Für Jérôme Franssen (CSP) stellt die Haushaltsanpassung einen tiefen Einschnitt dar, das Haushaltsergebnis falle nahezu "ins Bodenlose". Seine Fraktion bedaure, dass in dem angepassten Entwurf keine Mittel für die Zahlung einer einmaligen Prämie an die Pflegekräfte vorgesehen sei. Mit Hinweis auf die jüngsten Ankündigungen der Regierung in Sachen Horeca-Sektor, Kindergeldzuschlag oder regionales Gutscheinsystem warnte Franssen vor "aktionistischen Schnellschüssen".
Krise als Ideenbeschleuniger
Laut Freddy Cremer (ProDG) haben die Maßnahmen, die er im Einzelnen auflistete, "nichts mit politischem Aktionismus zu tun". Gerade in Krisenzeiten bedürfe es kreativer Lösungen. Die aktuelle Krise habe "zumindest die positive Nebenwirkung, ein Ideenbeschleuniger zu sein", meinte Cremer mit Blick etwa auf das geplante Wertgutscheinsystem.
Michael Balter (Vivant) konnte sich nicht verkneifen, dass die Regierung mit diesem System eine Idee von Vivant zum Leben erwecke. Das müsse aber "richtig angepackt werden". Seine Fraktion vermisse Sparmaßnahmen in Ministerium, Regierung und Parlament. Andererseits dürfe die öffentliche Hand in solchen Krisenphasen "ruhig eingreifen", aber das dürfe nicht ewig dauern. Außerdem stellte er die Frage in den Raum, ob und wann die Regierung die Schulden zurückzahlen wolle.
Abschied von Schwarzer Null - vorläufig
Für Charles Servaty (SP) ist dies nicht der Moment, um drastische Sparmaßnahmen zu ergreifen. Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft habe "gezielt und energisch zugepackt" - und ziehe mit den Gemeinden an einem Strang. Niemand habe ahnen können, was auch haushaltspolitisch wegen der Corona-Krise bevorstand. Die Schwarze Null sei aber kein Fetisch gewesen. Nun habe man sich davon verabschieden müssen - "vorläufig", wie Servaty ausdrücklich unterstrich.
PFF-Fraktionssprecher Gregor Freches stimmte in diese Argumentation ein. Es gehe um die Frage, wie hoch sich die Deutschsprachige Gemeinschaft verschulden darf. Und wie sie ihre Investitionskapazität in Zeiten sinkender Einnahmen erhalte. Dafür müssten alle Akteure näher zusammenrücken - besonders Gemeinschaft und Gemeinden. Sparmaßnahmen würden die DG "langfristig in ihrer Entwicklung lähmen".
Wo ist das Ende der Fahnenstange?
"Ab welchem Defizitbetrag ist das Ende der Fahnenstange erreicht?", fragte Freddy Mockel (Ecolo). Es brauche eine Neuausrichtung der Investitionsplanung, mit lokalen Kreisläufen und kurzen Wegen. Die Ecolo-Fraktion kann laut Freddy Mockel die meisten Antikrisenmaßnahmen der Regierung gutheißen. Bei einigen, wie der Unterstützung für den Horeca-Sektor, hat Freddy Mockel aber den Eindruck, dass sie "überstürzt getroffen" wurden und nach dem Gießkannenprinzip verfahren. Dem widersprach Tourismusministerin Isabelle Weykmans.
Ministerpräsident Oliver Paasch unterstrich erneut, dass die DG als einziger belgischer Gliedstaat mit der Haushaltsanpassung einer stark rückläufigen Entwicklung der Wirtschaftsparameter Rechnung trage. Nach jetzigen Erwartungen würden die Einnahmen um weitere 14 Millionen Euro sinken, was Einbußen von 42 Millionen Euro bedeute. Statt durch "brutale Sparmaßnahmen", wie es Paasch nannte, zu einem "sozialen Kahlschlag" beizutragen, setze die Regierung auf eine andere Strategie: den Menschen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen.
Aufwertung für Pflege schon ab September
So will die Regierung dafür sorgen, dass die vereinbarte Erhöhung der Gehälter in den Wohn- und Pflegezentren schon ab September in Kraft treten kann. Sie setze sich auch dafür ein, dass auf föderaler Ebene eine ähnliche Aufwertung für das Pflegepersonal in den Krankenhäusern erreicht werde. Und dass die von der CSP geforderte Prämie in Absprache mit den anderen Körperschaften umgesetzt werden könne - wobei die Steuerfreiheit ein wichtiger Aspekt sei, weil die Prämie sich sonst unter Umständen kontraproduktiv auswirken könnte.
Die Deutschsprachige Gemeinschaft werde auch verstärkt in die beiden Krankenhäuser und in die Wohn- und Pflegezentren für Senioren investieren. Die Regierung halte ausdrücklich an dem Projekt eines neuen Seniorenheims in St. Vith fest, dass eine Ausdehnung des Krankenhauses ermögliche. Andere zukunftsträchtige Investitionen betreffen ein zweites Schulbauprogramm oder das Zentrum Worriken. Unter anderem wird die DG diese Investitionen "ab sofort langfristig abschreiben", so wie das alle anderen Gliedstaaten in Belgien täten - wohlweislich solange das erlaubt sei.
Entscheidend sei die Frage, wofür Schulden aufgenommen werden. Die Regierung arbeite gleichzeitig an einer Strategie, um auch den Gesamthaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die heutige Verschuldung, so der Ministerpräsident mit Nachdruck, sei "absolut, absolut verkraftbar".