice mit ihrem Lauftraining. "Ich bin schon vom Typ her ein bisschen ungeduldig und da laufe ich lieber, als zu wandern. Ich gehe auch sonst vier Mal die Woche laufen und das passt ganz gut da rein gerade."
Ernüchterung macht sich bei einigen Bürgern breit, als sie sehen, dass die DG-Masken zu Hygienezwecken Nanopartikel enthalten. Kritiker befürchten, dass diese Nanopartikel gesundheitsschädlich sein könnten. Minister Antoniadis teilt die Sorge über die Maske nicht: "Sie hat ja dieses Ökotex-Zertifikat, was ja eigentlich belegt, dass alle Komponenten, die dort verwendet wurden, auf jeden Fall unbedenklich sind und somit dann auch keine Schadstoffe enthalten."
Neben den Krankenhäusern ächzen vor allem die Seniorenheime. Gerade ältere Menschen sind die Hochrisikogruppe. Simonne Doepgen darf sich Anfang Mai einen Einblick verschaffen. Ein Auszug aus ihrer Reportage:
Manuela Thielen ist Krankenpflegerin auf der Covid-Station im Pflegeheim St. Joseph. "Die Ruhe, die hier herrscht, die herrscht in den anderen Wohnbereichen nicht so, weil da immer diese Angst war. Und hier hat keiner mehr Angst, weil eben alle positiv sind. Wir können auch lockerer damit umgehen. Hier können die Bewohner zusammen essen, hier muss niemand auf seinem Zimmer bleiben. Dabei wurde anfangs von Tag zu Tag improvisiert."
"Ich denke im Allgemeinen sind in ganz Belgien die Altenheime zu Anfang sehr stark vergessen worden", sagt Krankenpfleger Nicolai Schmitz. "Es war immer nur der Fokus auf das Krankenhaus und wir versuchen hier, alles noch - so gut es geht - zu retten. Und mittlerweile glaube ich, schaffen wir es, dass es jetzt eingedämmt wird."
Noch immer ist der Tod ein fast täglicher Begleiter. Zu Beginn der Krise war es Angehörigen verboten, sich selbst bei Sterbenden zu verabschieden. "Wo wir dann sagen müssen: Sie dürfen nicht kommen. Also gab es Töchter und Söhne und Enkelkinder, die bitterlich weinten am Telefon – da weinten wir mit. Das tat uns so leid. Wenn die Angehörigen so bitterlich trauern am Telefon, das tut weh, das tut richtig weh."
Neben St. Josef in Eupen wird auch das Seniorenheim in Bütgenbach schwer von Corona getroffen. Nicht nur das: Das Grenz-Echo berichtet über Missstände bei der Personalpolitik, dem Medikamentenmanagement und der Hygiene. Vivias als Betreiber des Heims bittet die Behörden, die Vorwürfe zu prüfen.
Der Vivias-Vorsitzende Friedhelm Wirtz weist im Frühsommer die Anschuldigungen zurück. "Das war ganz schrecklich eigentlich, weil derartige Geschichten, die lähmen natürlich enorm. Wenn es bis zu einem Tage X keine außergerichtliche Einigung gibt, dann wird das Gericht sagen, wer denn jetzt richtig liegt mit diesen Äußerungen, oder wer falsch liegt."
Das Eupener Krankenhaus gerät nicht nur durch Corona in die Schlagzeilen. Anfang des Jahres machen Spekulationen die Runde, das Entbindungsheim in Eupen könnte schließen. Im November kündigt Direktor René Jost seinen Rücktritt an. Kurz darauf beschließen die Krankenhäuser Eupen und St. Vith, einen gemeinsamen Direktor zu suchen. Und im Dezember weiht das St. Nikolaus Hospital das neue Gebäude mit dem Namen Z ein.
"Also die ersten Ergebnisse waren schon eigentlich eine Sensation", sagt Klaus-Dieter Klauser zu dem, was Grabungen zu einem neuen Wohnkomplex im Juni in St. Vith zutage gefördert haben: Überreste einer Mauer und Ansätze eines Turms. "Größtenteils lässt sich alles in das Spätmittelalter setzen. Und es sind wirklich außergewöhnliche Mauern, die wir haben, bis zu einer wahrscheinlich vier Meter tiefen Stadtbefestigungsmauer. Und das ist einfach großartig, was hier heraus gekommen ist", sagt Martin Müller, der die Grabungen geleitet hat.
Sie sind somit älter als das Wahrzeichen der Stadt, der Büchelturm. Eine Bürgerinitiative setzt sich dafür ein, dass die Funde unter Schutz gestellt werden und sammelt über 2.800 Unterschriften von Unterstützern. Ende des Jahres stellte die Deutschsprachige Gemeinschaft die Funde unter Schutz.
Weniger Glück mit historischen Bauten hat Lontzen. Die SNCB lässt den alten Güterbahnhof Tivoli in Herbesthal abreißen. Er ist zu baufällig. Zum Leidwesen von Bürgermeister Patrick Thevissen: "Das Verschwinden des Bahnhofes ist extrem schade, aber gleichzeitig nicht vermeidbar gewesen."
Grenzen - das Aufregerthema 2020
Kaum eine andere Maßnahme im ersten Lockdown hat die Ostbelgier so aufgewühlt wie die faktischen Grenzschließungen. Nur wer einen triftigen Grund wie Arbeit oder Arztbesuch hat, darf in ein Nachbarland fahren. Der damalige Innenminister Pieter De Crem hat kurz nach Inkrafttreten der neuen Regel Grenzkontrollen in Kelmis besucht. "Tourismus, Einkaufen, Familienbesuche - das sind keine essentiellen Sachen. Es ist dann und wann ganz schwer, das zu respektieren. Aber wir haben diese Kontrollen realisieren müssen."
Nicht nur De Crem verteidigt die Grenzschließung, wie Bürgermeister Luc Franck erklärt. "Also wir hatten Anfragen, das mitzuteilen nach Brüssel, dass endlich Grenzkontrollen stattfinden. Viele Leute hatten die Möglichkeit, noch nach Vaals zu fahren zum Einkaufen, zum Bummeln – auch nach Aachen. Und das hat schon zu auch kleinen Spannungen geführt, dass einige sich nicht an diese Abmachungen hielten."
Viele Bürger sehen das aber völlig anders. Denn es geht nicht nur ums Einkaufen und auch nicht nur um den Verwandtenbesuch. Der Heimathistoriker Dr. Herbert Ruland ist in einer BRF-Diskussion zum Thema Grenzschließung fassungslos: "Ein Zustand wie heute hat es noch nie gegeben in meinem ganzen Leben."
In die gleiche Kerbe schlägt Raerens Bürgermeister Erwin Güsting – selbst ein Grenzpendler. "Es macht mich also schon betroffen, dass Ressentiments wieder hochkommen." Güsting gestattet dann auch mitten im Lockdown eine Kundgebung am Grenzübergang Köpfchen. Immerhin bemühen sich die Teilnehmer um körperlichen Abstand.
Mit dabei Stefan Birk, für den die Grenzschließung mehr ist als nur eine praktische Frage. Sie wühlt tiefer. "Die Bedrückung äußerte sich zum Beispiel darin, dass ich - trotz 40-jähriger Selbständigkeit in Belgien, Steuer in Belgien und Assimilation mit belgischen Behörden und mit anderen Belgiern - plötzlich denke: Oh Gott, du bist Deutscher. Kannst du hier überhaupt sagen, was du denkst?"
Das darf nicht so bleiben, denken Lutz-René Jusczyk und etliche Mitstreiter. Sie starten als 'Open Boarders Belgium' eine Onlinepetition für offene Grenzen. "Wenn man jetzt die Nachbarländer sich ansieht, da gelten ja ganz ähnliche Regeln zur Pandemiebekämpfung. Insofern scheinen manche Regeln da ziemlich absurd."
Und viele haben unterschrieben. Am Ende unterzeichnen über 7.000 Bürger die Petition. Am 29. Mai dann die Nachricht: Die Grenzen werden wieder geöffnet. Fortan gilt: Erlaubt ist im Ausland all das, was auch im Inland erlaubt ist. Ministerpräsident Oliver Paasch: "Wir haben ein sehr dickes Brett während vieler Wochen bohren müssen. Dieser Erfolg heute ist das Resultat einer engen Zusammenarbeit beispielsweise mit Pascal Arimont, Kattrin Jadin oder auch Karl-Heinz Lambertz."
Die Petition von Lutz-René Jusczyk schafft es über den ostbelgischen EU-Abgeordneten Pascal Arimont ins EU-Parlament und das wiederum verabschiedet eine Resolution gegen die Grenzschließungen. Mitgliedsstaaten sollen sich im Klaren sein, dass grenzüberschreitendes Pendeln in der EU der Normalzustand ist.
Grundsätzlich braucht es laut Arimont in Pandemie-Lagen mehr Europa. "Was ich mir wünschen würde, ist, dass die Europäische Union eine Befugnis darin erhält, solche Pandemien von oben nach unten zu planen, damit dort eine koordinierte Vorgehensweise verpflichtet ist."
Dicht sind im Frühjahr nicht nur die Grenzen, sondern auch die Schulen. Mitte Mai dürfen die ersten Schüler wieder in die Klassen – wenn auch unter Auflagen und in Angst, denn das Virus ist immer noch da. "Diese Ängste sind da, auf jeden Fall, nicht nur bei den Eltern da, auch bei den Lehrpersonen zum Teil", erklärt Karin Plumacher, die Leiterin der Primarschule am Athenäum Eupen.
Kurz vor Ende des Schuljahres erhalten dann alle Kinder und Jugendliche zumindest noch etwas Unterricht. "Viele Familien sind bis an die Grenzen der Belastbarkeit gegangen oder darüber hinaus. Deswegen ist es Zeit, dass da sich jetzt etwas tut, dass wir auch die Jüngsten der Bevölkerung wieder ein Stück weit in die Normalität zurückführen", sagt Unterrichtsminister Harald Mollers.
"Die Schulen um jeden Preis offenhalten" lautet die Lehre aus dem ersten Lockdown. Gestritten wird aber über die Maskenpflicht. Ist es Jugendlichen zuzumuten, den ganzen Tag in der Klasse im Unterricht eine Mundschutzmaske zu tragen?
Der Druck wächst – auch auf Minister Harald Mollers. "Ich habe Sie heute eingeladen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich mich aus der Politik zurückziehen werde. Ich werde zum 12. Oktober 2020 mein Amt als Minister für Bildung, Forschung und Erziehung in der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft niederlegen."
Dass im kleinen Ostbelgien Minister leicht zugänglich und ansprechbar sind, hat Schattenseiten. "Für mich persönlich hat das die unangenehme Konsequenz gehabt, dass neben dem Druck, den wir ohnehin schon haben, um diese Krise bewältigen zu können, eben auch massive Anfeindungen geäußert worden sind, die mit der Sache selbst nichts mehr zu tun haben, sondern dann nur noch auf mich als Person gerichtet sind."
Seine Nachfolgerin wird Lydia Klinkenberg. "Auch ich bedauere sehr den Rücktritt meines geschätzten Kollegen Harald, der in den vergangenen elf Jahren eine ausgezeichnete Arbeit geleistet hat. Meine Entscheidung, seine Nachfolge anzutreten, habe ich mir nicht leicht gemacht."
Denn die Arbeit wird nicht weniger. Die zweite Welle beschert längere Allerheiligenferien und den sogenannten Hybridunterricht – das heißt ein Teil der Klasse sitzt im Klassenraum, der andere zu Hause. Robin Emonts hat sich das im Athenäum Kelmis angeschaut. Ein Auszug aus seiner Reportage:
Zwei Schülerinnen haben Vortrag über das Drama Woyzeck von Georg Büchner. Die eine ist vor Ort, die andere hält ihren Vortrag zuhause. Eine neue Situation für die anwesende Schülerin. "Vor allem, weil Jasmina auch per Video dabei ist, aber ich sie nicht sehen kann und wir nicht miteinander interagieren können. Aber sonst ist es eigentlich vollkommen okay."
"Also, ich finde es auch gut, da man Jasmina auch gut hört. Für mich ist es halt ein bisschen einschränkend wegen der Maske, aber sonst ist es gar kein Problem."
Dass Unterricht auch online funktioniert, hat die Musikakademie schon im Frühjahr gezeigt, sagt Direktor Luc Marly. "Über 80 Prozent der Unterrichte sind Einzelunterrichte und von daher ist es auch möglich denn auch per Skype zum Beispiel zu unterrichten."
Am Jahresende präsentiert die Musikakademie ein Online-Konzert. Und damit ist sie nicht allein. Rund 60 Mitglieder der Harmonie Hergenrath spielen schon im Frühjahr einzeln zu Hause ihren Teil zu einem Stück ein, das schließlich am Computer zusammengesetzt wird. Schlagzeuger Stefan Werding hatte die Idee dazu. "Patrick Lemmens hat uns die Tonspuren auf den einzelnen Smartphone-Videos gemacht, dass wir einen orchestralen Sound haben und den haben wir dann wieder unter die Videos gemischt."
In der Eifel finden sich ebenfalls Dutzende Musiker zusammen, die als Eifel United im Frühjahr einen Corona-Song covern und im Spätherbst eine eigene Komposition präsentieren: Was für ein Jahr! "Da war halt der Beweggrund, dass wir doch wieder alle zuhause geendet sind und dass man die Zeit doch nutzen sollte, um sinnvoll weiterzumachen. Für mich persönlich ist es eigentlich das Beste, was man tun kann: die Musik", sagt Christina Feltes aus St. Vith, eine der Mitinitiatorinnen.
Andere ostbelgische Musiker spielen im ersten Lockdown live vor der Webcam auf Facebook und mit den ersten Lockerungen bringt der Kulturveranstalter Chudoscnik Sunergia Konzerte über einen Webstream nach Hause. Gleich zwei Mal heißt es: 'Back to the stage'. Mitorganisator Marc Cürtz: "Wir sind generell mit der zweiten Auflage super zufrieden und wir konnten ja auch zwei Bands auf die Bühne bringen, die eigentlich beim Eupen Musikmarathon hätten spielen sollen. Darüber sind wir besonders glücklich."
Kreativität ist gefragt, gepaart mit viel staatlicher Unterstützung auch aus der DG, und nicht zuletzt eine starke Internetleitung. 5G soll das mobile Internet immens beschleunigen. Als Anfang April bekannt wird, dass Proximus den Vorläufer von 5G unter anderem in Eupen testet, schrecken einige Bürger auf. Sie starten eine Unterschriftenaktion gegen 5G. Zu wenig seien die Folgen der Handystrahlung auf die Gesundheit erforscht.
Ministerin Isabelle Weykmans erinnert daran, dass der Testlauf alle Regeln befolgt. "Unabhängig von der Technologie, die sie zur Anwendung bringen, geht es darum, dass es eine Norm gibt, die nicht zu überschreiten ist. Es gibt einen internationalen Wert und da ist auch wissenschaftlich belegt, dass alles was unter diesem Wert ist, unproblematisch ist für Umwelt und Mensch."
Die Regierung wird auch selbst tätig, wenn es darum geht, weiße Versorgungsflecken auf der Internetkarte zu tilgen. In der Eifel will die Gemeinschaft das Glasfasernetz selbst ausbauen, weil sich die großen Telekommunikationskonzerne seit Jahren davor drücken.
Überhaupt nimmt die Regierung in diesem Jahr viel Geld in die Hand, um der Corona-Krise die Stirn zu bieten. Ein 600-Millionen-Euro-Investitionspaket wird die Haushalte der kommenden Jahre belasten. Ein notwendiges Übel für die Regierung. Ein Angriffspunkt für die Opposition: Die CSP geht davon aus, dass man mit hohen Krediten den nächsten Regierungen und der Bevölkerung in Zukunft jeden Spielraum nehme. Michael Balter von der Vivant-Fraktion findet es fraglich, dass die DG-Regierung bei ihrer Langzeitplanung einen ständigen Wirtschaftswachstum voraussetze. Welche Verschuldungsgrenzen gibt es und wie viele Schulden sind verkraftbar?, will Freddy Mockel von der Ecolo-Fraktion wissen.
Die Wirtschaft jedenfalls freut sich über jede staatliche Unterstützung – auch aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Denn die Not ist schon im ersten Lockdown groß. Das hat eine Umfrage in der ostbelgischen Wirtschaft ergeben. "Die Menschen sind hin- und hergerissen", erklärt Ludwig Henkes, der Präsident des Unternehmerverbandes. "Sie haben Verständnis für die Maßnahmen, auf der anderen Seite dürfen wir nicht vergessen, dass gerade kleine selbständige Betriebe wirklich in eine ungeheure Notsituation geraten sind. Man erwartet auch von der Bevölkerung jetzt eine möglichst große Solidarität."
Gottesdienste sind im ersten Lockdown verboten, auch zu Ostern, und so verlegen Pfarrer wie Helmut Schmitz und Albert Brodel die Ostermesse in den BRF. Gesendet wird live aus dem Foyer. Das traditionelle Klappern in der Eifel findet nur vor der heimischen Tür statt und in Eupen ertönt am Ostermontag nach langer Zeit wieder das Trippetreien. Ein Glockenspiel-Konzert mit den großen Glocken im Turm von St. Nikolaus, organisiert von Meakusma. "Dass Ostern jetzt das Konzert stattfindet, passt eigentlich sehr gut. Wir freuen uns, dass jetzt noch mal diese alte Tradition aufleben kann", sagt David Langela.
Großen Zuspruch erntet "Mut und Zuversicht", eine Radiosendung auf BRF2. Jeden Werktag senden Menschen aus Ostbelgien Botschaften, die die Menschen hoffnungsvoll durch die Krise begleiten.
Große Aufregung im Mai: Droht Ostbelgien ein Atommüllendlager? Die Ondraf, die Agentur für nukleare Abfälle, sondiert, wo grundsätzlich ein Atommüllendlager entstehen könnte. Auf der Liste steht ebenso das Massiv von Stavelot. Viele Gemeinden und auch das Parlament verabschieden Resolutionen und fordern, Ostbelgien grundsätzlich bei der Endlager-Suche auszuschließen.
Ostbelgien trauert
2020 heißt es Abschiednehmen von vielen ostbelgischen Persönlichkeiten: Im Februar stirbt der langjähriger Kelmiser Pastor Erich Altdorf im Alter von 82 Jahren. Der ehemalige Raerener Kommunalpolitiker Reinhold Croé verstirbt im März. Er wurde 81 Jahre alt. Bütgenbach trauert im Juni um Ehrenbürgermeister Herbert Heck, er wurde 79. Im November stirbt der ehemalige Unterrichtsminister Wilfred Schröder nach langer Krankheit im Alter von 78 Jahren.
Gleich zwei Todesfälle erschüttern die Kollegen vom Grenz-Echo: Der ehemalige Chefredakteur Heinz Warny stirbt im Juni im Alter von 75 Jahren. Erst 59 ist der Radio-Contact-Moderator Alf Enders, als er im November unerwartet verstirbt. Trauer auch im Bistum Lüttich: Der frühere Generalvikar Karl Gatzweiler stirbt im August im Alter von 89 Jahren. Trauer auch in der evangelischen Kirche: Pfarrer Jürgen Ullmann geht im Dezember von uns. Er wurde 61.
Der Sommer – das sind Wochen der Entspannung und Erholung. Auch Ostbelgier sehnen sich nach einer Auszeit aus dem harten Frühjahr. Die Reisebranche darf leicht aufatmen – doch der Krisengewinner heißt "lokaler Tourismus". Im Sommer sind die Ufer des Bütgenbacher See oft so voll, dass die Gemeinde die Zufahrten sperren muss.
Der Venntastic Beach in Worriken darf höchstens 500 Gäste empfangen und das auch nur unter Auflagen. "Es gibt Hinweisschilder für die Gäste, also da wird auch nochmal auf das Tragen der Mund- und Nasenbedeckung hingewiesen. Wir haben Desinfektionsmittel-Spender aufgestellt und Listen ausgelegt, wo die Gäste sich eintragen müssen, um dann gegebenenfalls eine Nachverfolgung ermöglichen zu können", erklärt Geschäftsführer Björn Pfeiffer.
Die Nachverfolgung der Kontakte übernimmt ein eigenes Team beim Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Jeder positiv Getestete wird angerufen und gebeten, eine Liste mit Personen aufzustellen, mit denen er kürzlich in Kontakt war. "Diese Menschen erhalten auch Empfehlungen, wie sie sich jetzt weiterhin zu verhalten haben. Und das führt am Ende dazu, dass wir halt das Risiko der Infektionsketten eindämmen", erklärt Nathalie Miessen vom DG-Ministerium.
So lautet der Plan. Als im Oktober die zweite Welle Ostbelgien mit voller Wucht trifft, stößt das Tracing an seine Grenzen. Denn inzwischen sind viele corona-müde und nehmen die Maßnahmen nicht mehr ganz so genau. Bei den Verantwortlichen macht sich Verzweiflung breit. DG-Generalsekretär Norbert Heukemes: "Und wenn dann wirklich an dutzenden Stellen gleichzeitig die Menschen ohne jede Vorsichtsmaßnahme offene Feuer entfachen, ja dann kommt es zu einem Flächenbrand. Und das erleben wir zurzeit an der Tracingzentrale."
Die Deutschsprachige Gemeinschaft wird europaweit zu dem ländlichen Raum mit den meisten Neuinfektionen. Zum einen sollen Studenten, die nach Hause zurückkehren, das Virus nach Ostbelgien getragen haben. Zum anderen geraten Kirmesveranstaltungen in den Verdacht, die Pandemie zu beschleunigen.
Mittendrin die Gemeinde Bütgenbach, wo die Corona-Fallzahlen so hoch sind, dass auch internationale Medien über den Hotspot im Hotspot Ostbelgien berichten – Lena Orban hat darüber mit dem Bürgermeister gesprochen. Hier ein Auszug:
Für Daniel Franzen haben sich die letzten Tage wie Wochen angefühlt. Täglich trudelten Interviewanfragen bei ihm ein. Was war das für ein Gefühl, als plötzlich alle mit dem Finger auf Bütgenbach zeigten? "Es ist kein schönes Gefühl."
"Ich habe da sehr viele Rückmeldungen, wo sich auch viele Leute schlecht fühlen und sagen, wann kann das denn endlich mal aufhören. Können wir nicht einfach mal nach vorne schauen."
Und auch in Ostbelgien gibt es Menschen, die in den Maßnahmen gegen die Pandemie das größere Problem sehen als in der Pandemie selbst. Ende Mai kommen in St. Vith rund 100 Bürger zusammen und applaudieren zum Protest. In ihren Augen treffen sie sich mehr oder weniger zufällig bei einem erlaubten Spaziergang.
De facto sind solche Zusammenkünfte aber verboten, erklärt Polizeizonenchef René Trost. "Verschiedene Personaldaten wurden aufgenommen. Wir haben den Leuten, die sich anschickten, hierhin zu kommen, gesagt, dass es verboten ist - und dass, wenn sie trotzdem daran teilnehmen, das Bußgeld fällig wird."
In Raeren wird der Protest gegen die Corona-Auflagen im November zum Politikum. Schöffin Heike Esfahlani-Ehlert kämpft in voller Überzeugung gegen die Corona-Maßnahmen und sieht im Coronavirus keine wirkliche Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Das Gemeindekollegium und ihre Partei Ecolo distanzieren sich aufs Schärfste: Es folgen Parteiausschluss und Absetzung als Schöffin.
"Es geht nicht nur darum, dass Frau Esfahlani-Ehlert den Wertekanon von Ecolo überschritten hat. Es geht darum, dass sie mehrfach ihr Amt als Schöffin missbraucht hat, um nicht mit den anderen Schöffenkollegen abgestimmte politische Positionen zu vertreten, wo sie uns alle miteinander bloßgestellt hat", erklärt Raerens erster Schöffe und Ecolo-Politiker Ulrich Deller.
Wütende Krankenpfleger
Die vollen Krankenstationen sprechen ihre eigene Sprache. Einige Patienten müssen sogar nach Deutschland verlegt werden, weil die Kapazität in Belgien nicht ausreicht. Die zweite Welle überrollt Ärzte und Pfleger. Ihnen stecken noch die Strapazen der ersten Welle in den Knochen. Doch jetzt scheint auch der Rückhalt in der Bevölkerung zu schwinden.
"Als Krankenpfleger machte uns das wütend: Coronaleugner, Maskengegner", sagt Krankenpflegerin Daniela Dries vom Eupener Krankenhaus. "Leute, wir arbeiten hier und sehen es jeden Tag. Da kann man sich doch nicht sträuben und sagen 'Ich bringe andere Leute in Gefahr und ziehe einfach keine Maske an'. Das ist, um unsere Arbeit zu stören."
Das Coronavirus fordert auch in Ostbelgien viele Tote - und von den Angehörigen besondere Opfer. Körperliche Nähe ist tabu auch beim Abschiednehmen – gestorben wird zu oft allein. Bestattungen finden nur im engsten Kreis und ohne Totenkaffee statt. Ein unwürdiger Abschied eines geliebten Menschen, der auch Bestatter wie Marc Despineux sprachlos zurücklässt. "Menschen sterben immer, das stimmt. Aber Corona ist kein Sterben wie immer."
Windkraft-Wirbel im Norden und Süden
Für viel Wind sorgen in Raeren zwei Windradprojekte. Auf der einen Seite will die Gemeinde selbst einen Windpark im Raerener Wald betreiben. Auf der anderen eckt das Unternehmen NMC mit seinem Windradprojekt an. Nach Anwohnerprotesten erteilt die Gemeinde ein negatives Gutachten. Ganz vom Tisch ist das Projekt aber nicht.
Auch in der Eifel sorgt Windkraft für Wirbel. Im Juli sollen die Bürger kurzfristig an die Urnen treten, um ihre Meinung zur Erweiterung des Windparks in Emmels und Recht abzugeben. Zu wenige nehmen aber daran teil. Das St. Vither Gemeindekollegium interpretiert das kurzerhand als Zustimmung. Im Herbst protestiert dann die Opposition heftig gegen die Bedingungen, die die Mehrheit für die Erweiterung ausgehandelt hat. Da wäre mehr Geld vom Betreiber für St. Vith drin gewesen, sagt die Opposition.
In Sachen Stromversorgung gibt es aber auch Positives: Seit dem Herbst verbindet die Stromtrasse Alegro Belgien und Deutschland. Darüber soll vor allem regenerative Energie zwischen den Ländern ausgetauscht werden.
Der BRF will 2020 mit den Hörern 75. Geburtstag feiern. Geplant sind Konzerte, eine Ausstellung und ein Sommerfest. Fast das einzige, was am Ende als Festprogramm angeboten wird, ist der Rückblick auf 75 Jahre. Frederik Schunck und viele Autoren wollen mit ihrer 75-teiligen Serie nicht nur zurückschauen, sondern "vor allem Hörerlebnisse schaffen - denn es ist Radio."
Premiere hat der Gerichtsbezirk Eupen mit dem ersten Geschworenengerichtsprozess überhaupt. Der Mordfall Joseph Lenaerts endet mit Schuldsprüchen und langen Haftstrafen. Die Hauptangeklagte stirbt wenige Woche nach der Verurteilung im Gefängnis.
In Lüttich endet der Gerichtsprozess zur Explosion in der Rue Leopold vor zehn Jahren mit milden Urteilen. Damals war auch der 22-jährige Andy Terren aus Galhausen unter den Todesopfern.
Der Bürgerdialog in der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat schon letztes Jahr international für Aufsehen gesorgt. Dieses Jahr muss der Bürgerdialog also liefern. In der Bürgerversammlung haben zufällig ausgeloste Bürger über Verbesserungen im Pflegebereich Expertenmeinungen eingeholt, sich beraten und am Ende einen Forderungskatalog dem Parlament überreicht.
Michaela Brück hat Alfred Kriescher getroffen, der als Bürger mitgemacht hat. "Für manche, auch für mich, ein total unbekanntes Thema. Und was man sich auf so kurzer Zeit erarbeitet hat an Wissen, also sehr erstaunlich. Was wir da ausgearbeitet haben, finde ich wunderbar." So das Fazit von Alfred Kriescher aus Eupen.
Insgesamt 14 konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Pflegebedingungen hat die Bürgerversammlung ausgearbeitet. Parlamentspräsident Karl-Heinz Lambertz ist zuversichtlich, dass die Vorschläge auch realisiert werden. "In einem Jahr sehen wir uns erneut in derselben Konstellation und schauen dann, was daraus geworden ist. Da wird es eine ganze Menge an Umsetzungen geben."
2021 wird aber erst einmal so beginnen, wie 2020 endet – mit vielen Einschränkungen unseres täglichen Lebens, mit abgesagten Veranstaltungen und den Sorgen vor den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. Der Karneval 2021 ist dem Virus schon zum Opfer gefallen, genauso wie Winterurlaube. Hoffnung machen Impfstoffe.
Die Eupenerin Clémence Renson hat bei der Erforschung eines Impfstoffs bei einer klinischen Studie in Lüttich mitgemacht. "Ich hatte im Fernsehen gesehen, dass Leute gesucht werden, um diese Impfung zu machen. In dem Moment habe ich mir gedacht, dass ich nie gesundheitliche Probleme hatte. Und sie suchten eben gesunde Leute, die sich zur Verfügung stellten."
Anfang des Jahres, am 5. Januar, soll die Impfkampagne in Ostbelgien losgehen. Gesundheitsminister Antonios Antoniadis: "Wir starten ja mit allen Wohn- und Pflegezentren und den Wohnheimen in der Phase 1A. Das ist föderalstabsmäßig organisiert worden."
Martin ist selbst Krankenpfleger und schon im Frühjahr schwer an Covid erkrankt. Das Coronavirus zeichnet ihn noch heute. Denn noch immer kämpft er gegen die Folgen der Krankheit. "Es läuft schon viel besser. Obwohl ich immer noch merke, dass es nicht ganz so ist wie der Ausgangspunkt. Aber wenn sich das ja weiter so verbessert wie die letzten Wochen, dann hoffe ich auch, dass das irgendwann mal wieder ganz weg ist."
Für das kommende Jahr wünscht er sich, "dass ich Frieden im Herzen behalte allen gegenüber, die im Moment sich zu Dingen hinreißen lassen und groß Partys veranstalten und dergleichen mehr. Und genauso gut wünsche ich mir das für die Gesellschaft, dass wir vielmehr Frieden im Herzen behalten. Das ist das einzige, wo man dran arbeiten kann."
Eigentlich kann 2021 nur besser werden. Ob es gelingt, liegt an uns allen und an jedem einzelnen. Stoßen wir auf uns an – mit unserem Knuffelkontakt. Alles Gute für das neue Jahr.
Olivier Krickel