Jan Jambon und Oliver Paasch können gut miteinander. Das sagen beide und das sieht man auch. Der flämische Ministerpräsident war sogar bereit, ein paar Sätzchen auf Deutsch zu sagen, um die guten Beziehungen zwischen beiden Teilstaaten hervorzuheben: "Es ist eine freundschaftliche Relation zwischen den zwei Gemeinschaften, aber auch zwischen den zwei Ministerpräsidenten", sagte Jambon. "Das hilft, um gut zusammenzuarbeiten."
Den Beweis dafür mussten beide Ministerpräsidenten am Dienstag tatsächlich auch erbringen. Sieben Tagesordnungspunkte mussten abgearbeitet werden - und das innerhalb von nur einer Stunde. Und die Resultate waren zum Teil sehr konkret. Erstmal wollten beide eine Bilanz ziehen der bestehenden Kooperationsabkommen. Flandern und die Deutschsprachige Gemeinschaft arbeiten ja schon seit Jahren in vielen Bereichen zusammen. Frage also: Funktioniert alles so, wie man sich das vorgenommen hatte? Und, daran anschließend: Kann man das vielleicht erweitern?
Im Laufe dieses Jahres sollen die Abkommen aktualisiert werden. Und da gebe es bestimmt Möglichkeiten, sagt DG-Ministerpräsident Oliver Paasch, "weil die Deutschsprachige Gemeinschaft zusätzliche Befugnisse hat seit 2017. Man denke nur an Raumordnung, Wohnungsbau oder Energie. In diesen Bereichen werden wir in Zukunft sehr eng zusammenarbeiten können."
Einen konkreten Zusatzpunkt gibt es schon: Flandern will bei der Digitalisierung und Archivierung von audiovisuellen Medien in Ostbelgien helfen. "Das klingt sehr technisch, ist aber sehr wichtig und man muss schlussfolgernd sagen, dass durch die großzügige Bereitschaft Flanderns, uns in ganz konkreten Problemstellungen zu helfen, die deutschsprachigen Belgier wirklich viel Geld sparen."
Und da ist offensichtlich kein Ende in Sicht. Oliver Paasch hat auch mit seinem Kollegen Jan Jambon vereinbart, dass Flandern Hilfestellung geben wird bei der geplanten Reform der Verwaltung. "Wir möchten unsere Verwaltung effizienter machen, wir wollen Bürokratie abbauen und Verwaltungsabläufe vereinfachen. Da die Flämische Gemeinschaft 2018 eine grundlegende Reform dieser Art durchgeführt hat, macht es Sinn, sich am flämischen Modell zu orientieren. Flandern ist für mich jedenfalls in Sachen Verwaltung ein Vorbild", so Paasch.
"Naja, Vorbild", sagt Jambon bescheiden. Beide Seiten werden sich zusammensetzen und sich austauschen. Wir können bestimmt voneinander lernen. Ziel sei es doch, dass nicht jeder in seinem Eckchen das warme Wasser neu erfinden muss.
Hier wiederum gibt sich dann aber der deutschsprachige Kollege bescheiden. "Uns ist schon klar, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft oft mehr profitiert, als sie gibt", sagt der Ministerpräsident. Das liege einfach in der Natur der Sache. In einem ganz speziellen Punkt kann die DG aber einen wirklichen Mehrwert einbringen: "Wir können unseren innerbelgischen Freunden unsere guten Kontakte zu deutschen Bundesländern, zu wissenschaftlichen Instituten und zur bundespolitischen Ebene zur Verfügung stellen. Jan Jambon war interessiert an einem Besuch im deutschen Bundesrat. Wir haben das in der Vergangenheit schon gemacht - und ich denke, wir werden in den nächsten Monaten gemeinsam in den Bundesrat eingeladen werden. Die Kontakte haben wir."
Apropos Außenbeziehungen. Paasch und Jambon haben auch noch über einen Punkt gesprochen, der besonders den Flamen ein Anliegen ist. Jambon plädiert dafür, dass neu geregelt werden soll, wie Belgien auf dem internationalen Parkett auftritt. Da geht es vor allem um EU-Ministerräte. Da ist oft nicht klar, wer wann für Belgien sprechen darf. Das hat damit zu tun, dass die entsprechenden Abkommen noch von 1994 stammen. Seither sind wir zwei Staatsreformen weiter. Die Zuständigkeiten sind also längst anders verteilt. Entsprechend muss also auch neu geregelt werden, wer in welcher Frage den Ton angibt, um Kakophonie zu vermeiden.
Kakophonie - so könnte man wohl auch die Lage auf der föderalen Ebene zusammenfassen, wo die Blockade ja andauert. Redet man denn darüber nicht auch unter Ministerpräsidenten? "Hand aufs Herz: Nein!", sagt Jambon. "Wir hatten doch nur eine Stunde Zeit. Das war gerade genug, um unsere Tagesordnung abzuarbeiten."
Auch über die Konföderalismus-Ideen seiner Partei habe man nicht gesprochen. "Kein Kommentar", sagt Jambon, "das ist Sache der föderalen Ebene". Der deutschsprachige Kollege Oliver Paasch kann das nur bestätigen: "Ich habe heute den flämischen Ministerpräsidenten als flämischen Ministerpräsidenten getroffen und wir haben ganz konkrete Punkte ausgetauscht, die dazu führen werden, dass wir die schon guten Beziehungen zu Flandern weiter verbessern können. Über die föderalen Wirrungen und Verwirrungen haben wir uns heute nicht unterhalten."
rop/mg